Blog: Einbeinig auf dem Weg zur ersten Skitour – Teil 4 | BERGSTEIGER Magazin
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Blog: Einbeinig auf dem Weg zur ersten Skitour – Teil 4

2016 überquerte Jacqueline Fritz die Alpen – auf einem Bein und mit Krücken. Jetzt hat die beinamputierte Sportlerin ein neues Projekt: Sie will auf Skitour gehen. Doch dafür muss sie zunächst Skifahren lernen. Im Bergsteiger-Blog erzählt sie von ihren Fortschritten.
Teil 4: Pause vom Skifahren, Zeit für Neues
 
© Peter Musch
Die letzten Tage waren wahnsinnig anstrengend für mich.  Meine Muskeln sind ausgelaugt und müde vom Training. Dafür klappt es meiner Meinung nach inzwischen ziemlich gut. Die einfache Piste fahre ich schon alleine. Wenn viel los ist, hilft mir Saskia bei den Kurven. Denn ich werde immer noch unsicher, wenn mehrere Skifahrer um mich herum sind. Auf keinen Fall möchte ich jemanden umfahren. Wir wollen noch einen Tag auf der Piste fahren und danach einfach mal zwei Tage Pause machen.

Da das große Endziel ja die Skitour ist und mein Begleithund Loui mitkommen soll, beschließen Saskia und ich, mit ihm die Gassirunden auf Tourenski zu gehen. So kann auch ich mich ganz behutsam an die Bewegungen, die ich später im Gelände benötige, gewöhnen. Für die Anfänge nehmen wir uns das Oberautal vor. Hier sind keine Steigungen und Abfahrten zu bewältigen.
 
Für mich ist es erst mal ein komisches Gefühl, so »frei« im Ski zu sein. Ich muss herausfinden, wie ich den Ski schiebe, wo ich den Fuß belaste und wann ich mich am besten mit den Krücken abstoße. Ebenso sind die Schrittlänge und der Knick des Fußes zu beachten. Beim normalen Gehen mache ich mir darüber gar keine Gedanken mehr. Aber schon beim kleinsten »Fehler« merke ich die Auswirkung. In solchen Situationen kann man ganz schnell aus dem Gleichgewicht kommen. 


Es geht doch

Nach ca. 100 Metern finde ich langsam meinen Rhythmus. Irgendwie fällt mir das Gehen mit Ski viel leichter als gedacht. Allerdings muss ich mir mit meinen Krücken was überlegen. Wenn der Schnee tiefer ist, sinke ich fast bis zum Boden ein, was natürlich wahnsinnig anstrengend ist. Bei jedem Einsinken muss ich harte Schläge auf die Mittelhandknochen einstecken. Das ist ziemlich unangenehm. Was ich benötige, sind Krücken mit Tellern! Da werde ich mir kommende Tage etwas überlegen.

Das Gassigehen auf Ski wird ab heute mein tägliches Workout. So kann ich auch Loui an die Ski gewöhnen. Für ihn wäre das Ziel, bergauf vor uns zu gehen und beim Abfahren hinter uns zu sein. Dies dient als Vorsichtsmaßnahme, damit ich nicht in ihn hineinfahre. Auf Zuruf soll er direkt hinter mir von links nach rechts wechseln. Bei einer Abfahrt, die Saskia und ich gemeinsam bewältigen müssen, haben wir uns überlegt, dass er in ihrem Pflug mitläuft. 

Neben meinem Training kommt nun also Louis mit dazu. Im Sommer begleitet er mich auf meinen Bergtouren, wird speziell ausgebildet und hilft mir unter anderem bei der Wegfindung. Er hat wahnsinnig viel Spaß an der Arbeit. Und so wird er zukünftig auch ein treuer Begleiter bei unseren Bergabenteuern im Winter sein.





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Jacqueline Fritz
Fotos: 
Peter Musch