Ein Amateurbergsteiger auf Everest-Expedition – Teil 18 | BERGSTEIGER Magazin
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Ein Amateurbergsteiger auf Everest-Expedition – Teil 18

Der Belgier Damien Francois träumt vom Everst – und zwar schon ziemlich lange. Im Frühjahr 2018 unternimmt er seinen vierten Versuch, er will endlich das Dach der Welt erklimmen. Den Verlauf der Expedition schildert er im Bergsteiger-Blog.
Teil 18: Everest Base Camp – Es bleibt wohl ein Traum
 
© Damien Francois
Die Gipfelpyramide des Everest, fast zum Greifen nah: Vom Camp 2 aus sind »nur« 2350 Höhenmeter bis da oben.
»Welcome to Everest!«, sagte mir der immer freundliche Willy Benegas (Benegas Brothers Expeditions) beim Runterkommen ins Lager 2. Ich war ja schon länger da und hatte Willy, der sein Lager neben unserem hatte, auch oft getroffen und mich mit ihm ausgetauscht. Aus welchem Anlass sagte er das nun? Weil ich bestürzt berichtete, dass wir einem sterbenden Sherpa nicht geholfen hätten, als wir am frühen Morgen des 17. Mai vom dritten ins vierte Lager aufbrachen.

Ich forderte zwar, dass wir anhalten, und wollte dem Sterbenden Dexamethasone verabreichen, um dann eine Rettung zu organisieren – oder zumindest um herausfinden, wer er war und wer diese Rettung übernehmen/koordinieren sollte. Doch gingen alle weiter und selbst mein ansonsten perfekter »climbing Sherpa« Temba Bhote sagte mir, ich solle mich auf meine Besteigung konzentrieren. Er versuchte nur dem Sherpa, der seine Hände ohne Handschuhe, mit Erfrierungen, mit letzter Kraft hochhielt, ein paar Informationen abzugewinnen, doch ohne Erfolg – der arme Kerl brachte keinen Ton heraus und sein Gesichtsausdruck war bereits der eines Toten. Wir waren zwar alle in einer »anderen Welt«, da oben, aber sein Blick sah bereits »außerweltlich« aus. Ein anderer Toter (womöglich der Russe Rustem Amirov) lag gut sichtbar, halb in einem Zelt, hinter dem auf dem Boden liegenden Sherpa. In einem zweiten, geschlossen Zelt daneben sollte ebenfalls eine Leiche liegen.
 
Wie die Hölle 

Viel, früh morgens, auf fast nüchternen Magen. Danach ging es nur noch steil, sehr steil – bis 70° – in Richtung »Yellow Band« weiter. Mir war kotzübel und ich bekam die Bilder des Toten und des Sterbenden nicht mehr aus dem Sinn. Doch ich stieg weiter auf. Aber auch die Sonne schien immer höher, direkt über uns, zu steigen, mit dem Ergebnis, dass sie immer stärker wurde und die eigentlich »eisige Höhe« unter dem Gelben Band (circa 7600 m) in eine Sauna, ein Inferno verwandelte. Im dicken Daunenanzug auf einer steilen vereisten Wand: 40° C durch die Sonnenreflexion? Ich wusste, dass es »heiß« werden würde, aber diese Hitze und die innere »Aufgewühltheit« wegen der armen Kerle, die da lagen, tja, sie überraschten mich.
 
Irgendwie ist es zum jetzigen Zeitpunkt egal, ob ich oben war oder nicht. Ich hörte eben, es seien noch mehr Bergsteiger »verschollen«. Die vor allem zu einem größeren, dem größten (über 80 Kunden!) Expeditionsanbieter gehören sollen. Es würde aber nicht darüber geredet, wegen des Rufes des Veranstalters, natürlich. Ob das stimmt oder nicht, das weiß ich zur Zeit nicht. Ich werde in den nächsten Tagen mit guten Kontakten (Billi Bierling von der Himalayan Database, u.a.) versuchen zu klären, was Wirklichkeit ist. Zur Zeit brummt mir der Kopf und es gibt vieles, das ich verarbeiten muss.
 
Ich werde meine Everest-Geschichte in einem längeren Beitrag für den Bergsteiger erzählen. Lieber Leser, hab' Geduld, ich brauche etwas Zeit. Es ist nicht einfach «runter zu kommen«... In jeder Hinsicht, für einen Amateur-Bergsteiger, das höchste der Gefühle: Der Dritte Pol, das Dach der Welt, Jomolangma, Sagarmatha, Mount Everest, 8850 Meter!


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Damien Francois