Wie in Teil 1 beschrieben, verschaffst du dir zuerst einen Überblick, sorgst für deinen Selbstschutz und die weiteren Punkte und kniest dich dann zur Person hin, legst ihr deine Hand auf die Schulter und fragst sie: »Was ist denn passiert? Geht es Ihnen gut?«
Vielleicht lautet die Antwort so oder so ähnlich: »Irgendwie ist heute alles ziemlich anstrengend und ich fühle mich ganz erschöpft, darum musste ich mich hier hinsetzen, es ging einfach nicht mehr.« Dieser schlechte Allgemeinzustand kann viele Ursachen haben. Als Ersthelfer musst du keine Diagnosen stellen, sondern hilfst der Person mit den Symptomen, die du antriffst. Dennoch kannst du hier wichtige klärende Fragen stellen:
• Kennen Sie das? Haben Sie das öfter?
• Wann haben Sie das letzte Mal etwas gegessen und getrunken?
• Haben Sie genug gegessen und getrunken?
Kennt die Person die Symptome, dann weiß sie auch, was zu tun ist, und du kannst ihr dabei helfen. Hat sie schon lange nichts mehr gegessen und getrunken und fehlt ihr sonst nichts, dann ist sie gegebenenfalls dehydriert oder unterzuckert. Dann kannst du hier am besten mit einem Getränk und/oder Essen helfen.
Kreislaufprobleme
Treffen diese Punkte nicht zu, so kann es sich auch um allgemeine Kreislaufprobleme handeln, die besonders bei großer Anstrengung in Kombination mit hohen Temperaturen auftreten, wie wir sie letzten Sommer hatten. Dieser Person hilft es:
• sich im Schatten auszuruhen
• zu trinken und zu essen
• die Beine hochzulegen
Nach einer ordentlichen Pause sollte es der Person etwas besser gehen. Die Tour fortsetzen ist in der Regel nicht sinnvoll. Es sollte zusammen überlegt werden, ob ein langsamer gemeinsamer Abstieg oder der Weg zu einer nahen Bergbahn möglich ist. Im Zweifel oder wenn ein Abstieg nicht zumutbar erscheint, ist die professionelle Rettung zu alarmieren und gemeinsam auf diese zu warten.
Herzprobleme/Herzinfarkt
Herzkreislaufversagen ist Todesursache Nr. 1 in Deutschland! Und am Berg steht der Herzstillstand an zweiter Stelle nach (Ab-)sturz. Es lohnt sich daher, die Symptome dieser plötzlichen Erkrankung und die Möglichkeiten des Ersthelfers genauer anzuschauen.
Bei Verdacht auf Herzinfarkt: schnell und umsichtig handeln! Foto: Ortovox/Hansi Heckmair
Kommen zum schlechten Allgemeinzustand noch eines oder mehrere der folgenden Symptome dazu, ist große Vorsicht und auch Eile geboten:
• Atembeschwerden/Atemnot
• Schmerzen/Druck in der Brust
• ausstrahlend in den linken Arm, aber auch rechter Arm oder Kiefer, ggf. Bauch oder Rücken möglich
• Unruhe, Panik, (Todes-)Angst
• Übelkeit, Erbrechen
• ausgeprägtes Schwächegefühl
• Schocksymptome (blass, kaltschweißig)
• bis hin zur Bewusstseinseintrübung oder Bewusstlosigkeit
Der Ersthelfer sollte schnellstmöglich den Notruf 112 absetzen.
Jede Minute zählt! Devise für den Notruf: Wenn du dir nicht sicher bist, geh vom schlimmeren Fall aus und alarmiere! Lieber einmal zu viel als einmal zu wenig!
Und anschließend:
• Oberkörper hochlagern
• Ruhe herstellen, z. B. vor Schaulustigen abschirmen
• ggf. beengende Kleidung (Pullover, Jacke, Gürtel) etwas öffnen
• Frischluftzufuhr, wenn es in der Hütte passiert
• betroffene Person nicht allein lassen, gut psychisch betreuen
• bei Bewusstlosigkeit stabile Seitenlage oder bei fehlender Normalatmung Herzdruckmassage und Beatmung
• Warten auf die Bergwacht
Im Unterschied zu Schwäche aufgrund von Kreislaufproblemen darf bei Verdacht auf Herzprobleme/einen Herzinfarkt kein Essen oder Trinken eingenommen werden. Die Person darf auch nicht in Schocklage gebracht werden.
Die Serie »Erste Hilfe am Berg« entsteht in Zusammenarbeit mit dem VDBS (Verband Deutscher Berg- und Skiführer) und der Firma Ortovox.
Ortovox bietet mit der
Safety Academy kostenlose Online-Tutorials zu Sicherheitsthemen an und veranstaltet alpine Erste-Hilfe-Kurse mit der
Autorin Daniela Hornsteiner an. Alle Termine gibt es
hier.
Artikel aus Bergsteiger 07/19. Hier geht's zurück zu Teil 1 der Serie Erste Hilfe am Berg.
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