Douglas Tompkins – born to be wild | BERGSTEIGER Magazin

Douglas Tompkins – born to be wild

Was macht ein Geschäftsmann, der mehr sein will als nur Geschäftsmann? Im Fall von Douglas Tompkins erst mal eine Menge Geld, das er dann in Naturschutzprojekte investieren kann. Zum Beispiel in riesige Schutzgebiete in Patagonien
 
 
Geschäftsmann mit Visionen: Douglas Tompkins © Suki Hill
Geschäftsmann mit Visionen: Douglas Tompkins
Douglas Tompkins, 1943 in Ohio geboren, wuchs mit Skifahren, Klettern und Kajakfahren auf. Er schmiss die High-School und gründete 1966 mit seiner ersten Frau Susie The North Face (TNF). Bei der Start-Up-Party von TNF spielten The Grateful Dead um Frontmann Jerry Garcia, die Türsteher waren von den Hells Angels. Eingeladen waren vor allem Freigeister der Woodstock-Ära. Man war gegen den Vietnamkrieg, gegen das Establishment.

Tompkins wollte nie nur Geschäftsmann sein. 1968 fuhr er zusammen mit Yvon Chouinard und zwei weiteren Freunden mit einem klapprigen Campingbus von Kalifornien bis Patagonien, um den Cerro Fitz Roy zu besteigen. Dabei entstand der Abenteuerfilm »Mountain of Storms« – vier Jungs auf der Suche nach guten Wellen, frischem Pulverschnee und neuen Kletterrouten. Mehr als 30 Tage lang belagerten sie den Granitriesen Fitz Roy mit Techniken, die sie beim Big-Wall-Klettern im Yosemite-Tal erprobt hatten. Tompkins verliebte sich auf diesem Trip unsterblich in die endlosen Weiten Patagoniens.


Recht unkonventionell: die Eröffnungsparty des The North Face Stores
Foto: Suki Hill


Nach der Rückkehr zu seiner Frau Susie und den beiden Kindern verkaufte er seine Anteile an TNF. Die beiden gründeten mit dem Geld das Modelabel Esprit und bauten es zu einer weltweit bekannten Marke mit Milliardenumsatz auf. Doch je größer der Laden wurde, desto mehr verlor Tompkins die Lust. Er nahm sich jedes Jahr fünf Monate Auszeit zum Klettern und Kajakfahren rund um den Globus. Dabei verschlang er Bücher von Umweltaktivisten. Und ihm wurde immer mehr bewusst, wie sehr die Menschen die Natur ausbeuten, seine Firma inklusive.

1989 verkaufte Tompkins seine Anteile an Esprit für 250 Millionen US-Dollar an Susie, von der er sich getrennt hatte, und zog nach Chile, um Vollzeit-Naturschützer zu werden. Beim Aufbau seiner Stiftung lernte er Kristine McDivitt kennen, die frühere Chefin von Patagonia, der Outdoor-Marke, die sein Freund Yvon Chouinard gegründet hatte. Das Jetset-Girl McDivitt war in jungen Jahren Skirennen gefahren und hatte einige Jahre in Venezuela gelebt, wo ihr Vater mit Öl ein Milliardenvermögen gemacht hatte, ehe sie sich als steinreiche Erbin ebenfalls dem Naturschutz verschrieb. Es war Liebe auf den ersten Blick: Kristine folgte Doug 1993 nach Patagonien, die beiden heirateten und zogen in ein kleines Holzhäuschen im Pumalín-Park, wo Tompkins mehr als 4000 Quadratkilometer gemäßigten Regenwaldes gekauft hatte, sein erstes derartiges Projekt.

Misstrauen und Widerstand

Die Chilenen glaubten den beiden Gringos ihre hehren Motive nicht. Wurde das südamerikanische Land nicht immer schon ausgebeutet? Von Pizarro, den Spaniern? Von den US-Imperialisten? Von internationalen Rohstoff-Konzernen, die die Minen im Norden betrieben? Sie wurden »das Paar, das Chile in zwei Teile zerschneidet.« Die Regierung in Santiago sah angeblich die nationale Sicherheit und Souveränität in Gefahr, weil Tompkins’ Besitztümer das schmale Land nahezu durchtrennten. Doch Tompkins ließ sich nicht beirren. Er kämpfte gegen Lachsfarmen, den Ausverkauf der Wälder an Holzkonzerne, gegen Staudämme. Er schrieb Bücher als Weckruf, wollte aufrütteln. Er eckte allerorten an, sie musste es wieder richten.


Das Engagement zeigt Früchte: Im Chacabuco-Tal im Parque Patagonia leben mittlerweile wieder Pumas.
Foto: Günter Kast


Über die Jahre kaufte das Öko-Power-Paar immer mehr Land in Chile und auch Argentinien, das sie zu Schutzgebieten umwidmeten. Jetzt werden die Parks nach und nach an die jeweiligen Staaten zurückgegeben – kostenlos. Einzige Auflage: Die Reservate sollen im Sinne ihrer Erfinder gemanagt werden.

Kris muss sich mittlerweile allein um das gemeinsame Projekt kümmern – Doug starb im Dezember 2015 an Unterkühlung, nachdem er mit seinem Kajak bei starkem Wind auf dem Lago General Carrera gekentert war.

 
Einen Artikel über Tompkins Patagonia-Park und die Trekkingmöglichkeiten dort finden Sie im Bergsteiger 12/18. 
Günter Kast
 
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