Reportage: So sieht der Beruf eines Hüttenwirts aus
Genug geträumt! - Aus dem Leben eines Hüttenwirts
© Christian Weiermann
Arbeitsplatz Weilheimer Hütte: Als Wirt kann man das Idyll aber nur selten genießen.
Arbeitsplatz Weilheimer Hütte: Als Wirt kann man das Idyll aber nur selten genießen.
Petra und Thomas Meyer hatten schon lange diesen Wunsch. Nochmal etwas ganz anderes machen. In den Bergen eine Hütte bewirtschaften, dort, wo sie als Bergsteiger oder Mountainbiker immer dann anzutreffen waren, wenn sie nicht gerade in ihren Büros in der Produktentwicklung eines IT-Unternehmens bzw. der eigenen Firma für medizinische Forschung saßen. Irgendwann begannen sie bei ihren Touren, den Hüttenwirten genau zuzusehen und hier und dort auszuhelfen, um zu sehen, ob ihnen diese Arbeit tatsächlich zusagen würde. Denn eines war ihnen von vornherein klar: Trotz des tollen Panoramas, trotz der guten Luft und den netten Leuten, mit denen man in Kontakt kommt – Zuckerschlecken ist das nicht. Und wenn sie ihr altes Leben hinter sich lassen würden, sollte das wohlüberlegt sein.
Frei habe man, wenn die Gäste ausbleiben – also wenn das Wetter schlecht ist. Die grandiose Lage bringt einem dann aber auch nicht wirklich viel. Ohnehin muss auf DAV-Hütten, die ja als Schutzhütten fungieren, auch an solchen Tagen zumindest eine Person die Stellung halten. Bei Privathütten, wo der Wirt selbst über seine Öffnungszeiten bestimmen kann, mag das etwas lockerer sein. Allerdings zwingen einen dann nicht selten wirtschaftliche Überlegungen dazu, nur wenige Ruhetage einzulegen.
Ganz so frei und zwanglos, wie es im ersten Eindruck erscheinen mag, ist man als Hüttenwirt also nicht. Zudem gibt es wenige Tätigkeiten, die einen in so vielseitiger Hinsicht fordern: Gastronom, Handwerker, Haustechniker, Psychologe, Haushälter, Meteorologe, Alpinist, Betriebswirtschaftler, Arbeitgeber – das und noch viel mehr spielt in den Beruf mit rein. Für Petra und Thomas Meyer, die schließlich im Mai 2012 die Gufferthütte in den Brandenberger Alpen übernahmen, liegt gerade hierin der Reiz. Doch es gibt viele, die nicht in allen Bereichen klarkommen.
Beispiel Buchhaltung: »Ich kenne Vollblut-Gastronomen, die voller Leidenschaft ihre Hütte führen, aber spätestens im zweiten Jahr aufgeben müssen, weil sie keinen Überblick mehr über ihre Zahlungen haben«, erzählt Gesell. Auf welche Fähigkeiten es letztlich besonders ankommt, hängt von Art und Lage der Hütte ab. Auf 3000 Metern Höhe reicht eine kleine Speisekarte, dafür muss man als Wirt in alpiner Hinsicht kompetent sein und beispielsweise genau über die aktuelle Lawinensituation Bescheid wissen. »Im Einzugsbereich von München etwa sieht das ganz anders aus«, sagt Gesell – da müssen Service, Essen und Angebotsvielfalt top sein.
Wer sich als Pächter bewirbt, aber kein handwerkliches Geschick mitbringt und nicht stressresistent ist, wird von Gesell von vornherein aussortiert. Auch am Hungertuch nagen sollte ein Wirt nicht, denn reich, so Gesell, werde man mit einer Hütte ganz sicher nicht. Und noch ein Thema bringt Petra Meyer auf den Tisch: »Was man hier oben so gut wie gar nicht hat, ist Privatsphäre.« Einfach mal alleine in einem Raum sein und ein Buch lesen, oder mit seinem Partner auf der Couch liegen – das gibt es nicht. Einziger Rückzugsort neben dem kleinen Schlafraum sei der Stammtisch, wo sich die privaten Besitztümer wie Laptop oder Handy stapeln. Ob man damit umgehen kann, lässt sich nur auf einem Weg herausfinden: es ausprobieren. Und zwar am besten, bevor man eine eigene Hütte übernimmt.
Traumberuf Hüttenwirt?
Eine derart realistische Sichtweise auf die Arbeit als Hüttenwirt ist nicht die Regel. Thomas Gesell, Hüttenbetreuer der Alpenvereinssektion München, kann davon ein Lied singen. »Viele unterschätzen, wie lang ein Arbeitstag dort oben ist.« Er beginnt spätestens um 6 Uhr, bei höher gelegenen Hütten teils deutlich früher, ein Feierabend vor 23 Uhr ist selten. »Und das – zumindest bei Alpenvereinshütten – an sieben Tage in der Woche.«Frei habe man, wenn die Gäste ausbleiben – also wenn das Wetter schlecht ist. Die grandiose Lage bringt einem dann aber auch nicht wirklich viel. Ohnehin muss auf DAV-Hütten, die ja als Schutzhütten fungieren, auch an solchen Tagen zumindest eine Person die Stellung halten. Bei Privathütten, wo der Wirt selbst über seine Öffnungszeiten bestimmen kann, mag das etwas lockerer sein. Allerdings zwingen einen dann nicht selten wirtschaftliche Überlegungen dazu, nur wenige Ruhetage einzulegen.
So bleiben Sie immer auf dem neuesten Stand!Die aktuellen Neuigkeiten von BERGSTEIGERauch auf Facebook.Klicken Sie aufNein, ich möchte kein Facebook Fan werden.Ich bin schon Fan.Vielen Dank.Hüttenwirte sind Mutlitalente
Ganz so frei und zwanglos, wie es im ersten Eindruck erscheinen mag, ist man als Hüttenwirt also nicht. Zudem gibt es wenige Tätigkeiten, die einen in so vielseitiger Hinsicht fordern: Gastronom, Handwerker, Haustechniker, Psychologe, Haushälter, Meteorologe, Alpinist, Betriebswirtschaftler, Arbeitgeber – das und noch viel mehr spielt in den Beruf mit rein. Für Petra und Thomas Meyer, die schließlich im Mai 2012 die Gufferthütte in den Brandenberger Alpen übernahmen, liegt gerade hierin der Reiz. Doch es gibt viele, die nicht in allen Bereichen klarkommen.So bleiben Sie immer auf dem neuesten Stand!
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Beispiel Buchhaltung: »Ich kenne Vollblut-Gastronomen, die voller Leidenschaft ihre Hütte führen, aber spätestens im zweiten Jahr aufgeben müssen, weil sie keinen Überblick mehr über ihre Zahlungen haben«, erzählt Gesell. Auf welche Fähigkeiten es letztlich besonders ankommt, hängt von Art und Lage der Hütte ab. Auf 3000 Metern Höhe reicht eine kleine Speisekarte, dafür muss man als Wirt in alpiner Hinsicht kompetent sein und beispielsweise genau über die aktuelle Lawinensituation Bescheid wissen. »Im Einzugsbereich von München etwa sieht das ganz anders aus«, sagt Gesell – da müssen Service, Essen und Angebotsvielfalt top sein.
Wer sich als Pächter bewirbt, aber kein handwerkliches Geschick mitbringt und nicht stressresistent ist, wird von Gesell von vornherein aussortiert. Auch am Hungertuch nagen sollte ein Wirt nicht, denn reich, so Gesell, werde man mit einer Hütte ganz sicher nicht. Und noch ein Thema bringt Petra Meyer auf den Tisch: »Was man hier oben so gut wie gar nicht hat, ist Privatsphäre.« Einfach mal alleine in einem Raum sein und ein Buch lesen, oder mit seinem Partner auf der Couch liegen – das gibt es nicht. Einziger Rückzugsort neben dem kleinen Schlafraum sei der Stammtisch, wo sich die privaten Besitztümer wie Laptop oder Handy stapeln. Ob man damit umgehen kann, lässt sich nur auf einem Weg herausfinden: es ausprobieren. Und zwar am besten, bevor man eine eigene Hütte übernimmt.
Bettina Willmes
Fotos:
Bettina Willmes, Gufferthütte
Artikel aus Bergsteiger Ausgabe 09/2015. Jetzt abonnieren!
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