Herbst in den Ammergauer Alpen: Für diese Touren brauchst du kein Auto!

Herbst in den Ammergauer Alpen: Für diese Touren brauchen Sie kein Auto!

Wenn im Herbst die Luft klar und das Zugspitzmassiv angezuckert ist, sind Bergtouren in den südlichen Ammergauer Alpen besonders schön. Wir stellen drei Touren im Außerfern vor, die sich auch mit der Bahn gut erreichen lassen.
 
Upsspitze Hochschrutte © Michael Pröttel
Unterwegs von der Upsspitze zur Hochschrutte
An schönen Oktober-Wochenenden reiht sich spätestens am Ende der A95 Stoßstange an Stoßstange. Die Blechlawine drückt sich dann weiter durch ganz Garmisch und ganz Partenkirchen hindurch. Einen solchen Stress muss man aber weder sich noch den Anwohnern antun.

Man kann auf dem Weg in den Bergherbst im Zug entspannt am Stau vorbeifahren und dabei auch noch gemütlich Zeitung lesen: Auf der Bahnstrecke von Garmisch-Partenkirchen nach Reutte liegen mit Kramerspitz, Schellschlicht und Upsspitze drei großartige Bergtouren, die alle ideal mit dem Zug zu erreichen und im Herbst besonders schön sind, wenn das gegenüberliegende Zugspitzmassiv schon angezuckert ist.

Im Jahr 2000 war die Außerfernbahn zeitweise von der Schließung bedroht. Was für ein Glück, dass es sie Pläne nicht umgesetzt wurden und die Außerfernbahn nach wie vor Bergsteiger erstaunlich schnell in den Südosten der Ammergauer Alpen bringt. Denn die kürzeste Verbindung vom Münchener Hauptbahnhof zur Zughaltestelle Griesen benötigt gerade einmal eine Stunde und siebenundvierzig Minuten. Und diese Zeit wird man selbst bei durchschnittlichen Verkehrsverhältnissen als Autofahrer kaum unterbieten.
 

Kramerspitz - ein Belvedere hoch über der Loisach

"Bester Aussichtsgipfel von Garmisch-Partenkirchen mit sechs Buchstaben." Zugegeben, diese Frage ist mir in einem Kreuzworträtsel noch nicht wirklich begegnet. Sollte das aber passieren, würde ich ohne zu zögern die Kramerspitz hineinschreiben – beziehungsweise die Kurzversion "Kramer".

Es gibt wohl keinen Punkt, von dem aus sich das Wettersteingebirge mit seinen steilen Felswänden so beeindruckend präsentiert wie vom direkt gegenüber liegenden Kramer aus. Der knapp 2000 Meter hohe Berg hat darüber hinaus eine extrem abwechslungsreiche Rundwanderung zu bieten, die man am besten an der verschlafenen Zughaltestelle Untergrainau beginnt und in der Fußgängerzone von Garmisch mit einem Cappuccino oder Radler ausklingen lässt.

Dazwischen liegt freilich ein weiter Weg, der vor allem auf der Nordseite des Kramer stellenweise auch gute Trittsicherheit erfordert. Deswegen ist eine Stärkung auf der idyllischen Stepbergalm im Aufstieg und/oder auf der Aussichtsterrasse des Berggasthaus St. Martin im Abstieg eine sehr gute Idee.
 

Kramerspitz (1985 m)

Schwierigkeit: mittel
Dauer: 6:30 Std.
Höhendifferenz: auf 1320 Hm, ab 1370 m
Distanz: 15 km
Charakter: Ausgedehnte Rundtour, die gute Kondition erfordert. Lohn der Mühen sind oberhalb der Latschenzone sensationelle Tief- und Fernblicke ins Werdenfelser Land.
Ausgangspunkt: Zughaltestelle Untergrainau (750 m)
Endpunkt: Bahnhof Garmisch-Partenkirchen (700 m)
Route: Untergrainau – Stepbergalm – Kramerspitz – St. Martin – Bahnhof Garmisch-Partenkirchen

Kramerspitz
Beim Aufstieg zum Kramer ist mitunter Trittsicherheit gefordert. Foto: Michael Pröttel


Kammwandern in Bestform am Schellschlicht

Direkt an der Grenze von Bayern nach Tirol gelegen stellt die kleine Zughaltestelle von Griesen den idealen Ausgangspunkt für eine besonders schöne Rundtour in den Ammergauer Alpen dar. Vor allem die Kamm-Passage vom Hohen Brand über das Brandjoch zum Gipfel bietet im wahren Sinne des Wortes grenzenlose Fernblicke.

Mit etwas Glück wird man im Naturschutzgebiet Ammergebirge, welches mit 288 Quadratkilometer das größte Naturschutzgebiet Bayerns darstellt, auch seltenen Vogelarten wie Kolkraben oder Schneehühnern begegnen. Da die am Weg liegende Schellalm unbewirtet ist, muss man seine Brotzeit selbst mitnehmen. Es kann auch nicht schaden, zudem Teleskopstöcke mit in den Rucksack zu packen. Diese erweisen sich beim Abstieg mit teils erodierten Wegpassagen nämlich als absolut hilfreich.

Schuld daran ist der Hauptdolomit, aus dem weite Teile der Ammergauer Alpen bestehen. Dieses Kalkgestein ist weitaus brüchiger als der kompakte Wettersteinkalk, aus dem das auf der anderen Seite des Loisachtals aufragende Zugspitzmassiv besteht.

Wieder im wunderschönen Bachbett der Naidernach angelangt, laden schöne Kiesbänke nach der Tour dazu ein, die Zeit bis zur nächsten Zugabfahrt zu überbrücken. Ob man die Füße im kühlen Wasser oder einfach nur die Seele baumeln lässt, bleibt jedem selbst überlassen.
 

Schellschlicht ( 2052 m)

Schwierigkeit: mittel
Dauer: 6:15 Std.
Höhendifferenz: 1250 Hm
Distanz: 13 km
Charakter: Ausgedehnte, abwechslungsreiche Rundtour, die gute Trittsicherheit und stellenweise auch Schwindelfreiheit erfordert
Ausgangs- und Endpunkt: Zughaltestelle Griesen (822 m)
Route: Griesen – Schellalm – Brandjoch – Schellschlicht – Griesen

Schellschlicht
Gewaltige Ausblicke am Gipfel des Schellschlicht. Foto: Michael Pröttel
 

Upsspitze und Hochschrutte: Weitblicke hoch über dem Außerfern

Blickt man vom Ehrwalder Talkessel aus nach Nordwesten, zieht vor allem der markante Gipfel des Daniel alle Blicke und somit auch die meisten Bergsteiger an. Von dort unten noch nicht zu sehen ist der großartige Gebirgskamm, der sich vom kleinen Bruder Upsspitze bis zur Hochschrutte (auch als Plattberg bekannt) hinüberzieht.

Das meist weglose Gelände trägt das seine dazu bei, dass auf der langen Kammwanderung selbst an schönen Wochenenden recht wenige Bergwanderer unterwegs sind. Und so wird man auf den vielen am Kammverlauf liegenden Bergkuppen die sensationelle Aussicht ziemlich oft alleine erleben.

Vor allem der Tiefblick zum lang gestreckten "Zwischentoren", wie das Tal "zwischen den Toren" Fernpass und Ehrenberger Klause heißt, ist wirklich beeindruckend. Das "Zwischentoren" ist der östlichste Teil des Außerfern, was wiederum »Hinter dem Fern(pass)« bedeutet. Dort unten liegt mit dem kleinen Bahnhof von Lähn das Ziel der ausgedehnten Tour.

Beim Abstieg von der Hochschrutte ist auf den ersten Metern etwas Schwindelfreiheit erforderlich. Wer sich das kurzzeitig felsige Gratstück nicht zutraut oder die Tour verkürzen möchte, kann alternativ bereits vom Kleinen Pfuitjöchl aus direkt nach Lähn absteigen. Von dort aus geht es mit der Außerfernbahn sehr bequem und ohne jegliche Staugefahr entweder Richtung Garmisch-Partenkirchen oder Richtung Pfronten zurück.
 

Upsspitze (2332 m) und Hochschrutte (2247 m)

Schwierigkeit: schwer
Dauer: 7 Std.
Höhendifferenz: auf 1600 Hm, ab 1500 Hm
Distanz: 13 km
Charakter: Bis zur Upsspitze folgt man einem guten Bergweg, danach wiederum einer weglosen, dafür aber um so aussichtsreicheren Pfadspur. Wegen der Länge und Exponiertheit nicht bei Gewittergefahr unternehmen.
Ausgangspunkt: Bahnhof Lermoos (1000 m)
Endpunkt: Zughaltestelle Lähn (1100 m)
Route: Lermoos – Upsspitze – Büchsentaljoch – Hebertaljoch – Hochschrutte – Lähn

Upsspitze und Hochschrutte
Der Aufstieg zur Upsspitze hoch über Lermoos, Lähn und Bichlbach. Foto: Michael Pröttel
 

Tipp: DB Regio Ticket Werdenfels

Das günstige DB Regio Ticket Werdenfels gilt auch für die Fahrt zu den bereits in Österreich gelegenen Haltestellen der Außerfernbahn zwischen Griesen und Pfronten. Das Ticket kostet für den ersten Fahrer 23 Euro und für jeden Mitfahrer 8 Euro und gilt für maximal fünf Personen. Besonders vorteilhaft für Bergsteiger ist, dass man mit dem DB Regio Ticket Werdenfels (im Gegensatz zum Bayern Ticket) schon vor neun Uhr morgens in den Zug steigen kann, was bei längeren Gipfeltouren nötig sein kann.

Zughalte Stelle Werdenfels
Mit der Außerfernbahn geht es zügig nach Hause! Foto: Michael Pröttel


 
von Michael Pröttel