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Modell für nachhaltigen Bergtourismus: Bergsteigerdorf Ramsau
© Thomas Ebert
Mehr bleibt vom Kuchen an der wunderbaren Schärtenalm nie übrig.
Mehr bleibt vom Kuchen an der wunderbaren Schärtenalm nie übrig.
Die Weinbergschnecke ist in Sicherheit. Der Ramsauer Tourismuschef Fritz Rasp, der in seiner Ledernen, mit Stoffrucksack und Filzhut nach eigener Aussage aussieht »wia a Ganghofer Jager«, hat sie vor der Schnauze seines Hundes Vinzenz gerettet und ins Unterholz gesetzt. Wer hier, vor der Ramsauer Wallfahrtskirche »Maria am Kunterweg«, noch an Zeichen und Wunder glaubt, könnte darin ein Symbol für den Alpentourismus sehen: Ohne fremde Hilfe überleben die Langsamen nicht. Man schafft sie aus dem Weg, weil ohne 360-Grad-Gondeln und Sechsersessel zu wenig Umsatz herangeschaufelt wird. Man setzt sie in eine Schutzzone namens Bergsteigerdorf, verteilt Broschüren und hofft, dass sich jemand für sie interessiert.
Bergdorf: Ramsauer Ache und St. Sebastian vor dem Wagendrischelhorn
»Keine großen Gewerbegebiete« lautet eine Auflage. Check
Was für die Ramsau im Prinzip bedeutet, dass alles bleibt, wie es ist. Nämlich anders. Das Dorf Ramsau breitet sich entlang der mutmaßlich schönsten Durchgangsstraße Deutschlands, vor den Toren des 1978 gegründeten Nationalparks Berchtesgaden aus. Zwei Drittel der Ramsauer Gemeindefläche liegen innerhalb seiner Grenzen, ebenso vierzehn Almen, die allesamt traditionell bewirtschaftet werden. Zu allen Seiten erheben sich markante Gipfel, darunter Watzmann und Hochkalter.
»Innerhalb von zehn Minuten ist man von jedem Haus auf einem Wanderweg« sagt Rasp, der jährlich daran scheitert, alle Berg- und Wandertouren in den Gästebroschüren unterzubringen. Ramsau hat die höchste Bergführerdichte Deutschlands, von hier stammt der erste autorisierte Bergführer überhaupt. Im winzigen Supermarkt findet man Energieriegel dort, wo sonst die Zigaretten liegen, es gibt Murmeltiersalbe und Schafsmilchseife zu kaufen. Was es nicht gibt: Bettenburgen, Skischaukeln, Après-Ski, Disco.
»Bergnarrisch« nannte Tobias Hipp vom DAV die Ramsauer, nachdem das Gremium die innere und äußere Tauglichkeit des Dorfes vor Ort überprüft hatte. Man könnte leicht denken, dass das Bergfieber in der Ramsau, der Schwanzspitze des bayerischen Löwen, einfach in den Genen liegt. Dass ein Dorfkind, das nicht Skifahren kann, hier dem Untergang des Abendlandes gleichkommt.
Nicht vergessen darf man allerdings, dass auch das Bergbahnfieber einst in der Ramsau grassierte. Noch 1972 erachtete der Gemeinderat eine Watzmannbahn als »lebenswichtig«, erst die Errichtung des Nationalparks verhinderte den Bau. Den Kontrapunkt zum Bergbahnfieber setzte der Forstmeister Georg Küßwetter, der als »Ramsauer Nero« kurz nach dem Weltkrieg Almen und Hütten niederbrannte, um den Ort von »Bergpöbel«, also Touristen, freizuhalten. Lang ist’s her.
Heute wandert man mit Rasp durch den Ort und sieht weder Bahnen noch Brandspuren, dafür irritierend gut gepflegte Wege. Ein Trupp ehemaliger Bergwachtler, zwischen 65 und 80 Jahren alt, hält die Wanderwege freiwillig in Schuss und hobelt jedes einzelne Brett fein säuberlich zurecht. Andere Wege, zum Beispiel die Hochkalterüberschreitung, bleiben absichtlich unversichert, um das alpine Erlebnis zu bewahren.
Tourismuschef Rasp: »Die Ramsau geht jetzt diesen Weg!«
Zugute kommt der Ramsau freilich, dass sie nicht wie manches österreichische Dorf zwischen Mega-Skigebieten zermalmt wird. Auch die Nachbargemeinden haben sich einem sanften Tourismus verschrieben. »Hier ist niemand, der High-Life macht und Funparks eröffnet«, sagt Maria Stangassinger, Prokuristin bei Berchtesgadener Land Tourismus. Das künftige Bergsteigerdorf profitiert vielmehr vom Kulturangebot im Berchtesgadener Talkessel und des Nationalparks. Im Ort selbst muss und wird sich nach der Siegelübergabe nicht allzu viel ändern.
Thomas Bönsch, Betreiber des Wirtshauses Waldquelle, stellt einen neuen Koch ein, weil seine Küche dann bis halb zehn Uhr abends geöffnet haben wird, bis die letzten Bergsteiger von der Watzmannüberschreitung kommen. Die Blaueishütte bleibt Stützpunkt für Wanderer, Bergsteiger und Kletterer und wird die gar nicht wenigen Partyanfragen auch künftig aussortieren, wie Hüttenwirt Raphael Hang erklärt.
Noch am schwersten tat sich das Dorf mit der Auflage, auf Neubau und Erweiterung von Skigebieten zu verzichten – die drei Lifte am Hochschwarzeck kämpfen seit Jahren mit der Rentabilität. Doch das fast schon nostalgisch anmutende, aber von Ski-Zwergerln und Tourengehern gern angenommene Mini-Skigebiet wird auch künftig mit Naturschnee werben.
Für Bürgermeister Gschoßmann liegt die Wahrheit in der Mitte. »Dass Qualität heute ihren Preis hat, sollte bekannt sein. Dass Menschen heute auch bereit sind, diesen Preis zu zahlen, daran müssen wir arbeiten.« Ob man den schwächelnden Wintertourismus, der in der Ramsau knapp 25 Prozent ausmacht, so stärken kann, ist offen. Aber die Richtung steht fest: »Wir sind lange genug den Skifahrern hinterhergerannt«, sagt Rasp. Die Bergsteiger wird’s freuen.
Von der A8 über Ausfahrt Siegsdorf/Traunstein und die B305 nach Ramsau. Öffentlich per Bahn nach Berchtesgaden (von München in 2½ h) und weiter per RVO-Bus Nr. 846 nach Ramsau
WIE WOHNEN?
Die Mauern des Berghotel Rehlegg unter der Führung von Hannes und Franz Lichtmannegger stehen bereits seit dem 17. Jahrhundert oberhalb des Ortszentrums. In den 50er- Jahren wurde der Bauernhof nach und nach in einen Tourismusbetrieb umgewandelt. Mit riesigem Spa-Bereich, Almstube, eigener Schweinezucht, Kräuterkosmetik und CO2- neutralem Energiekonzept fehlt es im Rehlegg an nichts. Holzengasse 16-18, 83486 Ramsau, Tel. 00 49/86 57/98 84 0, www.rehlegg.de
Hotel Wimbachklamm, Rotheben 5, 83486 Ramsau Tel. 00 49/86 57/98 88 0. Das Hotel liegt am Ausgangspunkt für eine ganze Reihe von Touren und bietet u.a. Bergsteigerzimmer mit Rabatt für AV-Mitglieder an. www.hotel-wimbachklamm.de
WO ESSEN?
Das Wirtshaus Waldquelle, Riesenbichl 25, 83486 Ramsau, serviert Bergsteigeressen (Rabatt für AV-Mitglieder), solange noch Gäste vom Berg kommen. Partnerbetrieb des Bergsteigerdorfes, Mittwoch Ruhetag. www.wirtshaus-waldquelle.de
Vom Nationalpark kommend am besten beim Gasthof Auzinger. Danach in den Hintersee! www.auzinger.de (Donnerstag Ruhetag)
Im Ortszentrum beim Oberwirt, der im ältesten Haus der Ramsau serviert. www.oberwirt-ramsau.de
WO ANKLOPFEN?
Touristinformation, Im Tal 2, 83486 Ramsau, Tel. 00 49/86 57/98 89 20. www.ramsau.de
NICHT VERSÄUMEN!
Nach der Bergtour: Beine entspannen im frei zugänglichen Kneippbecken des Bergkurgartens. An einem Schlechtwett ertag das »Haus der Berge« in Berchtesgaden besuchen. Das 2013 eröffnete Nationalparkzentrum spricht mit Kino, historischer Alm, Bildungszentrum und Alpenpflanzengarten garantiert alle an. www.haus-der-berge.bayern.de Hanielstraße 7, 83471 Berchtesgaden, Erwachsene 4 Euro, Kinder bis 16 Jahre 2 Euro.
Mehr erfahren: www.ramsau.de
Lernen Sie das künftige Bergsteigerdorf Ramsau kennen und lieben!
Ihr Angebot:
Bergdorf: Ramsauer Ache und St. Sebastian vor dem Wagendrischelhorn
Ramsau: Nachhaltiger Tourismus und intakte Natur
Genau das wird nicht passieren, wenn Mitte September die Politprominenz in den äußersten Südosten Bayerns kommt und Ramsau zum ersten DAV-Bergsteigerdorf Deutschlands kürt. Denn die Ramsau braucht keine Entwicklungshilfe. Anders als einige Bergsteigerdörfer in Österreich, wo das Konzept erdacht wurde. Mit 330.765 Übernachtungen im Jahr 2014 ist das Siegel nicht der letzte Marketing-Strohhalm für die knapp 1.800 Ramsauer. Sondern die Bestätigung eines Weges, der spätestens seit der Nationalparkgründung eingeschlagen wurde. Für einen nachhaltigen Tourismus, dessen größtes Kapital eine intakte Natur ist. Oder wie CSU-Bürgermeister Herbert Gschoßmann sagt: »Der Tourismus muss bei uns nicht geboren werden. Wir wollen ihm nur hohe Qualität geben und für die Zukunft erhalten.«»Keine großen Gewerbegebiete« lautet eine Auflage. Check
»Innerhalb von zehn Minuten ist man von jedem Haus auf einem Wanderweg« sagt Rasp, der jährlich daran scheitert, alle Berg- und Wandertouren in den Gästebroschüren unterzubringen. Ramsau hat die höchste Bergführerdichte Deutschlands, von hier stammt der erste autorisierte Bergführer überhaupt. Im winzigen Supermarkt findet man Energieriegel dort, wo sonst die Zigaretten liegen, es gibt Murmeltiersalbe und Schafsmilchseife zu kaufen. Was es nicht gibt: Bettenburgen, Skischaukeln, Après-Ski, Disco.
»Bergnarrisch« nannte Tobias Hipp vom DAV die Ramsauer, nachdem das Gremium die innere und äußere Tauglichkeit des Dorfes vor Ort überprüft hatte. Man könnte leicht denken, dass das Bergfieber in der Ramsau, der Schwanzspitze des bayerischen Löwen, einfach in den Genen liegt. Dass ein Dorfkind, das nicht Skifahren kann, hier dem Untergang des Abendlandes gleichkommt.
Nicht vergessen darf man allerdings, dass auch das Bergbahnfieber einst in der Ramsau grassierte. Noch 1972 erachtete der Gemeinderat eine Watzmannbahn als »lebenswichtig«, erst die Errichtung des Nationalparks verhinderte den Bau. Den Kontrapunkt zum Bergbahnfieber setzte der Forstmeister Georg Küßwetter, der als »Ramsauer Nero« kurz nach dem Weltkrieg Almen und Hütten niederbrannte, um den Ort von »Bergpöbel«, also Touristen, freizuhalten. Lang ist’s her.
Heute wandert man mit Rasp durch den Ort und sieht weder Bahnen noch Brandspuren, dafür irritierend gut gepflegte Wege. Ein Trupp ehemaliger Bergwachtler, zwischen 65 und 80 Jahren alt, hält die Wanderwege freiwillig in Schuss und hobelt jedes einzelne Brett fein säuberlich zurecht. Andere Wege, zum Beispiel die Hochkalterüberschreitung, bleiben absichtlich unversichert, um das alpine Erlebnis zu bewahren.
Bis der Letzte satt ist
Tourismuschef Rasp: »Die Ramsau geht jetzt diesen Weg!«
Thomas Bönsch, Betreiber des Wirtshauses Waldquelle, stellt einen neuen Koch ein, weil seine Küche dann bis halb zehn Uhr abends geöffnet haben wird, bis die letzten Bergsteiger von der Watzmannüberschreitung kommen. Die Blaueishütte bleibt Stützpunkt für Wanderer, Bergsteiger und Kletterer und wird die gar nicht wenigen Partyanfragen auch künftig aussortieren, wie Hüttenwirt Raphael Hang erklärt.
Noch am schwersten tat sich das Dorf mit der Auflage, auf Neubau und Erweiterung von Skigebieten zu verzichten – die drei Lifte am Hochschwarzeck kämpfen seit Jahren mit der Rentabilität. Doch das fast schon nostalgisch anmutende, aber von Ski-Zwergerln und Tourengehern gern angenommene Mini-Skigebiet wird auch künftig mit Naturschnee werben.
Natur ist Trumpf in Ramsau
Soviel ist klar: Als künftiges Bergsteigerdorf wird die Ramsau ihren Trumpf – die intakte Natur – zum primären Qualitätsmerkmal erheben. Hannes Lichtmannegger, der in sein Berghotel Rehlegg von der Stromversorgung über Putzmittel bis zum Biofleisch auf Öko gedreht hat, ist davon überzeugt: »Die Leute fragen, wieviel CO2 wir verbrauchen und wo das Wild geschossen wurde, das auf dem Teller liegt.« Etwas anders klingt es tausend Meter oberhalb, in der Blaueishütte: »Momentan interessiert es die Leute null, ob hier Ökostrom oder Atomstrom ankommt«, sagt Hüttenwirt Hang. Vielleicht liegt es am unvergleichlichen Blaueiskessel mit Hochkalter, Schärtenspitze und Rotpalfen, der in puncto intakter Natur ganz offensichtlich keine Fragen offen lässt.Für Bürgermeister Gschoßmann liegt die Wahrheit in der Mitte. »Dass Qualität heute ihren Preis hat, sollte bekannt sein. Dass Menschen heute auch bereit sind, diesen Preis zu zahlen, daran müssen wir arbeiten.« Ob man den schwächelnden Wintertourismus, der in der Ramsau knapp 25 Prozent ausmacht, so stärken kann, ist offen. Aber die Richtung steht fest: »Wir sind lange genug den Skifahrern hinterhergerannt«, sagt Rasp. Die Bergsteiger wird’s freuen.
Basiswissen: Bergsteigerdorf Ramsau
WIE ANKOMMEN?Von der A8 über Ausfahrt Siegsdorf/Traunstein und die B305 nach Ramsau. Öffentlich per Bahn nach Berchtesgaden (von München in 2½ h) und weiter per RVO-Bus Nr. 846 nach Ramsau
WIE WOHNEN?
Die Mauern des Berghotel Rehlegg unter der Führung von Hannes und Franz Lichtmannegger stehen bereits seit dem 17. Jahrhundert oberhalb des Ortszentrums. In den 50er- Jahren wurde der Bauernhof nach und nach in einen Tourismusbetrieb umgewandelt. Mit riesigem Spa-Bereich, Almstube, eigener Schweinezucht, Kräuterkosmetik und CO2- neutralem Energiekonzept fehlt es im Rehlegg an nichts. Holzengasse 16-18, 83486 Ramsau, Tel. 00 49/86 57/98 84 0, www.rehlegg.de
Hotel Wimbachklamm, Rotheben 5, 83486 Ramsau Tel. 00 49/86 57/98 88 0. Das Hotel liegt am Ausgangspunkt für eine ganze Reihe von Touren und bietet u.a. Bergsteigerzimmer mit Rabatt für AV-Mitglieder an. www.hotel-wimbachklamm.de
WO ESSEN?
Das Wirtshaus Waldquelle, Riesenbichl 25, 83486 Ramsau, serviert Bergsteigeressen (Rabatt für AV-Mitglieder), solange noch Gäste vom Berg kommen. Partnerbetrieb des Bergsteigerdorfes, Mittwoch Ruhetag. www.wirtshaus-waldquelle.de
Vom Nationalpark kommend am besten beim Gasthof Auzinger. Danach in den Hintersee! www.auzinger.de (Donnerstag Ruhetag)
Im Ortszentrum beim Oberwirt, der im ältesten Haus der Ramsau serviert. www.oberwirt-ramsau.de
WO ANKLOPFEN?
Touristinformation, Im Tal 2, 83486 Ramsau, Tel. 00 49/86 57/98 89 20. www.ramsau.de
NICHT VERSÄUMEN!
Nach der Bergtour: Beine entspannen im frei zugänglichen Kneippbecken des Bergkurgartens. An einem Schlechtwett ertag das »Haus der Berge« in Berchtesgaden besuchen. Das 2013 eröffnete Nationalparkzentrum spricht mit Kino, historischer Alm, Bildungszentrum und Alpenpflanzengarten garantiert alle an. www.haus-der-berge.bayern.de Hanielstraße 7, 83471 Berchtesgaden, Erwachsene 4 Euro, Kinder bis 16 Jahre 2 Euro.
Mehr erfahren: www.ramsau.de
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Ihr Angebot:
- 5 Übernachtungen mit Bergblick sowie Frühstück mit regionalen Produkten
- Wanderung rund um den Hintersee »Geschichte von Prinzregent Luitpold«
- Wanderung ins Klausbachtal »Tal der Adler«
- Berg- und Talfahrt mit der Hirscheckbahn auf den Toten Mann und immer den Watzmann im Auge
- Brotzeit in der Berggaststätte Wimbachschloss
- ab 179 € p.P.
Von Thomas Ebert
Fotos:
Thomas Ebert
Artikel aus Bergsteiger Ausgabe 09/2015. Jetzt abonnieren!
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