Auf's Dach der Alpen - Traumziel Mont Blanc
Klettern - von der Halle an den Fels
© Robert Bösch / Archiv Mammut
Was hilft in dieser Situation mehr: eine 8- in der Halle zu toppen oder Erfahrung im Fels?
Was hilft in dieser Situation mehr: eine 8- in der Halle zu toppen oder Erfahrung im Fels?
Nein, Ihr Weg auf das Dach der Alpen soll nicht über den Brouillard-Pfeiler auf den Mont Blanc führen. Niemand verlangt von Ihnen elf Seillängen im Schwierigkeitsgrad 6c vom Ecclesbiwak hoch zum Brouillardgrat. Die Route »La Classica Moderna«, die 2011 von den Pou-Brüdern Iker und Eneko und Hervé Barmasse eröffnet wurde, ist zwar spektakulär und bringt am Bergsteiger-Stammtisch ordentlich Punkte – vielleicht ist sie aber etwas zu fordernd.
Doch auch, wenn der Normalweg hauptsächlich sicheres Gehen mit Steigeisen und viel Kondition erfordert, ist ein wenig Erfahrung im Alpinklettern hilfreich. Es schult die Psyche, hilft, an ausgesetzten Stellen, etwa zwischen den Refuges von Tête Rousse und Goûter, einen kühlen Kopf und ruhige Knie zu bewahren. Vor allem aber komplettiert es die bergsteigerische Grundausbildung – wer die hier nötigen Sicherungstechniken beherrscht, profitiert von diesem Wissen in allen erdenklichen Situationen am Berg.
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Die meisten Neulinge beginnen heutzutage in der Halle. Selbst die eher mäßig Talentierten klettern nach ein wenig Training Routen, bei denen sich die Nordwandgesichter von früher schwer getan hätten, überhaupt vom Boden abzuheben. Umgekehrt stellen die Bedingungen, unter denen die Pioniere von damals kletterten und die in vielen Alpinrouten noch heute herrschen, viele Anfänger von heute vor arge Probleme: Was, die Zwischensicherungen muss man selbst einhängen? Welcher Selbstmörder hat denn diese Hakenabstände verbrochen? Und überhaupt, kann mal jemand die Tür zu machen und die Heizung anstellen? Es zieht!
An den echten Fels und seine ungewohnte Rauheit (oder Kleingriffigkeit) gewöhnt sich der Indoor-Sportler am besten erst einmal im Klettergarten. Wer sich dort sicher fühlt, kann sich an die ersten Routen mit mehreren Seillängen wagen. »Wenn sich Neulinge Touren aussuchen, in denen der Fels eine gute Qualität hat und die Absicherung top ist«, meint Peter Albert, Bergführer, Kletter-Nerd, Ausbilder und Buchautor (»Outdoorpraxis: Alpinklettern«, Bruckmann-Verlag), »dann klettern sie in der freien Natur ziemlich schnell gute Schwierigkeitsgrade.«
Albert empfiehlt für den Anfang etwa die Klassiker in den Bayerischen Voralpen, bei denen der Zustieg nicht zu lang, die Wände nicht zu hoch und die Haken gebohrt sind. Hat man sich die passende Route ausgeguckt, rät Albert, die Route genau zu studieren. Die Orientierung im Fels stellt viele anfangs vor Probleme: Keine bunten Griffe in Sicht, oft ist nicht einmal der Einstieg markiert.
»Direkt am Wandfuß ist der Blickwinkel perspektivisch verzerrt«, sagt Albert, deshalb solle man sich schon früher einen Aussichtspunkt suchen, von dem aus man die ganze Wand in der Totalen vor sich hat. »Und dann muss man lernen, das Topo, also den Führer mit Skizzen von der Route, zu lesen und mit der Wand vor sich in Übereinstimmung zu bringen.« So lässt sich Seillänge für Seillänge nachvollziehen, so kann man sich schon mal einprägen, wo die Standplätze liegen.
Außerdem ist jetzt die Gelegenheit, noch einmal das T-Shirt zu wechseln und ein bisschen Kraftfutter nachzulegen, das Material zu sortieren »und schon den Helm aufzusetzen. Steinschlaggefahr besteht nämlich nicht nur am Wandfuß: Die Gefahrenzone beginnt je nach Wandhöhe und -steilheit schon 50 bis 100 Meter davor.« Hat man den Einstieg in die Route gefunden, kann es nach einem gegenseitigen Partnercheck losgehen – der sollte vom Hallenklettern ohnehin bekannt sein.
Wenn die Route ausreichend abgesichert ist, reichen dem Vorsteiger die Bohrhaken als Zwischensicherungen. Ist das nicht der Fall, legt er zusätzliche Fixpunkte etwa mit Friends oder Klemmkeilen, oft lassen sich auch Bandschlingen durch Sanduhren fädeln. Meist nach 30 bis 40 Metern finden sich zwei Bohrhaken nebeneinander. Hier lässt sich nun ein Stand bauen. Zunächst sichert sich der Vorsteiger mit einem Mastwurf an einem eingehängten Schraubkarabiner, in den ein weiterer für die Partnersicherung geklickt wird. Dann läuft das Seil weiter zu einem Karabiner im zweiten Haken, auch hier wird es mit einem Mastwurf fixiert. (Anleitung: Standplatz bauen)
Seid selbst sicher! Nun kann der Partner nachsteigen, auf dem Weg nach oben sammelt er das Material des Vorsteigers ein. Der sollte derweil darauf achten, dass sich das Seil, das er einzieht, nirgendwo verhaken kann. »Man legt es in Schleifen über die Selbstsicherung, hängt es in großen Schlaufen mit Sackstichen in einen Karabiner oder legt es ordentlich am Boden ab, wenn man zum Beispiel auf einem breiteren Band steht«, sagt Albert.
Wenn der Nachsteiger nun am Stand angekommen ist, hat die Seilschaft zwei Möglichkeiten. »Anfängern empfehle ich, überschlagend zu klettern«, sagt Peter Albert. Das bedeutet, dass aus dem Nachsteiger jetzt der Vorsteiger wird, er klettert weiter. Eine kleine Pause ist natürlich erlaubt – aber so spart sich die Seilschaft, das ganze Material auszutauschen und vor allem das ganze Seil einmal durchzuziehen, denn der Vorsteiger der letzten Seillänge befi ndet sich nun an dessen Ende.
Doch auch, wenn der Normalweg hauptsächlich sicheres Gehen mit Steigeisen und viel Kondition erfordert, ist ein wenig Erfahrung im Alpinklettern hilfreich. Es schult die Psyche, hilft, an ausgesetzten Stellen, etwa zwischen den Refuges von Tête Rousse und Goûter, einen kühlen Kopf und ruhige Knie zu bewahren. Vor allem aber komplettiert es die bergsteigerische Grundausbildung – wer die hier nötigen Sicherungstechniken beherrscht, profitiert von diesem Wissen in allen erdenklichen Situationen am Berg.
Studieren geht vor Probieren
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An den echten Fels und seine ungewohnte Rauheit (oder Kleingriffigkeit) gewöhnt sich der Indoor-Sportler am besten erst einmal im Klettergarten. Wer sich dort sicher fühlt, kann sich an die ersten Routen mit mehreren Seillängen wagen. »Wenn sich Neulinge Touren aussuchen, in denen der Fels eine gute Qualität hat und die Absicherung top ist«, meint Peter Albert, Bergführer, Kletter-Nerd, Ausbilder und Buchautor (»Outdoorpraxis: Alpinklettern«, Bruckmann-Verlag), »dann klettern sie in der freien Natur ziemlich schnell gute Schwierigkeitsgrade.«
Albert empfiehlt für den Anfang etwa die Klassiker in den Bayerischen Voralpen, bei denen der Zustieg nicht zu lang, die Wände nicht zu hoch und die Haken gebohrt sind. Hat man sich die passende Route ausgeguckt, rät Albert, die Route genau zu studieren. Die Orientierung im Fels stellt viele anfangs vor Probleme: Keine bunten Griffe in Sicht, oft ist nicht einmal der Einstieg markiert.
»Direkt am Wandfuß ist der Blickwinkel perspektivisch verzerrt«, sagt Albert, deshalb solle man sich schon früher einen Aussichtspunkt suchen, von dem aus man die ganze Wand in der Totalen vor sich hat. »Und dann muss man lernen, das Topo, also den Führer mit Skizzen von der Route, zu lesen und mit der Wand vor sich in Übereinstimmung zu bringen.« So lässt sich Seillänge für Seillänge nachvollziehen, so kann man sich schon mal einprägen, wo die Standplätze liegen.
Außerdem ist jetzt die Gelegenheit, noch einmal das T-Shirt zu wechseln und ein bisschen Kraftfutter nachzulegen, das Material zu sortieren »und schon den Helm aufzusetzen. Steinschlaggefahr besteht nämlich nicht nur am Wandfuß: Die Gefahrenzone beginnt je nach Wandhöhe und -steilheit schon 50 bis 100 Meter davor.« Hat man den Einstieg in die Route gefunden, kann es nach einem gegenseitigen Partnercheck losgehen – der sollte vom Hallenklettern ohnehin bekannt sein.
Wenn die Route ausreichend abgesichert ist, reichen dem Vorsteiger die Bohrhaken als Zwischensicherungen. Ist das nicht der Fall, legt er zusätzliche Fixpunkte etwa mit Friends oder Klemmkeilen, oft lassen sich auch Bandschlingen durch Sanduhren fädeln. Meist nach 30 bis 40 Metern finden sich zwei Bohrhaken nebeneinander. Hier lässt sich nun ein Stand bauen. Zunächst sichert sich der Vorsteiger mit einem Mastwurf an einem eingehängten Schraubkarabiner, in den ein weiterer für die Partnersicherung geklickt wird. Dann läuft das Seil weiter zu einem Karabiner im zweiten Haken, auch hier wird es mit einem Mastwurf fixiert. (Anleitung: Standplatz bauen)
Seid selbst sicher! Nun kann der Partner nachsteigen, auf dem Weg nach oben sammelt er das Material des Vorsteigers ein. Der sollte derweil darauf achten, dass sich das Seil, das er einzieht, nirgendwo verhaken kann. »Man legt es in Schleifen über die Selbstsicherung, hängt es in großen Schlaufen mit Sackstichen in einen Karabiner oder legt es ordentlich am Boden ab, wenn man zum Beispiel auf einem breiteren Band steht«, sagt Albert.
Wenn der Nachsteiger nun am Stand angekommen ist, hat die Seilschaft zwei Möglichkeiten. »Anfängern empfehle ich, überschlagend zu klettern«, sagt Peter Albert. Das bedeutet, dass aus dem Nachsteiger jetzt der Vorsteiger wird, er klettert weiter. Eine kleine Pause ist natürlich erlaubt – aber so spart sich die Seilschaft, das ganze Material auszutauschen und vor allem das ganze Seil einmal durchzuziehen, denn der Vorsteiger der letzten Seillänge befi ndet sich nun an dessen Ende.
Von Moritz Baumstieger
Artikel aus Bergsteiger Ausgabe 02/2015. Jetzt abonnieren!
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