Skitouren für jeden Geschmack
Skitourenparadies Berchtesgaden
© Andreas Strauß
Ein grandioser Wintertag bricht an über Berchtesgaden – links hinten das Steinerne Meer, dann der Watzmann und Hochkalter.
Ein grandioser Wintertag bricht an über Berchtesgaden – links hinten das Steinerne Meer, dann der Watzmann und Hochkalter.
»Oooooh! King’s lake!« Ann klatscht in die Hände und wackelt mit dem Kopf hin und her wie der Dackel auf Onkel Tonis Armaturenbrett. King’s lake und Rom, das waren die beiden schönsten Plätze in Europa. Ihre Begeisterung ist ansteckend. Ann ist Chinesin, war vier Wochen in Europa und hat sich verliebt in Bayerns südöstliches Eck: den Königssee und seine Berge. Oben lag sogar Schnee. Ob Deutsch schwierig sei, und ob man Skifahren auch mit 25 noch lernen könnte, das sind die Fragen, die ihr auf der Seele brennen. Das Berchtesgadener Land muss mächtig Eindruck gemacht haben.
Die Wegfindung auf der Tour vom Pechhäusl zum Rossfeld ist dank guter Ausschilderung kein Problem. Um Pistenfahrern und Tourengehern ein unfallfreies Miteinander zu ermöglichen, gibt es im Wald sogar eine eigene Aufstiegsschneise. Obwohl wir uns Zeit lassen, sind wir viel zu schnell am Ziel. Das Rossfeld ist eine der Erhebungen im langen Nordostkamm des Hohen Göll. Durch das kleine Skigebiet geht es die letzten Minuten zur Gipfelkuppe. Die Sicht reicht nur ein paar hundert Meter, es ist kalt und windig. Trotzdem ist es schön. Manchen Orten ist es eben gegeben; sie sind schön, selbst wenn es nicht schön ist.
Dass die Berchtesgadener Skitouren im Ruf stehen, schwierig und lang zu sein, mag zwar stimmen. Trotzdem gibt es rund um den Königssee eine ganze Reihe von Einsteiger- und Frühwintertouren. Der Rossbrand gehört genauso dazu wie der Aufstieg zum Purtschellerhaus oder der Tote Mann. Der Tote Mann und sein Nachbar Hirschkaser sind zwei unscheinbare Gipfel nordöstlich von Ramsau. Während auf den Hirschkaser ein Lift führt, ist es am fünf Meter höheren Toten Mann recht ruhig – nomen est omen. Die winzige Bezoldhütte am Gipfel bietet nur ein Dach über dem Kopf, einen Tisch und Bänke, um selbst Mitgebrachtes zu verspeisen. Mehr braucht man nach 400 Höhenmetern auch nicht. Den Toten Mann als kurze Schlechtwettertour abzuklassifizieren, wäre aber eine wahre Sünde, bei dieser Aussicht! Im Norden steht die Untersberg-Südwand, dann reihen sich Göllstock, Hagengebirge, Watzmann, Hochkalter und Reiteralm auf. Lange sitzen wir in der Wintersonne und genießen den Ausblick. Manchen Bergen im Berchtesgadener Land sieht man es wegen ihrer wilden Gestalt nicht
an, aber Skitouren warten auf uns in Hülle und Fülle!
Auf einer Almstraße beginnt der Anstieg. Gemütlich können wir nebeneinander her gehen und ratschen. Bis zur Almterrasse der Eckaualm ist uns warm geworden und so ist das anschließende Steilstück im Wald kein Problem. Märchenhaft wird es ab 1500 Metern. Über zahlreiche kleine Kuppen und Hänge zieht sich die Spur hinauf. Da das Kar nach Nordosten schaut und windgeschützt von einem hohen Felskamm eingerahmt ist, hat sich bester Pulverschnee gehalten. Ich muss mich regelrecht bremsen, um nicht immer schneller zu werden.
Am höchsten Punkt herrscht Partystimmung. Eine Plätzchendose wandert zwischen den Gruppen hin und her und Insidertipps zur Schneelage werden ausgetauscht. Als ich am Abend gefragt werde, was das Beste heute war, weiß ich nicht, ob die selbst gebackenen Vanillekipferl oder der flauschig weiche Pulverschnee auf der Hochalm.
Für den morgigen Tag kann ich aber schon im Voraus sagen, was das Highlight wird: der Blick vom Schneibstein. Der ist jedes Mal wieder phänomenal. Mit der Jennerbahn fahren wir hinauf und legen nach einer kurzen Abfahrt im Skigebiet die Felle an. Der erste Abschnitt wird locker, denn zum Stahlhaus sind kaum Höhenmeter zurückzulegen. Vor der ganzjährig geöffneten Hütte steht ein Dutzend Paar Ski von Kaffeetrinkern, Frühschoppern und Spätaufstehern. Wir gehen gleich weiter. Dass das verhältnismäßig leicht fällt, liegt wohl daran, dass dem vordersten Rucksack frischer Brezenduft aus der Berchtesgadener Bäckerei entströmt. Ob das unter Doping fällt?
Von der riesigen Gipfelkuppe des Schneibsteins führen die meisten Abfahrtsspuren nach Süden Richtung Kleine Reibn, einem echten Klassiker, denn für knapp 800 Höhenmeter Aufstieg wird man mit 1900 Höhenmetern Abfahrt belohnt. Und so tauchen auch wir ein in das Vergnügen aus Pulverschnee und Rhythmus.
Was nach den Umgäng kommt, ist die Kür. Im weiten Bogen steigt man die Südwestflanke auf und zuletzt mit viel Panorama – und Sicherheitsabstand zu den Wechten – zum Gipfelkreuz.
»Oooooh! King’s lake!« Ich klatsche in die Hände und wackle mit dem Kopf. Die anderen Tourengeher am Dritten Watzmannkind schauen konsterniert, unsere Freunde grinsen. Sie kennen die Geschichte von Ann und ihrer Begeisterung über Berchtesgaden. Aber hat sie denn so unrecht? Wer täglich Watzmann, Göll und Königssee sieht, dem fällt vielleicht gar nicht mehr auf, wie schön es hier ist. Schon während des Anstiegs versuche ich die Tour mit Anns Augen zu sehen. Die tief verschneiten Gebäude der Schapbachalm. Der alte Baumbestand im unteren Watzmannkar. Die zyklopenhaften Felsen des Bergsturzgeländes. Die spitzen Zacken der Kareinrahmung. Das Watzmannhaus hoch oben auf einem Sporn. Schneekristalle, die die ersten Sonnenstrahlen einfangen. Dann die steile Rampe zum Dritten Watzmannkind. Der Blick auf die Watzmann-Ostwand direkt nebenan. Und ganz tief unten: »Oooooh! King’s lake!«
Erste Schneeflocken - Skitouren-Zeit!
Sanft schweben Schneeflocken aus dem Grau. Hier eine und da eine. Sie sind so langsam, dass man sie fangen könnte. Der Wetterbericht hat von einem »Kuschelwochenende« gesprochen, aber zum Drinnen-sitzen ist der Tag zu schade. Die erste Skitour der Saison steht an. Am Rossfeld in Berchtesgaden liegt jetzt bereits ausreichend Schnee. Auf gut 1100 Meter Höhe kann man mit Fellen losgehen und wir sind beileibe nicht die einzigen, die dies heute tun. Ann fällt mir ein – als Südchinesin würde sie bestimmt leuchtende Augen bekommen: Es schneit.Die Wegfindung auf der Tour vom Pechhäusl zum Rossfeld ist dank guter Ausschilderung kein Problem. Um Pistenfahrern und Tourengehern ein unfallfreies Miteinander zu ermöglichen, gibt es im Wald sogar eine eigene Aufstiegsschneise. Obwohl wir uns Zeit lassen, sind wir viel zu schnell am Ziel. Das Rossfeld ist eine der Erhebungen im langen Nordostkamm des Hohen Göll. Durch das kleine Skigebiet geht es die letzten Minuten zur Gipfelkuppe. Die Sicht reicht nur ein paar hundert Meter, es ist kalt und windig. Trotzdem ist es schön. Manchen Orten ist es eben gegeben; sie sind schön, selbst wenn es nicht schön ist.
Dass die Berchtesgadener Skitouren im Ruf stehen, schwierig und lang zu sein, mag zwar stimmen. Trotzdem gibt es rund um den Königssee eine ganze Reihe von Einsteiger- und Frühwintertouren. Der Rossbrand gehört genauso dazu wie der Aufstieg zum Purtschellerhaus oder der Tote Mann. Der Tote Mann und sein Nachbar Hirschkaser sind zwei unscheinbare Gipfel nordöstlich von Ramsau. Während auf den Hirschkaser ein Lift führt, ist es am fünf Meter höheren Toten Mann recht ruhig – nomen est omen. Die winzige Bezoldhütte am Gipfel bietet nur ein Dach über dem Kopf, einen Tisch und Bänke, um selbst Mitgebrachtes zu verspeisen. Mehr braucht man nach 400 Höhenmetern auch nicht. Den Toten Mann als kurze Schlechtwettertour abzuklassifizieren, wäre aber eine wahre Sünde, bei dieser Aussicht! Im Norden steht die Untersberg-Südwand, dann reihen sich Göllstock, Hagengebirge, Watzmann, Hochkalter und Reiteralm auf. Lange sitzen wir in der Wintersonne und genießen den Ausblick. Manchen Bergen im Berchtesgadener Land sieht man es wegen ihrer wilden Gestalt nicht
an, aber Skitouren warten auf uns in Hülle und Fülle!
Vanillekipferl und Brezenduft
Ich wünsche mir eine Skitour, nicht zu lang und nicht zu kurz. Schöne Landschaft, unverspurten Pulverschnee und unten soll es nicht zu steil losgehen. Unsere Wahl fällt auf die Hochalm. Hinter diesem Namen verbirgt sich eine wunderbare Tour in ein Kar, das der Blaueisspitze im Kalterstock vorgelagert ist. Ann wäre schon vor dem Losgehen begeistert, wenn sie die Kirche in der Ramsau mit der Felskulisse der Reiteralm sehen würde.Auf einer Almstraße beginnt der Anstieg. Gemütlich können wir nebeneinander her gehen und ratschen. Bis zur Almterrasse der Eckaualm ist uns warm geworden und so ist das anschließende Steilstück im Wald kein Problem. Märchenhaft wird es ab 1500 Metern. Über zahlreiche kleine Kuppen und Hänge zieht sich die Spur hinauf. Da das Kar nach Nordosten schaut und windgeschützt von einem hohen Felskamm eingerahmt ist, hat sich bester Pulverschnee gehalten. Ich muss mich regelrecht bremsen, um nicht immer schneller zu werden.
Am höchsten Punkt herrscht Partystimmung. Eine Plätzchendose wandert zwischen den Gruppen hin und her und Insidertipps zur Schneelage werden ausgetauscht. Als ich am Abend gefragt werde, was das Beste heute war, weiß ich nicht, ob die selbst gebackenen Vanillekipferl oder der flauschig weiche Pulverschnee auf der Hochalm.
Für den morgigen Tag kann ich aber schon im Voraus sagen, was das Highlight wird: der Blick vom Schneibstein. Der ist jedes Mal wieder phänomenal. Mit der Jennerbahn fahren wir hinauf und legen nach einer kurzen Abfahrt im Skigebiet die Felle an. Der erste Abschnitt wird locker, denn zum Stahlhaus sind kaum Höhenmeter zurückzulegen. Vor der ganzjährig geöffneten Hütte steht ein Dutzend Paar Ski von Kaffeetrinkern, Frühschoppern und Spätaufstehern. Wir gehen gleich weiter. Dass das verhältnismäßig leicht fällt, liegt wohl daran, dass dem vordersten Rucksack frischer Brezenduft aus der Berchtesgadener Bäckerei entströmt. Ob das unter Doping fällt?
Von der riesigen Gipfelkuppe des Schneibsteins führen die meisten Abfahrtsspuren nach Süden Richtung Kleine Reibn, einem echten Klassiker, denn für knapp 800 Höhenmeter Aufstieg wird man mit 1900 Höhenmetern Abfahrt belohnt. Und so tauchen auch wir ein in das Vergnügen aus Pulverschnee und Rhythmus.
Die Kür - eine Skitour auf den Hohen Göll
Wie ein Appetithappen scheinen Purtschellerhaus und Toter Mann, wenn man die Großzügigkeit und die Vielfalt der Frühjahrsskitouren rund um den Königssee betrachtet. »I hab’s gschafft! I bin oben. Des hab i heit nimmer glaubt.« Sichtlich angeschlagen plumpst ein älterer Tourengeher neben uns in den Schnee. Den Hohen Göll sollte man nicht unterschätzen. Als einziger Gipfel der »großen Drei« (Watzmann, Hochkalter, Göll) wird er zur Gänze mit Ski begangen. Ein echter Berchtesgadener Charakterkopf ist der Göll. Gleich unten im Alpeltal gilt es, eine Felsstufe zu überwinden, die manch versiertem Tourengeher das Herz schneller schlagen lässt und bei schlechten Verhältnissen nach ein paar Minuten schon zum Umkehren zwingen kann. Steil geht es weiter. Großartig und ernsthaft wirkt das enge Tal. Erst auf der weiten Karstfläche der Umgäng blinzelt die Sonne. Pause. Ausschnaufen. Landschaft genießen. Wie so viele Skitouren hier verlaufen auch Anstieg und Abfahrt am Göll mitten im Nationalpark Berchtesgaden. Ein schönes Gefühl, wenn man weiß, dass kein Straßenbau, kein Stausee und keine Event-Arena als fertiger Plan parat liegen.Was nach den Umgäng kommt, ist die Kür. Im weiten Bogen steigt man die Südwestflanke auf und zuletzt mit viel Panorama – und Sicherheitsabstand zu den Wechten – zum Gipfelkreuz.
»Oooooh! King’s lake!« Ich klatsche in die Hände und wackle mit dem Kopf. Die anderen Tourengeher am Dritten Watzmannkind schauen konsterniert, unsere Freunde grinsen. Sie kennen die Geschichte von Ann und ihrer Begeisterung über Berchtesgaden. Aber hat sie denn so unrecht? Wer täglich Watzmann, Göll und Königssee sieht, dem fällt vielleicht gar nicht mehr auf, wie schön es hier ist. Schon während des Anstiegs versuche ich die Tour mit Anns Augen zu sehen. Die tief verschneiten Gebäude der Schapbachalm. Der alte Baumbestand im unteren Watzmannkar. Die zyklopenhaften Felsen des Bergsturzgeländes. Die spitzen Zacken der Kareinrahmung. Das Watzmannhaus hoch oben auf einem Sporn. Schneekristalle, die die ersten Sonnenstrahlen einfangen. Dann die steile Rampe zum Dritten Watzmannkind. Der Blick auf die Watzmann-Ostwand direkt nebenan. Und ganz tief unten: »Oooooh! King’s lake!«
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Skitourenparadies Berchtesgaden - Fotos: Andreas Strauß
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