Faszination Winterwandern
Gemütlich und abwechslungsreich – zur Bodenalm
Ein bezaubernder Ort. Auch – oder vielleicht gerade, weil es manchmal den Anschein hat, als sagten sich hier Fuchs und Has’ »Gut’ Nacht«: Prägraten am Großvenediger ist eines der hinreißendsten Bergdörfer ganz Ost- und Nordtirols und liegt im herrlichen Virgental, das von Matrei in Osttirol gen Westen verläuft. Seine Ruhe und gewaltigen Berge locken mich immer wieder über den Felbertauern – sogar im Winter! Denn für Wanderer hat die Gegend auch dann einiges zu bieten. Mein Favorit ist die Tour zur Bodenalm, weil ich hier noch unverfälschte Kultur und Landschaft genießen kann. Sind es anfangs noch die alten Holzhäuser, an denen ich mich kaum sattsehen kann, folgt bald der gemütliche Aufstieg durch lichten stillen Winterwald: Die Sicht wird frei und mein Blick schweift hinüber zum markanten Berger Kogel, dem Hausberg Prägratens. Besonders romantisch ist das letzte Wegstück meiner Wanderung, auf dem man meist nur einem angetretenen Pfad folgt – umgeben von Einsamkeit und ursprünglicher Natur. Ich kann mir keinen schöneren Platz vorstellen, an dem ich in der kalten Jahreszeit meine Seele baumeln lassen möchte!
Edith Schallert
Nicht ohne meinen Schlitten – Firstalm und Brecherspitze
Michael Pröttel
Eine »geht« immer – die Kneifelspitze
Eigentlich mehr ein »Spitzchen« mit ihren knapp 1200 Metern Höhe, ist die Kneifelspitze das Idealziel für eine Winterwanderung. Ein meist gespurter, denkbar harmloser Winter-Bergspaziergang, der auch für Familien mit Kindern bestens geeignet ist. Die Kneifelspitze ist, wie der Tote Mann im Lattengebirge, ein »Inselberg«: Sie steht isoliert und trotzdem umgeben von allen möglichen mehr oder minder markanten Gipfeln. Ich mag die Kneifelspitze deshalb so gern, weil sie den allerschönsten – sozusagen den klassischen – Blick auf den Watzmann beschert. Ob von der Paulshütte auf dem höchsten Punkt oder von der Marxenhöhe, ist Geschmackssache. Letztere ist rasch erreichbar. Sie »geht« auch noch für Verkaterte, Schwergewichtige oder Magersüchtige; auch noch für nicht mehr ganz so Fitte und für solche, die das Zipperlein gar zu sehr plagt. Auch für die, die einmal zügig am Berg unterwegs waren und sich vielleicht eine Herzschwäche eingefangen haben. Bis zur Marxenhöhe reicht’s allemal. Selbst wenn ich eines Tages nur noch im Schneckentempo unterwegs sein werde: Da ’rauf, das ist immer realisierbar. Und dann zumWatzmann hinüberträumen: »Weißt du noch…«
Horst Höfler
Bahnlos glücklich – der Wank
Wenn draußen Minusgrade herrschen, es graupelt, der Himmel grau und meine Laune mies ist, hilft eines: blauer Himmel, aus dem die Sonne lacht, Aussicht auf tausend Höhenmeter und eine leichte Weiße. All das bietet der Wank, und noch dazu einen formidablen Blick auf die Zugspitze. Deren Gipfel ist zwar über einen Kilometer höher, doch das stört uns nicht. Nach drei Stunden Aufstieg – die Hosenbeine sind nass, Lunge und Seele aber bestens ausgelüftet – sitzen wir auf der Terrasse des Wankhauses. Obwohl die Sonne recht tief steht, wärmt sie angenehm. Es riecht nach Schweinsbraten vom Nachbartisch. Und dort schmilzt das Bier schneller weg, als der Schnee auf dem Hüttendach.»Was für ein Glück«, sage ich zu Hildegard, die sich gerade mit einer Speckknödelsuppe innerlich aufwärmt, »dass die Bahn nicht fährt«. Die hat Betriebsruhe. Alle hier oben sind zu Fuß aufgestiegen und freuen sich über das schöne Wetter und die eigene Leistung. Zwar sind wir nicht allein, aber der Andrang hält sich in Grenzen. Und niemand hat das Bedürfnis, sich in einen Liegestuhl vors Haus zu flätzen und auf diese Weise Solarstrom zu tanken. Uns scheint die Sonne auch so bis in den hintersten Winkel der Seele. Und Frühling – dieser klitzekleine Gedanke lässt sich nicht ganz vertreiben – wird’s ja auch irgendwann…
Eugen E. Hüsler
Spaziergenuss oberhalb der Baumgrenze – das Kreuzjoch
Knarzend gibt der frischgewalzte Pulverschnee unter den groben Stollen meiner Winterwanderschuhe nach; dick vermummte Gestalten spazieren gemütlich in der schneebedeckten Almlandschaft der Tuxer Alpen. Strahlend weiß glitzert der weite Bergkessel um den Si-danbach vor mir in der Wintersonne – umkränzt vom Bergkamm, der vom Rosskopf über den Skigipfel des Rastkogels bis hin zum Sandegg zieht. Zur Rastkogelhütte (2117 m) ist es der pure Genuss über der Baumgrenze: Kinder machen Schneeballschlachten, Hunde toben umher oder ziehen Schlitten; wirklich anstrengen muss sich nach den Einstiegskehren zwischen den weitstehenden Zirben der Baumgartenalm niemand mehr. Das »Sahnehäubchen« Kreuzjoch kostet dann doch etwas Schweiß, da man die 270 Höhenmeter hinauf in der angelegten Spur meist zügig überwindet. Unterhalb einer Steilflanke liegen dort die sanftgewellten Hänge der Pigneidalm, die wirken, als ob man sich in der Arktis befände. Und dahinter streben in der Ferne die weiß geschmückten Granitspitzen der Zillertaler Alpen in den kristallklaren Himmel – dominiert von der Ahornspitze über Mayrhofen. Nach dem »Sahnehäubchen« in Sachen Augenschmaus folgt der kulinarische in der Rastkogelhütte: Heiße Schokolade und Apfelstrudel »mit Schlag«.Christian Schneeweiß
Frostiger Kaiserblick – vom Pendling
Das neue Jahr, gerade wenige Stunden alt, zeigt sich von seiner besten Seite. Der nächtliche Schneefall hat die Landschaft rund um den Pendling mit flauschiger Watte belegt. Um uns herum funkelt und glitzert ein Teppich aus Schneekristallen, dass mir meine übernächtigten Augen brennen. Als eine Fichte ihre weiße Last unwillig auf mir ablädt, bin ich hellwach. Zum Glück – es wäre doch zu schade, diesen Bilderbuch-Wintertag nicht mit allen Sinnen zu genießen. Der Nordwind hat das Gipfelkreuz am Pendling in eine bizarre Schneeskulptur verwandelt. In freiem Fall saust mein Blick über tausend Meter hinab ins Inntal, wo sich Häuserwürfel um die Festung in Kufstein scharen und der Inn eine blaugrüne Schlangenlinie in das Weiß zeichnet. Gegenüber blicke ich in das froststarre Antlitz des Wilden Kaisers. Die Januarkälte lässt auch mein Gesicht einfrieren. Eine willkommene Wohltat ist jetzt die gemütlich warme Gaststube des Pendlinghauses, das als exponierter Logenplatz auf dem Bergkamm thront. Der Geruch von frischem Kaiserschmarrn weht mir in die Nase. Ein paar Pfunde mehr auf den Rippen können schließlich nicht schaden bei der Zugabe, die mich im Abstieg erwartet. Schnee stiebt mir wie Puderzucker ins Gesicht, als ich von der Kalaalm an auf flotten Kufen gen Tal sausen.Franziska Baumann
Nie langweilig – die Rotwand
Ob es nicht langweilig sei, immer auf Berge zu steigen, wollte kürzlich ein Bekannter wissen. »Wird dir etwa beim Fußballspielen langweilig? Schau’ dir die Rotwand an: Auf die kann man immer wieder hinaufsteigen, ohne dass es langweilig wird. Die ersten flachen Schritte zum Aufwärmen, dann geht es durch Hochwald aufwärts, du siehst hinunter in den winterlichen Talgrund und hinüber ins Skigebiet. Nach oben hin wird die Landschaft freier, einzelne verschneite Fichten stehen am Wegrand, eine Hasenspur zur Rechten, die Wildfeldalm zur Linken. Und wenn du schließlich über die Kuppe kommst und das Rotwandhaus siehst und drüber den Gipfel der Rotwand – einfach schön! Im Rotwandhaus lässt sich’s trefflich einkehren und in einer gemütlichen, alten Holzstube sitzen, und man kann weiter auf den Rotwandgipfel gehen. Der Blick von dort oben – unbeschreiblich! Das Beste kommt zum Schluss: Fast die gesamte Strecke kannst du mit dem Rodel abfahren. Und dann das Wetter und das Licht! Das ist nie gleich, immer ein neues Erlebnis, selbst wenn du das ganze Jahr jeden Tag hinaufsteigen würdest. Und dann…« Mein Bekannter winkt ab – am nächsten Wochenende wird er wohl auch einmal zum Rotwandhaus gehen…Andrea Strauß