Das Münchner Bergsportlabel Hyphen im Profil | BERGSTEIGER Magazin

Das Münchner Bergsportlabel Hyphen im Profil

Hyphen produziert hochtechnische Bergsport-Bekleidung, deren Fangemeinde in Osttirol, in der Steiermark und in Südtirol stetig wächst. Dort, wo Hyphen zuhause ist – in Bayern – kennt hingegen noch kaum einer die Marke.
 
Hyphen im Profil © Hyphen/Stefan Leitner
Schickimicki ist ein Wort, das oft gebraucht wird, wenn sich einer über die Bewohner der bayerischen Landeshauptstadt beschwert. Es vereint sämtliche Schattenseiten des Münchner Klischees, von arrogant und durchgestylt über konservativ und traditionell bis hin zur Prasserei.

Peter Reinschmidt hat Sommersprossen im hellen Gesicht, einen nachdenklichen Blick und trägt ein schlichtes Baumwoll-Shirt. Auch wenn er in München lebt, seine jungen Erwachsenenjahre sehr cool mit Windsurfen am Meer verbracht hat und Geschäftsführer einer Marke für Wasser- und Bergsportbekleidung namens Hyphen [Hai-fen] ist: Zum Schickimicki gehört er nicht. Hyphen? Ein typischer Münchner würde nun wahrscheinlich sein Smartphone zücken, den seltsamen Namen googeln und dann kurz die Stirn darüber runzeln, was denn bitteschön ein Bindestrich, eine Pilzzelle und ein Schweizer Rapper mit Sportbekleidung gemeinsam haben?

Vom Meer in die Berge

"Für mich ist Hyphen etwas, das Gegensätze verbindet", erklärt Peter. Der Bindestrich also. Tatsächlich zieht sich diese Philosophie wie ein roter Faden durch die Firma: Sonne genießen trotz hoher UV-Empfindlichkeit, technische Klamotten für Naturliebhaber, Wasser und Berge, ein Psychotherapeut als Geschäftsführer eines Wirtschaftsunternehmens...



Die Geburtsstunde von Hyphen kam 2001 infolge eines starken Sonnenbrands von Peters Tochter. Weil der Psychologe mit seiner Familie nicht auf Urlaub in der Sonne verzichten wollte, begann er zu recherchieren: nach Stoffen, die schädliche UV-Strahlen zu 100 Prozent filtern. Er wurde fündig. Was er nicht fand, war ein Betrieb, der solche Stoffe zu Outdoor-Bekleidung verarbeitete.

"Ich wollte nie einen eigenen Betrieb", sagt er, während er die Tür zum Produktionsgebäude von Pro Tec Tekstil in der kroatischen Kleinstadt Mursko Središće aufstößt. Pro Tec Tekstil ist Peters Firma und der Ort, wo neben Klamotten für Hyphen auch für die Outdoor-Umstandsmode Mamalila, für die nachhaltige Radbekleidung der jungen Marke Triple2, für Puma, Victorinox und sogar für Medizinbandagen produziert wird.

"Hier im Norden Kroatiens ballt sich das Wissen über Textilien und deren Verarbeitung wie sonst nirgendwo in Europa", erklärt Peter die Wahl des Firmenstandortes. Die zahlreichen Fremdaufträge von Pro Tec Textil ermöglichen ihm, das zu machen, wofür sein Herz eigentlich schlägt: Hyphen Bekleidung!



Dass das Logo mit dem Strichmännchen mittlerweile vom Meer in die Berge gewandert ist, ist Peters jungem Kompagnon Andi Schreilechner zu verdanken. Mit ihm als Sales Manager hat Reinschmidt vor vier Jahren ein Gegenüber gefunden, mit dem die Firmenspitze der Philosophie von Hyphen einmal mehr gerecht wird. Die beiden könnten unterschiedlicher nicht sein: Der eine ein zurückhaltener Wassersportler aus dem Norden, der andere ein gesprächiger österreichischer Bergfex mit ausgeprägtem Bewegungsdrang. Zwischen ihnen liegt eine ganze Generation.

Was sie verbindet, ist die Leidenschaft für neue Technologien: Peter begeistert sich für Materialkunde und Verarbeitung, Andi liebt die Entwicklung von perfekten Schnitten. In seiner Heimat in den Gesäuse-Bergen testet der Steirer die Bekleidung auf jeder Kletter- und Skitour. Doch vor allem sorgt er dafür, dass sich die Marke Hyphen unter Bergsportlern einen Namen macht. In der Steiermark, speziell in der Gesäuse-Region, ist der Name Hyphen bereits in aller Munde. Die Bergführer aus dem Stubai tragen Hyphen-Bekleidung ebenso wie das Team des Lawinenwarndienstes Bayern. "Sie bekommen die Ausrüstung nicht geschenkt, sie zahlen dafür", betont Andi.



Hyphen-Produkte haben ihren Preis. Das liegt daran, dass die Bekleidung in Europa und außerdem bis dato in geringen Stückzahlen produziert wird. Neuartige Techniken wie Lasern, Bonden und Schweißen machen die Produktion zwar qualitativ hochwertig, aber auch kostspielig. "Es tut mir in der Seele weh, wenn einer erst nach dem Preis fragt, nicht nach den Features. Das ist nicht die Wertschätzung, die ich mir wünsche", sagt Peter. Als Geschäftsführer kämpft er Woche für Woche darum, dass die kleine Marke trotz ihres geringen Umsatzes in den Läden hängen bleibt.

Eigenwillig und anti-urban

Was Hyphen neben all dem Technik- Know How auszeichnet, ist eine gewisse Eigenwilligkeit. In der Kollektion stößt man auf Kreationen wie auf einen Ärmel-Einsatz ähnlich einem Bolero-Jäckchen, den man unter oder über einer Weste trägt. Das Schichtprinzip interpretiert Andi nach eigener Facon: Isolationsjacke über Hardshell, nicht drunter. Und auch sonst setzt Hyphen ein Zeichen, indem es bewusst bestimmten Trends der Outdoorbranche trotzt: »Wir sind anti-urban.«

Auf der Alpennordseite haben erst wenige Bergsteiger die Marke Hyphen entdeckt. "Den Bayern und Tirolern geht es vorrangig um Marken", vermutet Schreilechner als Grund. "In Südtirol, wo man mehr auf Schnitte und Funktion Wert legt, schätzen sie uns schon mehr." In Sachen Bekleidung sind die Italiener seit jeher als Trendsetter bekannt. Und so hoffen Schreilechner und Reinschmidt darauf, dass Hyphens guter Ruf bald von dort nach Tirol und Bayern schwappt – zurück in das Land, in dem die Marke ihr Zuhause hat.
 
Dagmar Steigenberger
Artikel aus Bergsteiger Ausgabe 11/2017. Jetzt abonnieren!
 
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