Isarwinkel - Wandern auf alten Gebirgspfaden | BERGSTEIGER Magazin
Wandern auf Jagdsteigen, Almwegen und Wildererpfaden

Isarwinkel - Wandern auf alten Gebirgspfaden

In früheren Zeiten wurden Gebirgspfade aus ganz pragmatischen Gründen angelegt. Davon profitieren heute die Besucher beim Wandern im Isarwinkel.

 
Isarwinkel - Wandern auf alten Gebirgspfaden © Siegfried Garnweider
Das Isartal bei Vorderriß; im Hintergrund die Karwendelberge über dem Rißtal
Wer brauchte früher schon Bergwege? Wer auf den Berg gehen musste, hatte dafür triftige Gründe, aber sicher nicht zum Zeitvertreib. Holzknechte, Jäger und Bauersleute prägten über Jahrhunderte den Isarwinkel und die Jachenau. Ein paar bescheidene Felder im Tal und der Wald- und Wildreichtum sorgten für eine armselige Lebensgrundlage, während das Kloster Benediktbeuern den Zehnt einstrich. 

Wildererpfade im Isarwinkel

Es gab aber auch Holzdiebe und Wilderer, die dem Kloster keine Abgaben leisteten und sich trotzdem im Wald bedienten. Sie holten sich Holz und Wild nicht aus Abenteuerlust, sondern aus purer Not, denn sie brauchten es zum Überleben. Geachtet waren sie nicht. Die Wildschützen wurden im Laufe der Zeit immer dreister und machten viel Beute. Der nächtliche Transport des Wildbrets auf Schleichwegen über die Berge wurde aber mit der Zeit immer gefährlicher, denn selbstverständlich lauerte die Jägerschaft im Unterholz. Die Wilderer glaubten, besonders schlau zu sein, indem sie den Beutetransport auf die Isar verlagerten. In aller Seelenruhe fuhren sie am helllichten Tag mit einem Floß die damals wilde Isar hinunter. Das konnte auf Dauer nicht gut gehen. Die Jägerschaft »roch den Braten« ziemlich bald und wartete eines Tages im Jahr 1868 bei Vorderriß unter dem Ochsensitz auf den Transport. Ohne Vorwarnung eröffneten die Jägersknechte das Feuer und es kam zu einem wilden Gefecht, bei dem der Hoißentoni erschossen und der Hoißenblasi schwer verletzt wurde.

Ihr Floß strandete mitsamt der Beute bei Lenggries. Der Hoißenblasi kam erst zwei Jahre später auf dem Wilfetsberg durch einen Schuss in Notwehr des Königlichen Forstgehilfen Hornberger zu Tode. Ludwig Thoma (1867–1921) hat diese dramatischen Ereignisse in seinen Wilderergeschichten niedergeschrieben. 

Jagdsteige

In Vorderriß richtete sich seinerzeit ein bayerischer Adliger ein. Gleich hinter dem Forsthaus ließ sich Prinzregent Luitpold (1821–1912) ein kleines Felsenbad erbauen, wo er sich nach der Jagd im eiskalten Wasser entspannen konnte. Da es dem Prinzregenten nicht zuzumuten war, lange Wege auf der Gebirgsjagd zu Fuß zu gehen, legten fleißige Arbeiter ein Netz von Reitwegen an. So konnte der Jagdherr einen großen Teil der Strecken hoch zu Ross bewältigen. Viele dieser relativ flach ansteigenden Wege sind noch erkennbar und sogar auf manchen Karten eingetragen. Heute residiert in Vorderriß die Vermögensverwaltung Seiner Königlichen Hoheit des Großherzogs von Luxemburg. Zur Zeit der Hirschbrunft sieht man dort bisweilen viele Limousinen und Geländefahrzeuge mit gelben Nummernschildern, mit denen im benachbarten Karwendel auf Forstwegen zur Jagd gefahren wird. 

Almwege

Arbeitsbedingt leben in der Sommerzeit viele Almleut’ oben in den Bergen. Intensiv war die Almwirtschaft im Revier rund um Isar und Jachen aber nie, es gibt nur ein paar verschwiegene Almen. Einige davon haben keinen Fahrweganschluss, weswegen es nicht zu steile und ungefährliche Almwege brauchte, um das Vieh im Frühsommer hinauf und im Herbst wieder hinab treiben zu können. Auch diese lassen sich noch finden und bieten dem Wanderer relativ bequeme Auf- und Abstiege. Eine Besonderheit bietet der Aufstieg zum Staffel. Die Almen dort gehörten nicht zur Jachenau, sondern zum Isarwinkel. Weil das Gelände auf der Isarwinkler Seite für das Vieh viel zu gefährlich war, musste auf einem weiten Umweg aus der Jachenau auf- und abgetrieben werden. Für einen schnellen Auf- oder Abstieg zu Fuß war diese Strecke viel zu lang. Also legten die Almbauern in mühsamer Arbeit einen abenteuerlichen Pfad aus dem Isarwinkel durch den Staffelgraben an und mussten eine kurze Passage sogar mit einer Steiganlage sichern.

Es gibt diesen Weg noch, man findet ihn noch im Isarwinkel beim Wandern, aber er droht zu verfallen. Abenteuerlustige Bergwanderer und Individualisten finden auf den alten Jägersteigen und Wildererpfaden, Reit-, Alm- und Rückewegen ein weites, einsames Revier. Und wenn die Wege etappenweise nicht mehr erkennbar sind, kriecht man ein Stück durchs Unterholz. Auf Wegtafeln und Markierungszeichen ist auf diesen Routen nicht zu hoffen. Und falls der einsame Wanderer auf Wildtiere stoßen sollte, macht er dezent auf sich aufmerksam, damit sie ohne Hetze abziehen können.

Infos kompakt: Wandern im Isarwinkel

Anreise: A95 bis Ausfahrt Penzberg, dann B472 bis Bad Tölz und B13 bis Lenggries-Wegscheid. Von dort über die Bretonenbrücke zu den Ausgangspunkten in der Jachenau. Nach Vorderriß auf der B13 bis zum Sylvensteinsee. Dort rechts haltend auf der B307 zum Ausgangspunkt bei der Wirtschaft Vorderriß. Glashütte wird ab der Anschlussstelle Holzkirchen der A8 auf der B318 über Bad Wiessee – Rottach-Egern, dann auf der B307 über Kreuth erreicht.

Öffentliche Verkehrsmittel: Mit der Oberlandbahn (BOB) bis Lenggries und Bergsteigerbus bzw. Linienbus zu den Ausgangspunkten im Isarwinkel und in der Jachenau. Nach Glashütte: Bahn bis Tegernsee und Linienbus zum Ausgangspunkt.

Informationen:
  • Gäste-Information Lenggries, Rathausplatz 2, D-83661 Lenggries, Tel. 00 49/(0)80 42/5 00 88 00, www.lenggries.de
  • Gästeinformation Jachenau, Dorf 51½ , D-83676 Jachenau, Tel. 00 49/(0)80 43/91 98 91, www.jachenau.de
  • Tegernseer Tal Tourismus GmbH, Tourist-Information Kreuth, Nördliche Hauptstr. 3, D-83708 Kreuth, Tel. 00 49/(0)80 29/ 9 97 90 80; www.kreuth.de
Karten:
  • Kompass 1:50 000, Blatt 182 »Isarwinkel–Bad Tölz–Lenggries«
  • Topgrafische Karten des Bayer. Landesamtes für Vermessung und Geoinformation, 1:50 000, Blatt UK50-52 »Bad Tölz–Lenggries und Umgebung« und Blatt UK50-53 »Mangfallgebirge–Tegernsee–Schliersee«
  • Alpenvereinskarten 1:25 000, Blatt BY 11 »Isarwinkel–Benediktenwand«, Blatt BY 12 »Karwendelgebirge Nord, Schafreiter« und Blatt 13 »Mangfallgebirge West, Tegernsee, Hirschberg«
Isarwinkel - Wandern auf alten Gebirgspfaden. Text und Fotos: Siegfried Garnweider
 
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