Über alle Almen – Wandern in Kitzbühel
Kaiserliche Aussicht: Den Wilden Kaiser im Blick auf Etappe 3 des KAT Walk Alpin
Willst du immer weiter schweifen? Sieh, das Gute liegt so nah.« Goethes Zeilen kommen mir in den Sinn, als ich mich in der Hinterkarscharte angekommen hinsetze, um etwas zu verschnaufen und das grandiose Panorama zu genießen. Der Blick bleibt an hohen, vergletscherten Bergen im Süden hängen: die Hohen Tauern. Direkt um mich herum die lieblicheren Kitzbüheler Alpen.
Ich bin unterwegs auf dem Kitzbüheler Alpen Trail, auch KAT Walk genannt. In sechs Tagen führt die Alpin-Variante von Hopfgarten nach St. Ulrich am Pillersee. Und jetzt in der Mitte von Etappe Drei stelle ich fest: Es muss nicht immer Hochgebirge sein, diese entspannte Wanderung hat durchaus ihren Reiz: Auf dem Weg von der Windau hinauf zur Scharte bin ich durch ein wahres Meer an Almrosen gewandert, weiter unten höre ich die Kuhglocken bimmeln, die Almen leuchten jetzt zu Beginn des Sommers in frischem Grün. Da die Etappen mit 800 bis 1250 Höhenmetern Aufstieg und bis zu 19 Kilometern gut zu schaffen sind, bleibt Zeit für ausgedehnte Pausen, zum Schauen und im Gras Liegen, vielleicht sogar für ein Nickerchen. Der KAT Walk ist keine Unternehmung für Rekordsammler, sondern für Genießer. Was nicht nur für das tägliche Wanderpensum gilt, sondern auch für die Verköstigung.
Die Kunst des Kochens
Im Gespräch mit Harald Klingsbigl, dem Wirt der Labalm, wo ich die Nacht verbringe, muss ich zum zweiten Mal an diesem Tag an Goethe denken. Denn auf der Labalm bekommt man bevorzugt Produkte aus den Kitzbüheler Alpen serviert. Ja, das Gute liegt so nah. Nur hatte man das lange Zeit irgendwie vergessen. Mit einigen anderen Wirten der Region haben Harald und Hanni Klingsbigl deshalb die Initiative KochArt gegründet und sich ganz dem regionalen und nachhaltigen Einkauf verschrieben. Bei den Gästen kommt das gut an. »Die Leute, die hier wandern und Urlaub machen, möchten auch gern Produkte von hier essen«, erklärt Harald Klingsbigl.
Foto: pvwerbungundmarketing/vonierpeter
In der Speisekarte der Labalm sind alle Gerichte mit rein regionalen Zutaten mit einem KochArt-Stempel gekennzeichnet. Und das sind ziemlich viele. Schlutzkrapfen, Rinderragout, Brotzeitplatte, Kaiserschmarrn und und und. Harald Klingsbigl zählt zudem auf Anfrage für jedes Gericht gerne ganz genau auf, woher die einzelnen Zutaten kommen: »Den Bergkäse für den Knödelteller bekommen wir von der Holzalm, die Eier von der Resi in Oberndorf. Übrigens haben wir gerade wieder ein halbes Kalb bekommen, das wir zu Rinderbraten, Gulasch und Tafelspitz verarbeiten.« Die eigenen Kühe liefern Milch und Joghurt, sogar einen kleinen Fischteich gibt es hier oben.
Neben dem Klassiker Knödelteller werden die Marillenknödel, eine Spezialität von Hanni Klingsbigl, besonders nachgefragt. Doch regional bedeutet freilich auch immer saisonal: »Meine Frau macht sensationelle Marillenknödel, aber die gibt es halt nur, wenn hier die Marillen reif sind.« Ich komme leider nicht in den Genuss dieser Spezialität, aber Brennnesselsuppe und Sauerrahmcreme mit Himbeeren sind eine gute Entschädigung.
Kitzbüheler Kontrastprogramm
Foto: pvwerbungundmarketing/vonierpeter
Zum Ausklang wird es dann nochmal ruhiger. Durch Mischwald und über Almweiden wandert man von St. Johann am letzten Tag auf ein Plateau. Stellenweise staut sich zwischen den Latschen die Hitze und ich bange, ob mein Wasservorrat reicht. Denn erst im letzten Drittel der Tour bietet sich mit der Winterstelleralm eine Einkehrmöglichkeit. Wasser und Proviant reichen und da sich am Himmel die Wolken türmen, spare ich mir die Einkehr. Immerhin ist beim Abstieg vom Plateau das Ziel in Sicht: das idyllisch am Fuße der Loferer Steinberge gelegene St. Ulrich. Der Wegweiser gibt noch eine Stunde Gehzeit an, als es zu regnen beginnt. Dicke, gemütliche Tropfen. Die Regenjacke auspacken? Ach nein, die Abkühlung ist ganz willkommen. Aber zum ersten Mal auf dieser Wanderung lege ich einen Zahn zu, und schalte vom Genuss- in den Bloß-Schnell-Ankommen-Modus. Auf den letzten Metern vorm Dorf geht dann das Gewitter los. Blitz, Donner und Sturzregen. Ich stelle mich unter und warte auf den Bus, der mich zum Bahnhof bringen soll. Irgendwo blökt ein Schaf, der Regen prasselt auf den warmen Teer, es riecht nach Sommer. Ich bin klatschnass und glücklich.
Pause mit "Kaiserblick" an der Alpin-Etappe 4. Foto: Kitzbüheler Alpen Marketing/Erwin Haiden
Basiswissen: KAT Walk
- Was erwartet einen? Die Alpinvariante des Weitwanderwegs führt in sechs Etappen von Hopfgarten über Kitzbühel nach St. Ulrich am Pillersee, das bedeutet 106 Kilometer und 6350 Höhenmeter im Aufstieg, sowie 6100 im Abstieg. Kürzer und gemütlicher ist die Kompakt-Variante: In fünf Tagen wandert man 76 Kilometer mit 4950 Höhenmetern im Auf- und 5200 Höhenmetern im Abstieg. Beide Touren erfordern gute Ausdauer. Generell ist der KAT Walk wenig begangen.
- Wie hinkommen? Mit dem Zug erreicht man bequem die Ortschaft Hopfgarten, Ausgangspunkt der ersten Etappe. Die Haltestelle heißt »Berglift«, Infos unter www.oebb.at Das Auto kann in Hopfgarten für acht Euro geparkt werden. Per Zug und Bus geht es in etwa 1 ¼ Std. von St. Ullrich am Pillersee zurück zum Ausgangspunkt.
- Wie buchen? Das Rundum-Sorglos-Packet der Alpin-Variante kostet 539 Euro pro Prerson im Doppelzimmer. Darin enthalten sind Übernachtungen in Hotels (drei bis vier Sterne) mit Halbpension und Gepäcktransport. Wer will, kann eine Wanderführerin dazu buchen. Die Wege sind aber gut ausgeschildert. Infos unter www.kat-walk.at
- Wann gehen? Im Juni schmecken die regionalen Milchprodukte wegen der frischen Gräser und Kräuter noch besser! Im September ist es dafür nicht mehr so heiß und die Gewittergefahr geringer.
- Nicht versäumen! Je nach Monat gibt es auf der Labalm und in den fünf anderen am KAT Walk gelegenen KochArt-Betrieben andere Köstlichkeiten: zuerst Berghendl, dann Bachforelle, ab Mitte August Almschwein und gegen Herbst Wild. Am besten vorher über die »Raritäten-Tage« informieren: www.labalm.at, www.kochart.tirol