Weißes Rauschen: Mit Hyphen im Gesäuse | BERGSTEIGER Magazin
Bergsteiger-Skitourencamp

Weißes Rauschen: Mit Hyphen im Gesäuse

Für ein perfektes Skitourenwochenende braucht es kein perfektes Wetter. Nur die perfekte Ausrüstung, dazu genügend frischen Pulverschnee, jungfräuliche Hänge und einen Bergführer, der weiß, wo man all das findet. All das gab es beim Skitourencamp von Hyphen und Bergsteiger.

 
© Hans Peter Kraus
Bergführer Christian Stangl kennt unverspurte Hänge im Gesäuse

Ein langer Nordhang mit vereinzelten Bäumen. Powder, unverspurt! Das verspricht Christian Stangl, der diesmal nicht als Skyrunner unterwegs ist, sondern als Bergführer des Hyphen Skitourencamps. Vier Bergsteiger-Leser aus München und dem Salzkammergut hatten bei unserem Gewinnspiel das große Los gezogen: Sie wurden von Hyphen, dem Münchner Label für hochfunktionelle Bergsportmode, und vom örtlichen Tourismusverband zu einem Skitourenwochenende ins Gesäuse eingeladen. 

Als die Gruppe den Namen des Gipfels hören will, zu dem es am nächsten Tag gehen soll, schüttelt Christian Stangl den Kopf und grinst verschwörerisch.  »Des is kaa Güpfö«, verrät er. »Und wann’s aana waar, daatst’n eh ned kenna.« Denn hinterm Dachstein hören die Alpen auf. Dahinter liegt – zumindest aus bayerischer Sicht – Niemandsland. Zu dem gehört auch dieses kleine, wilde Gebirge namens Gesäuse, das die Enns tief durchschneidet, das den höchsten Naturschutz-Standard Europas genießt und das noch dazu ein Bergsteigerdorf der ersten Stunde besitzt.


Startklar für die Tour zum Kreuzriedel

Von süßem Wiener Gesäusel ist man dort dennoch weit entfernt: Nicht nur der Bergführer mit seinem rauen Schmäh, auch die drei Wirte im Bergsteigerdorf Johnsbach sehen keinerlei Anlass, ihre Gäste über Gebühr zu verhätscheln. »Wir freuen uns schon, wenn jemand kommt«, sagt Stangl, der auf der anderen Seite der Enns, in Weng zuhause ist. »Aber zu viele sollen es halt nicht werden.« Das Gesäuse soll ein Geheimtipp bleiben, so wie auch die Marke Hyphen.

Klein und exklusiv

»Uns kennt hoid ned a jeda«, lautet der Werbeslogan von Hyphen. Was andere Hersteller mit allen Mitteln zu vermeiden versuchen, darauf ist die kleine Firma aus München stolz. Man setzt auf limitierte Produktion und zugleich exklusive Funktion der Skitourenklamotten, die allesamt in Europa produziert werden. Klingt teuer, doch mit 400 Euro für sein Topmodell, die Hardshelljacke Jamspitz, bewegt sich Hyphen preislich im gemäßigten Mittelfeld. Die dazu passenden Lugauer Ski- und Hochtourenhosen bekamen die vier Bergsteiger-Leser Helga, Sigi, Michael und Leopold sogar geschenkt und durften sie gleich in der Praxis testen – auf Skitour in der Region, in der auch Andi Schreilechner (Foto links), einer der drei Köpfe der Firma Hyphen, wohnt und die neu entwickelten Klamotten auf Herz und Nieren prüft. 

Es ist Samstagmorgen, die Kirchturmuhr über dem Johnsbacher Bergsteigerfriedhof schlägt achtmal. Christian Stangl treibt seine Schützlinge hinaus ins Schneegestöber. »Ich will nicht, dass uns ein anderer zuvorkommt und den schönen Hang zerfährt«, erklärt er. Zügig geht es über einen Forstweg durch die tief verschneite Landschaft. Tatsächlich befindet sich die Gruppe in guter Gesellschaft. Doch wo die anderen geradeaus dem Skitouren-Klassiker Leobner entgegen stürmen, biegt Christian links ab auf eine kaum mehr sichtbare Spur in den Wald hinein. Immer steiler geht es nun aufwärts. Hie und da schüttelt ein Baum seine pulvrige Fracht ab und taucht die Tourengeher in eine kalte, glitzernde Staubwolke. Oben am Kamm treibt der kalte Wind Schneeflocken ins Gesicht. 

Auf der gegenüberliegenden Seite verbergen sich die schroffen Gesäuse-Gipfel hinter den tief hängenden Wolken. »Hochtor, Ödstein, Admonter Reichenstein: alles Klassiker der Alpingeschichte«, erklärt Stangl. An den steilen Wänden und scharfen Graten, die an diesem Tag unsichtbar bleiben, versuchten sich in den 1920er-Jahren reihenweise berühmte Kletterer, die meisten aus Wien. Einige von ihnen liegen nun am Johnsbacher Bergsteigerfriedhof begraben. 

Adrenalin und Endorphin

Beim Blick in die steile Nordflanke kommt in der Gruppe ängstliches Raunen auf. »Traut euch, die Kurven möglichst steil zu nehmen. Ihr braucht das Tempo, um obenauf zu schwimmen«, ermutigt Stangl. »Wir fahren einzeln und auf Sicht. Dort unten bei der Lärche warte ich.« Dann zischt er los und hinterlässt mit der Staubfahne einen Juchzer, der bezeugt: Die Abfahrt ist das eigentliche Vergnügen. Er behält recht. Unten angekommen, strahlen alle vor Glück.


Unverspurte Powderhänge zaubern jedem ein Strahlen ins Gesicht.

Seinen Namen hat das Gesäuse übrigens vom wilden, ungestümen Sausen der Enns durch ihr felsiges Flussbett. Dass sich dort, hinter den schroffen Wänden der Hochtorgruppe, ein Skitouren-Paradies befindet, wissen nur Einheimische. Und jetzt auch einige Bayern.    

 

Dagmar Steigenberger
Fotos: 
Hans Peter Kraus
Artikel aus Bergsteiger Ausgabe 04/2018. Jetzt abonnieren!