Pro & Contra
Skibergsteigen als Massensport
© DAV/Manfred Scheuermann
Skibergsteigen, besonders Pistengehen, boomt.
Skibergsteigen, besonders Pistengehen, boomt.
Am 11. Dezember trafen zwei Pressemitteilungen in der Redaktion ein. Die erste betraf das 3. Austria Skitourenfestival (Stargast: Reinhold Messner) in Lienz. Überschrift: »Tourismusforscher: Skibergsteigen die Zukunft in Osttirol«. Darunter bescheinigte Dr. Roland Zegg der Region Osttirol das Potential, »eine ähnliche Entwicklung wie Zermatt« zu nehmen. Auch Osttirols Tourismusobmann Franz Theurl schwärmte von einem »enormen Markt« und versprach, »begleitende touristische Maßnahmen « einzuleiten.
Die zweite kam aus Innsbruck. Überschrift: »Tourengehen im Einklang mit der Natur – Projekt im Sellrain gestartet«. Im Sellrain, das jeden Winter 25.000 Skitourengeher besuchen, ließ die Tiroler Regierung kürzlich Wildschutzzonen und Abfahrtsschneisen einrichten. Nötige Lenkungsmaßnahmen, weil »die immer stärker werdende Beanspruchung der Natur auch zu Konflikten führt«, wird der Tiroler Vize-Landeshauptmann Josef Geisler zitiert.
Der Boom des Sports hat viele Ursachen. Eine dürfte im beständigen Niedergang des Alpinskifahrens liegen. Pistenrowdies, teure Skipässe – da lockt das Versprechen vom kostenlosen Tiefschneehang. Wirklich sichtbar wird der Zulauf im Skitourensport aber ganz woanders: nämlich auf den Pisten, die dank Schneegarantie, Lawinensicherheit, bequemer Abfahrt und Einkehrschwung längst als Kletterhallen der Skibergsteiger fungieren. Mit dem feinen Unterschied, dass die für Kletterer auch zu diesem Zweck errichtet wurden.
Die Alpenvereinssektion Ahrntal (Südtirol) warnte Tourengeher davor, »die Skipisten tagsüber regelrecht zu besetzen«, sonst seien Totalverbote die Konsequenz. Ein solches verhängte das Skigebiet Flachau (Salzburger Land) tags zuvor, am 14. Dezember. Die Masse an Tourengehern sei zu gefährlich, zitierte der ORF die Flachauer Bergbahnen.
Auch im Innsbrucker Raum, wo sich Tourengeher und Liftbetreiber mit einem beispiellosen Angebot an Tourenabenden arrangiert haben, bedrohen schwarze Schafe durch Missachtung den fragilen Frieden. Am 16. Dezember gab der Verband der österreichischen Skibergsteiger (SKIMO) eine Pressekonferenz unter dem Titel »Von der Nische zum Wirtschaftsfaktor«.
»Kometenhaft« sei der Aufstieg des Tourenskigehens, die Zielgruppe habe sich »vom schrulligen Einzelgänger zum kollegialen Multisportler« gewandelt. Zwar werde sich der Aufwärtstrend »verflachen«, prognostizierte Karl Posch, sportlicher Leiter der ÖSV-Skibergsteiger. Bis dahin, und solange sie sich von Alpinskifahrern nur im Aufstiegsmodus unterscheiden, müssen sich Tourengeher aber die Frage gefallen lassen, ob sich ihre Interpretation des Wintertourismus tatsächlich als so »sanft« und »nachhaltig« bezeichnen lässt, wie es derzeit der Fall ist.
Die zweite kam aus Innsbruck. Überschrift: »Tourengehen im Einklang mit der Natur – Projekt im Sellrain gestartet«. Im Sellrain, das jeden Winter 25.000 Skitourengeher besuchen, ließ die Tiroler Regierung kürzlich Wildschutzzonen und Abfahrtsschneisen einrichten. Nötige Lenkungsmaßnahmen, weil »die immer stärker werdende Beanspruchung der Natur auch zu Konflikten führt«, wird der Tiroler Vize-Landeshauptmann Josef Geisler zitiert.
Der Boom einer Sportart
Die Tiroler Mails sind nur zwei von vielen Schlaglichtern, die das Dilemma des anhaltenden Skitourenbooms beleuchten. Sporthändler jubeln über zweistellige Wachstumsraten, in Österreich schätzte man die Umsätze mit Tourenausrüstung zuletzt auf 190 Millionen Euro pro Jahr. Anderen bereitet die schiere Masse der Tourengeher Sorge. Im freien Gelände sind Skibergsteiger zwar seit jeher Störfaktor für Bergwald und -wild – der Trend, zu jeder Tages- und Nachtzeit durch die Schutzzonen zu stiefeln, ist aber auch für Umweltschützer neu.Der Boom des Sports hat viele Ursachen. Eine dürfte im beständigen Niedergang des Alpinskifahrens liegen. Pistenrowdies, teure Skipässe – da lockt das Versprechen vom kostenlosen Tiefschneehang. Wirklich sichtbar wird der Zulauf im Skitourensport aber ganz woanders: nämlich auf den Pisten, die dank Schneegarantie, Lawinensicherheit, bequemer Abfahrt und Einkehrschwung längst als Kletterhallen der Skibergsteiger fungieren. Mit dem feinen Unterschied, dass die für Kletterer auch zu diesem Zweck errichtet wurden.
Die Kletterhallen der Skibergsteiger
Noch vor wenigen Jahren mussten sich versprengte Pistengeher aus dem Sessellift fragen lassen, ob sie kein Geld für die Liftkarte hätten. Heute sind sie den Alpinskifahrern zahlenmäßig durchaus gewachsen. Das birgt Zündstoff. In Bayern musste zuletzt der Verwaltungsgerichtshof das Zugangsrecht für Skipisten klären. Auch dieses Jahr kam es im schneearmen Frühwinter mancherorts zum Eklat, weil sich Tourengeher auf den mühsam zusammengekratzten Kunstschneebändern tummelten – was selbst der Geschäftsführer einer Firma für Steigfelle als »irgendwie schräg« bezeichnete.Die Alpenvereinssektion Ahrntal (Südtirol) warnte Tourengeher davor, »die Skipisten tagsüber regelrecht zu besetzen«, sonst seien Totalverbote die Konsequenz. Ein solches verhängte das Skigebiet Flachau (Salzburger Land) tags zuvor, am 14. Dezember. Die Masse an Tourengehern sei zu gefährlich, zitierte der ORF die Flachauer Bergbahnen.
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Auch im Innsbrucker Raum, wo sich Tourengeher und Liftbetreiber mit einem beispiellosen Angebot an Tourenabenden arrangiert haben, bedrohen schwarze Schafe durch Missachtung den fragilen Frieden. Am 16. Dezember gab der Verband der österreichischen Skibergsteiger (SKIMO) eine Pressekonferenz unter dem Titel »Von der Nische zum Wirtschaftsfaktor«.So bleiben Sie immer auf dem neuesten Stand!
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»Kometenhaft« sei der Aufstieg des Tourenskigehens, die Zielgruppe habe sich »vom schrulligen Einzelgänger zum kollegialen Multisportler« gewandelt. Zwar werde sich der Aufwärtstrend »verflachen«, prognostizierte Karl Posch, sportlicher Leiter der ÖSV-Skibergsteiger. Bis dahin, und solange sie sich von Alpinskifahrern nur im Aufstiegsmodus unterscheiden, müssen sich Tourengeher aber die Frage gefallen lassen, ob sich ihre Interpretation des Wintertourismus tatsächlich als so »sanft« und »nachhaltig« bezeichnen lässt, wie es derzeit der Fall ist.
Thomas Ebert
Artikel aus Bergsteiger Ausgabe 02/2016. Jetzt abonnieren!
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