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04.05.2011

Absturz am 52. Geburtstag

Erhard Loretan ist tot. Am 28. April 2011, seinem 52. Geburtstag, stürzte der Schweizer Extrembergsteiger und Bergführer Erhard Loretan tödlich ab.
 
 
Loretan war als Führer mit einer 38jährigen Klientin auf dem Weg zum Grünhorn in den Berner Alpen, als die beiden auf etwa 3800 Meter Höhe aus noch ungeklärter Ursache abstürzten. Loretan starb noch am Unfallort, seine Begleiterin wurde mit mehreren Brüchen und inneren Verletzungen ins Krankenhaus gebracht.
Loretan gilt als der größte Schweizer Alpinist seiner Generation. Er war der dritte Mensch, der auf allen 14 8000ern stand und nach Reinhold Messner der Zweite, der dieses Ziel ohne künstlichen Sauerstoff erreichte. In Erinnerung bleiben wird jedoch vor allem die Art und Weise, in der Loretan seine Gipfel bestieg: leicht und schnell, wie es erst heute, viele Jahre später, unter Top-Alpinisten wieder üblich ist. Beispielhaft für diesen wegweisenden Stil steht die Blitzbesteigung des Mount Everest 1986 in nur 40 Stunden. Weitere Marksteine in Loretans Bergsteigerleben zeugen ebenfalls von der eindrucksvollen Leichtigkeit seines Stils: 1983 bestieg er drei 8000er in nur 17 Tagen, 1986 38 Gipfel der Kaiserkrone im Wallis in 19 Tagen, 1989 13 Alpennordwände in 13 Tagen. Daneben stehen zahlreiche Erstbegehungen in den Anden und weitere große Routen wie die Ostwand des Nameless Tower.
Aber Loretan ist vor allem ein tragischer Held der Berge: 1984 geriet ein Rückzugsversuch aus der Westflanke der Annapurna zu einem Drama, bei dem Loretan seinen Kletterpartner Jean-Pierre Allain verlor. Im »Wettlauf« um die Bronzemedaille an den 8000ern kam im Oktober 1995 Benoît Chamoux, Loretans Konkurrent, 50 Meter unter dem Gipfel des Kangchendzönga ums Leben – nur einen Tag nachdem Loretan diesen bezwungen hatte. So rückten sein Erfolge immer wieder gegenüber den Unglücken in den Hintergrund. Es klingt fast wie ein Abschiedsgruß, was er im Mai 2010 beim Trento-Filmfestival in eine Kamera sagte. »Ich möchte mich bei all den Bergen bedanken, für fast 40 Jahre haben sie mir erlaubt zu klettern. Mit dieser Leidenschaft habe ich bis jetzt ein außergewöhnliches Leben gehabt«.