Bergsteiger-Blog
Ein Amateurbergsteiger auf Everest-Expedition – Teil 16
© Damien Francois
Lawine im Khumbu-Eisfall
Lawine im Khumbu-Eisfall
9. Mai, EBC
Wovor wir uns alle fürchten: Eine Lawine, die vom knapp 8000 Meter hohen Nuptse in den Khumbu-Eisfall herunterstürzt... Wie soeben geschehen, gegen 9.30 Uhr. Anscheinend war zum Glück zu dieser Zeit niemand im betroffenen Teil des Eisfalls. Bislang waren die Lawinenabgänge selten, im Vergleich zu den anderen Jahren. Aber seit ein paar Tagen mehren sie sich, wohl wegen des warmen Wetters. Gestern Nacht durften wir einem imposanten Naturschauspiel beiwohnen, einem starken Gewitter über dem Khumbu: Blitze, die den ganzen Himmel, die 7000er und den Lhotse, alles um uns herum in einem dramatischen Spiel von Licht und Schatten inszenierten; der Donner, der Ping-Pong in der welthöchsten Kulisse spielte. Wenn man im Zelt liegt, bekommen diese Naturphänomene selbstverständlich eine ganz eigene Qualität: Das Sublime ist fast greifbar, man ist mitten drin.Lichtspiele über dem Everest Base Camp
Wenn ich die Bilder mit den apokalyptischen Szenen vom 25. Mai 2015 (Erdbeben der Stärke 7,9 und anschließende Lawine am EBC) vor meinem geistigen Auge sehe, lässt mich das Ganze ein wenig erahnen, was der kosmische Endzeit-Tanz des Natarajas (ein Avatar des wilden Gott der Götter, Shiva, siehe Bild rechts) sein könnte.
Es geht voran
Nicht nur im Kosmos, sondern auch hier unten im Everest Base Camp tut sich etwas. Die neuesten Prognosen sehen vor, dass am 11. Und 12. Mai die Seile vom vierten und letzten Lager auf knapp 8000 Metern bis zum Gipfel verlegt werden, sodass wir womöglich – sollten die Wettervorhersagen danach gut aussehen – unseren Ansturm auf den Gipfel am 12. oder 13. Mai vom EBC aus starten könnten. Es tut einfach gut, nicht zuletzt seelisch, sich auf die Bewegung in noch dünnere Luft zu fokussieren. Das, wofür die meisten von uns Amateuren seit Jahren trainieren, sich vorbereiten und Opfer bringen, wird bald Realität werden: Der Aufstieg in die göttlichen Sphären des Dritten Pols steht endlich an. Finito das Als-Ob, jetzt ist die Zeit für »the real thing« gekommen: Ich bin tatsächlich bereit die »Stirn der Jomolangma zu küssen«, wie mein Freund Dr. Lhakpa Norbu Sherpa poetisch in seinem liebenswerten Vorwort zu meinem Buch über die heiligen Berge Nepals schreibt.
Jomo Myo Langsangma, die Göttin, die auf dem Mount Everest (Jomolangma-Sagarmatha) residiert
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