Hülle mit Fülle: 12 Schlafsäcke im Test

Hülle mit Fülle: 12 Schlafsäcke im Test

Das Naturprodukt Daune ist nach wie vor das bevorzugte Isolationsmaterial für Schlafsäcke, wenn geringes Gewicht und Packvolumen entscheidend sind. Kunstfasern werden jedoch stetig weiterentwickelt und sind mittlerweile eine ernst zu nehmende Alternative, wie der Test des Outdoor Content Hubs zeigt.
 
 
12 Schlafsäcke im Test © Adobe Stock/EVERST
12 Schlafsäcke im Test
Wie bei kaum einem anderen Ausrüstungsgegenstand gilt beim Schlafsack: Eine wohl überlegte Kaufentscheidung lohnt sich. Denn wer ein für das eigene Anforderungsprofil passendes Produkt gefunden hat und die Pflege nicht vernachlässigt, braucht sich für viele Jahre keine Gedanken mehr zu machen.

Grundsätzlich bilden das Verhältnis von Gewicht zu Isolation, das Packmaß, der geplante Einsatzzweck sowie das zur Verfügung stehende Budget die relevanten Orientierungsparameter. All diese Kriterien werden maßgeblich beeinflusst durch die Wahl der isolierenden Füllung, für die die meisten Hersteller zu Daunen oder Kunstfasern greifen, in seltenen Fällen zu Wollwattierungen oder Mischungen verschiedener Materialien. 

Schlafsack im Test: Diese Modelle haben wir getestet

Schlafsack: Daune oder Kunstfaser?

Das Naturprodukt Daune ist bis dato unschlagbar, wenn geringes Gewicht und Packmaß sowie hohe Isolationsleistung gefordert sind. Der Aufbau einer Enten- oder Gänse-Daune ist anders als der einer Feder: Von einem winzigen Kern aus geben zahllose, strahlenförmig angeordnete Verästelungen der Daune eine dauerhaft dreidimensionale Struktur, die große Mengen an erwärmter Luft speichern kann.

Doch auch bei den Daunen gibt es Qualitätsunterschiede. Die Wertigkeit von Daunenfüllungen wird durch die Bauschkraft und das Mischungsverhältnis von Stützfedern und Daunen angegeben. Die Federn stammen meist von Enten und sorgen für Struktur und Stabilität. Das Mischverhältnis gibt darüber Auskunft, wie hoch der Federanteil in einer Daunenfüllung ist. Die Angabe 90/10 weist beispielsweise auf einen zehnprozentigen Anteil an Federn hin. 

Die Qualität der Daune zeigt sich an ihrer Bauschkraft (auch Loft oder Fillpower), die in der Maßeinheit "cuin" angegeben wird – die englische Abkürzung von Cubic Inch. Gemessen wird sie, indem eine definierte Menge Daune in einem normierten Zylinder 24 Stunden lang mit einem Gewicht komprimiert wird.

Nachdem das Gewicht entfernt worden ist und sich das Daunen-Feder-Gemisch während einer vorgegebenen Zeit aufgebauscht hat, wird das eingenommene Volumen im Zylinder gemessen. Je höher die cuin-Zahl, desto besser das Isolationsvermögen – 600 cuin ist ein guter Wert, 800 und mehr sind Spitzenwerte. 

Daunenfüllungen haben aber auch Nachteile. So verliert unbehandelte Daune an Isolationskraft, wenn sie feucht oder gar nass wird – egal ob von innen (Transpiration) oder von außen (Kondensationsfeuchtigkeit, Tau, Regen). Deshalb gilt: den Schlafsack auf Tour wasserdicht verpacken und vor dem Einpacken, wenn immer möglich, gut trocknen.

Seit einiger Zeit werden auch hydrophobe Daunen verwendet, das Naturprodukt wird dabei so behandelt, dass es wasserabweisend ist. Das Problem lässt sich teilweise auch damit beheben, dass wasserdichte und wasserdampfdurchlässige Außenmaterialien verwendet werden. Allerdings ist eine dichte Außenhülle auch eine erhebliche Barriere für das Entweichen von Schwitzfeuchtigkeit.

Kunstfasern haben gegenüber Daunen den großen Vorteil, dass sie weniger Feuchtigkeit aufnehmen und im feuchten oder nassen Zustand ihre Isolationsfähigkeit besser halten. Daher sind diese Füllungen gut für feuchtes Klima (auch Schneebiwak) geeignet.

Kunstfaser-Schlafsäcke lassen sich außerdem, einfacher waschen. Auch sind sie in der Regel günstiger. Die wesentlichen Nachteile von Kunstfasern: Bei gleicher Isolationsleistung sind sie nach wie vor schwerer und weniger komprimierbar als Daunenfüllungen.

Schlafsack
Für eine Nacht in den Bergen ist ein guter Schlafsack unverzichtbar. Foto: Adobe Stock/Brent Hall


Anforderungsreiche Konstruktion von Schlafsäcken

Der Dämmstoff kann noch so gut sein, erst die Konstruktion holt das Optimum aus einem Schlafsack heraus. Die Innen- und Außenmaterialien, meist Nylon- oder Polyester-Gewebe, sollten möglichst leicht und trotzdem reißfest sein. Außerdem sollten die Stoffe geräuscharm, hautfreundlich und geruchsneutral sein.

Damit die Schwitzfeuchtigkeit von innen nach außen entweichen kann, Morgentau oder Kondenswasser aber nicht eindringen können, sollten die Stoffe wasserdampfdurchlässig und leicht imprägniert sein. Die besondere Herausforderung besteht in der Verarbeitung der Materialien – einerseits muss das Isolationsmaterial gleichmäßig verteilt bleiben, andererseits sollte es möglichst wenig Kältebrücken geben.

Dass es hier erhebliche Unterschiede gibt, zeigen beispielsweise die Aufnahmen mit der Wärmebildkamera, die im Rahmen dieses Tests ausgewertet worden sind. Die Daunen werden in der Regel über diverse Naht-, Steg- und Kammerkonstruktionen an Ort gehalten. Kunstfasern hingegen werden meist in Form von Matten oder Schindeln direkt zwischen Außen- und Innenstoff genäht oder punktuell geklebt. 

Die so genannte "Mumien-Form" ist im Outdoor- und Bergsportbereich die am häufigsten gewählte Grundform. Sie spart unnötiges Gewicht. Und je körpernaher der Schlafsack geschnitten ist, desto weniger Innenvolumen muss vom Körper aufgewärmt werden. Die Praxistests zeigen aber auch klar auf, dass ein sehr eng geschnittener Schlafsack den Schlafkomfort wesentlich einschränkt.

Auch das "Schlaflabor" in der Klimakammer und die Thermobildvideokamera brachten spannende Erkenntnisse: Ist der Schlafsack zu kurz oder zu eng geschnitten, wird die Füllung unter Zug oder Druck komprimiert und verliert an diesen Stellen vorübergehend das Isolationsvermögen. Einige Hersteller versuchen das Problem dadurch zu lösen, dass sie dehnfähige Schlafsäcke konstruieren.

Ein Vertreter dieser Kategorie ist der Meglis 700 von Vaude. Hinsichtlich Schlafkomfort konnte der Schlafsack durchaus überzeugen, aber die aufwändige Konstruktion kreiert ein neues Problem: unzählige Kältebrücken. Auch andere Konstruktionsmängel deckten die Videos der Wärmebildkamera schonungslos auf.

Besondere Beachtung verdienen diesbezüglich die Konstruktion der Kapuze, des Wärmekragens, der im Schulterbereich einen Wärmeabfluss verhindert, sowie der isolierende Wulst, der den Reißverschluss auf der Schlafsackinnenseite abdeckt. Und dies nicht nur in einer statischen Testsituation im Labor, sondern auch dann, wenn ein Mensch sich im Schlaf bewegt.

Schlafsack
Der Vaude Meglis 700 bietet auf jeder Seite einen praktischen Reißverschluss für die Arme. Foto: Vaude/Attenberger

Unterschiedliches Kälteempfinden

Der Mensch ist keine Maschine und das Wärme-/Kälte-Empfinden ist persönlich und situativ. Faktoren wie Trainings- und Ernährungszustand, Erschöpfungs- und Aktivitätsgrad sowie Mahlzeiten vor dem Schlafengehen spielen eine entscheidende Rolle für das Wärmeempfinden. 

Wer müde ist, friert schneller, weil der Schlafsack nicht heizt, sondern nur die vorhandene Körperwärme im Isoliermaterial zurückhält. Das Tragen von funktioneller Unterwäsche, die Verwendung einer gut isolierenden Campingmatte sowie eine ausreichende Energiezufuhr durch Essen machen deshalb oft einen großen Unterschied.

Es ist wissenschaftlich belegt, dass Frauen schneller frieren als Männer. Das hängt mit dem Körperbau, der Muskelmasse und dem Körperfettanteil zusammen. Frauen wählen deshalb sinnvollerweise einen etwas wärmeren Schlafsack oder ein spezifisches Damenmodell, für das einige Hersteller im Fuß- und Lendenbereich mit etwas mehr Isolationsmaterial platzieren.

Aber auch Männer sind gut beraten, sich beim Schlafsackkauf an der vom Hersteller deklarierten Komfort-Temperatur zu orientieren und Reserven einzuplanen. Denn eine schlaflose Nacht ist eine denkbar ungünstige Voraussetzung für die Bergtour am nächsten Tag.

Schlafsäcke: Weitere Tests und Infos rund um den Ausrüstungsgegenstand

Text: Jürg Buschor und Xaver Frieser