Bergsteiger-Blog
Ein Amateurbergsteiger auf Everest-Expedition – Teil 17
© Damien Francois
Der Eisfall mit der vom Wind gepeitschten (links) Westschulter und (im Hintergrund) Lhotse. Es sind keine Wolken, sondern Schnee, der vom Berg weggepustet wird!
Der Eisfall mit der vom Wind gepeitschten (links) Westschulter und (im Hintergrund) Lhotse. Es sind keine Wolken, sondern Schnee, der vom Berg weggepustet wird!
12. Mai – EBC
Das Wetter ist chaotisch. Obwohl die Temperaturen bislang weit über dem Durchschnitt lagen, zumindest am EBC, wird es hier »unten« (auf 5330 m :-)) seit drei Nächten wieder kälter und windig, stürmisch sogar. Auch in der Höhe sind die Winde stark – vom Base Camp aus sehen wir, wie die Westschulter des Everests und der Lhotse stark vom Wind gepeitscht werden. Jedoch sind die Seile jetzt bis zum »Balcony« (8440 m) verlegt worden. Es fehlen also noch gut 400 Höhenmeter bis zum Gipfel. Ob die Route heute »präpariert« wird ist fraglich, da wir vom EBC aus beobachten können, wie der Wind da oben wütet.Zunächst sah es so aus, als würde es frühe »Summits« geben; inzwischen ist es so, dass die Seile verhältnismäßig spät in der Saison verlegt werden. Mit der Konsequenz, dass sich natürlich mehr Everest-Aspiranten bei der ersten Möglichkeit hochdrängen werden. Stau vorprogrammiert – und Erfrierungen auch. Ich erinnere mich, dass vor ein paar Jahren die Seile bereits Ende April verlegt worden waren.
Umgang mit der Gefahr
Trotz der Tatsache, dass das Wetter in letzter Zeit wie die Derwische »spinnt«, ist die Frühjahrssaison 2018 am Everest die »sicherste« überhaupt, hat es bislang doch nur 2 Verletzte gegeben. Wir können bloß hoffen, dass dies auch so bleiben wird, wissen aber auch aus Erfahrung, dass der erste Gipfelsturm in der Regel die meisten Probleme, sprich Toten sieht. Ja, man muss schon ein wenig abenteuerlich gepolt sein, also leichtsinnig, um eine Mount Everest-Besteigung anzugehen, aber selbstmörderisch ist das Unterfangen keineswegs. Wir versuchen hier oben nicht Gefahren zu provozieren. Beim Höhenbergsteigen geht es vielmehr darum, sich in gefährlichen Umgebungen zu bewegen und dabei die Gefahren zu umgehen. Natürlich kommt mir jetzt das bekannte Nietzsche-Zitat in den Sinn: »Was mich nicht umbringt macht mich stärker« (Götterdämmerung, 1888).
Zum jetzigen Zeitpunkt soll unser Gipfelsturm am 14. Mai, also übermorgen beginnen. Ein letztes Mal werden wir durch den Eisfall steigen und hoffen, dass der letzte Abstieg durch eben diesen ein ganz besonderer Gang sein wird, und zwar der Abstieg als »Everest-Besteiger«! Zumindest für den Franzosen Patrick und mich, denn unsere Bergführer Pasang Nuru Sherpa und Temba Bhote können bereits auf viele erfolgreiche Everest-Begehungen zurückblicken. Ob ich, ob wir es schaffen, das kann zum jetzigen Zeitpunkt niemand sagen. Wir fühlen uns gut, wir haben uns bisher gut akklimatisiert und sind weder erkrankt, noch haben wir uns eine Verletzung zugezogen. Wir sind bereit, das große Abenteuer anzugehen. Aber ein solches Unterfangen bleibt immer, trotz imposanter Logistik und »Assistenz« seitens unserer Sherpas und Bergführer, von einem Schleier der Ungewissheit umhüllt. Es gibt einfach zu viele Komponenten und Aspekte einer solchen Expedition, bei denen auch etwas schief gehen kann und woraus sich Negatives entwickeln kann. Die gängige Behauptung, die in den Mainstream-Medien so oft zu lesen oder zu hören ist, der Everest-Gipfel sei uns »reichen Kunden« (Hahaha!!! wenn die wüssten...) quasi garantiert, wenn wir die Sherpas ausreichend bezahlten – diese würden uns sozusagen den Berg herauf- und wieder heruntertragen –, ist schlichtweg Quatsch. Selbst für ein Sherpa bedeutet eine Everest-Besteigung eine extreme Belastung – nicht bloß, weil sie tatsächlich viel mehr »arbeiten« als wir, die Kunden. Nein, einfach weil der Everest, selbst bei all seinen »präparierten« Fixseilen und Leitern nun einmal der höchste Berg ist. Schluss, Punkt! Tashi delek!
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Damien Francois