Fünf Fragen an Ruth Oberrauch: "Hanf ist ein Thema" | BERGSTEIGER Magazin

Fünf Fragen an Ruth Oberrauch: "Hanf ist ein Thema"

Ruth Oberrauch ist Tochter von Heiner Oberrauch, Eigentümer der Oberalp-Gruppe, zu der u.a. die Marken Salewa, Dynafit, Pomoca, Wild Country und Evolv gehören. Die 34-Jährige wird ihrem Vater Heiner Oberrauch in der Unternehmensleitung nachfolgen. Derzeit ist sie unter anderem als Head of Sustainability für die Nachhaltigkeitsstrategie bei Oberalp verantwortlich.
 
 
Ruth Oberrauch spricht auf der Oberalp Convention. © Petra Rapp
Ruth Oberrauch spricht auf der Oberalp Convention.
Was bedeutet für Sie persönlich Nachhaltigkeit?
Für mich hat es sehr viel mit einer persönlichen, inneren Haltung zu tun, die man hat. Vor allem geht es aber darum, Verantwortung zu übernehmen. Nachhaltigkeit hat unglaublich viele Aspekte. Ganz egal ob wir von fairen Arbeitsbedingungen, Sourcing und Einkauf, nachhaltige Materialien, Abfallvermeidung, Umweltaspekten in der Produktion, Energieverbrauch in unseren eigenen Niederlassungen  u.v.m. sprechen, das sind alles Bereiche die dazugehören.  Es kommen aber auch immer wieder neue Themen auf, mit denen wir uns als Unternehmen und als Industrie noch nicht intensiv befasst haben.  Durch die Forschungen und das Interesse an Nachhaltigkeitsthemen werden uns auch immer wieder neue Herausforderungen aufgezeigt und das ist gut so. Nichtsdestotrotz und auch wenn die Herausforderungen manchmal groß scheinen, bin ich der Auffassung, dass Nachhaltigkeit kein weit entferntes Ziel sein soll, sondern viel mehr Bestandteil unseres täglichen Tuns. Vielfach ist es eine Sache der Einstellung, die sich in unseren täglichen Handlungen und Entscheidungen widerspiegelt. Wichtig ist dabei zweimal über Dinge nachzudenken, zu reflektieren ob sie sinnvoll sind und mit dem bestmöglichen Absichten zu reagieren, so z.B. wenn es darum geht den  Impact, den wir mit unseren Produkten haben, zu reduzierten.

Seit wann ist Nachhaltigkeit in der Oberalp-Gruppe ein unternehmerisches Thema und wie hat es sich entwickelt?
Es war als Ansatz und Haltung schon immer verankert. Mein Großvater hat das eigentlich schon sehr stark gelebt. Dennoch war irgendwann die Zeit da, uns solider zu organisieren und neue Themen anzugehen sowie an mittel- bis langfristigen Zielen zu arbeiten. Wir haben dann 2012 angefangen, ein abteilungsübergreifendes Team zusammenzustellen und konkrete Ziele zu definieren. Es ging aber ebenso darum ein gemeinsames Verständnis für die verschiedenen Themen zu etablieren.  Nachhaltigkeit ist inzwischen gut im Unternehmen integriert und wird immer wichtiger. Mittlerweile haben wir ein festes Nachhaltigkeits-Team von vier Personen, Experten in den verschiedenen Bereichen, die alle Abteilungen in der Oberalp-Gruppe markenübergreifend unterstützen. Während es zu Beginn vor allem das Team war, das Dinge angestoßen hat, kommen inzwischen unglaublich viele Ideen und Anfragen für einen Austausch direkt aus den einzelnen Abteilungen. Ein Zeichen, dass über das Thema wirklich nachgedacht wird und es jeden persönlich beschäftigt. Es macht Spaß zusammen etwas zu bewegen.

Welche konkreten Ziele verfolgen Sie in nächster Zeit?
Neben den dauerhaften Themen im Unternehmen wie beispielsweise der engen Zusammenarbeit mit unseren Partnern und Fair Wear Foundation im Bereich Arbeitsbedingungen, liegt der Fokus vor allem auf dem Bereich Materialien. Hier gibt es viele Fragen, die wir uns stellen: Welches sind überhaupt die nachhaltigsten Materialen? Wo können wir in Zukunft auf synthetische Materialien verzichten, wo stattdessen natürliche Materialien einsetzen, die trotzdem eine technische Performance für den Bergsport garantieren? Mit Wolle machen wir ja schon sehr viel und werden das weiter ausbauen. Hanf ist jetzt das zweite große Thema in diesem Bereich. Es geht aber auch um Abfallvermeidung, Recycling und Upcycling sowie Themen im Bereich der „ciacular economy“.

Bei Bergsport-Firmen sind die Sensibilität und das Engagement für das Thema Nachhaltigkeit relativ groß. Welches Unternehmen inspiriert Sie oder ist Vorbild?
Wichtig ist, dass jeder hier seinen eigenen, realisierbaren Weg finden muss und soll. Jeder wird auch einen etwas anderen Schwerpunkt haben. Unsere Nachhaltigkeitsstrategie basiert auf zwei Säulen: Zum einen ist da der „Mensch“, der im Mittelpunkt steht. Dabei geht es uns neben einem sorgsamen und achtsamen Umgang mit Mitarbeitern, Konsumenten und verschiedenen Interessensgruppen vor allem um die Arbeitsbedingungen und die Einhaltung von definierten Standards sowie der Menschenrechte in den Produktionsstätten. Das zweite wichtige Thema fassen wir unter dem Schlagwort „Produkt“ zusammen. Hier geht es um eine ressourcenschonende Produktentwicklung, den Einsatz von nachhaltigen Materialien, das Management von Chemikalien in Produkt- und Lieferkette, die Reduzierung von Abfällen in der Produktion und vielem mehr. Es ist schwierig, alles gleichzeitig zu machen und so wird jedes Unternehmen seine Schwerpunkte setzen.  In der Outdoor-Branche sind Patagonia und Vaude mit Sicherheit Marken, die es geschafft haben, ihr Engagement auch sehr konsequent zu kommunizieren. Aber auch aus anderen Branchen gibt es viele junge und inspirierende Unternehmen und Start-Ups, die wirklich innovative Wege gehen und neue Ansätze wählen.

Noch eine persönliche Frage: Wie viel nachhaltige Auszeit bleibt Ihnen selbst für die Berge?
Ich bin am Wochenende eigentlich immer in den Bergen. Nur das „wie“ hat sich in den letzten Jahren etwas verändert. Mit zwei kleinen Kindern ist das nicht so leicht, Aktivitäten wie Skitouren oder Klettern nachzugehen, aber mein Mann und ich haben es uns ganz gut eingeteilt, so dass wir die Zeit dazu finden.  Sonntag ist Familientag, aber auch den verbringen wir meist gemeinsam am Berg (z.B. beim Wanden oder Skifahren, dieses Jahr haben wir auch die ersten Klettersteige gemacht). Samstags darf sich immer abwechselnd einer von uns allein austoben und der andere ist mit den Kindern unterwegs. Ich bin aber auch jedes Jahr ein paar Tage mit einer Gruppe Mädels unterwegs. Wir gönnen uns dann eine Auszeit von Beruf und Familie und machen gemeinsam ein mehrtägigen Trekking oder einen Skitourenreise.

- Interview: Petra Rapp -
 
Fotos: 
Petra Rapp
 
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