Via ferrata du Roc de la Tovière | BERGSTEIGER Magazin
Anspruchsvoller Klettersteig in den Savoyer Alpen

Via ferrata du Roc de la Tovière

Das Zusammenspiel aus Länge, Ausgesetztheit und dem verhältnismäßig wenigen Eisen im obersten Teil machen die »Tovière« zu einem der schwierigsten Klettersteige der Westalpen. Wer sich seine Kraft für das Highlight aufsparen möchte, kann über einen Zustiegsweg auch direkt in die »Intégrale«, den oberen Abschnitt, einsteigen.
 
Hoch über dem Val d’Isère verläuft die Ferrata du Roc de la Tovière © Iris Kürschner
Hoch über dem Val d’Isère verläuft die Ferrata du Roc de la Tovière
An Superlativen lässt sich Val d’Isère wintersportlich ja gerne etwas einfallen. Für den unterversorgten Sommer musste also auch etwas ganz besonderes her. Und das ist gelungen. Seit 1998 wird die Talenge bei Val d’Isère von zwei Klettersteigen gesäumt, die es in sich haben. Die »Tovière« durch die westliche Seite ist die Prestige-Route: maximale Ausgesetztheit vor allem im oberen Teil, dazu mit viel Felsberührung.

Die »Tovière« im Val d'Isère

Zustieg: Vom Parkplatz wenige Meter den Hang hoch zu den ersten Drahtseilen.

Via ferrata du Roc de la Tovière: Kurze vertikale Partien wechseln sich mit leichten Querungen ab. Nach der Überwindung eines Pfeilers erlaubt der »Sortie enfant« eine erste Fluchtmöglichkeit. Der zweite Teil wartet schon mit luftigeren, exponierteren Querungen auf. Dann folgt auf eine kurze Hängebrücke ein senkges oder links in die große Runde. Bei letzterem erreicht man eine Abbruchkante, die einen grandiosen Einblick in die Arc-Schlucht offenbart. An Eisenklammern erst schräg, dann senkrecht und zuletzt über einen leichten Überhang hinunter zur Passerelle des Enfers. Nach der Hängebrücke beginnt der Montée au Purgatoire. Über stufigen Fels schräg aufwärts bis zur Cascade du Nant. Im Sprühnebel längs des Wasserfalls in die Senkrechte, die ein leichter Überhang beendet. Über eine Hängebrücke geht der Zustieg zum Klettersteig Chemin de la Vierge ab, über den man zur Hängebrücke auch wieder zurück kehrt. Oder man lässt die Hängebrücke rechts liegen und erreicht auf gutem Bergpfad die Redoute Marie- Thérèse (1260 m). Die Fortsetzung der Route, die sog. Traversée des Anges, ist am Aussichtsfelsen kurz vor Erreichen des Festungsmuseums markiert. Wenige Meter schräg abwärts, dann beginnt eine äußerst exponierte Querung. Fluchtmöglichkeit auf halber Strecke.

Zuletzt wird über eine kurze Senkrechte wieder das waldige Plateau erreicht. Nach links auf breitem Wanderweg in Kürze zur berühmten Teufelsbrücke, von der meist jede Menge Schaulustige den Tiefblick und die Kletterkünste der Ferratisten bestaunen. Hinter der Pont du Diable (1155 m) markiert rechts ein Gatter den Einstieg zur Montée au Ciel. Sicherungen leiten unter der Brücke hindurch, dann diagonal bis senkrecht hinauf zum Fort Victor-Emmanuel, wo man wieder durch das Fenster schlüpft. Auf der Drei-Seile-Brücke an der Ferrata du Diable rechter Pfeiler und es geht an bewachsenen Bändern entlang über der »Grande Gorge« zur langen »Passerelle« hinauf. Davor kann nach links ausgestiegen werden. Die »Intégrale« beginnt mit einer 40 Meter langen Hängebrücke über dem gähnenden Abgrund. Jenseits fordert die Überwindung eines Überhangs (Schlüsselstelle), der luftiger nicht sein könnte, um dann in einer haarsträubenden Vertikale die »Dalle du Lézard« zu meistern. Die vielen Bügel der senkrechten Platte nehmen abrupt ihr Ende, sobald es in eine Querung geht. »La Traversée du non retour« erlaubt keinen Rückzieher mehr, die Füße suchen Halt in kleinsten Nischen, während gut trainierte Arme sich leicht weiterhangeln. Armkraft ist auch gefragt an den zwei vertikalen Passagen des »Pilier mystérieux« und des »Pilier du chauve sourit«. Danach im »Montée au Ciel« kann aufgeatmet werden, geht es leicht über Bänder auf den Felsrücken des Roc de la Tovière, der einen fantastischen Blick über den Lac du Chevril zum Mont Blanc preisgibt.

Abstieg: Dem Kamm nach Westen folgen, dann hinunter in ein Tälchen, wo man auf den GR5 trifft. Diesen nach links einschlagen und am Chalet de la Tovière vorbei zurück nach La Daille.

Tipp: Sollte die Tovière-Ferrata zu stark frequentiert sein, lässt sich gut auf die östliche Seite der Talenge ausweichen. Die Via ferrata des Plates de la Daille ist genauso nervenaufreibend, doch eine Spur leichter, kürzer und weitaus ruhiger; K5

Der Tovière-Klettersteig im Detail:

Roc de la TovièreSchwierigkeiten: Die Anforderungen steigen mit zunehmender Höhe. Der erste Teil, die »Initiation«, ist auch für Kinder geeignet. Der zweite Teil, die »Ferrata Junior«, dann exponierter, mit Balken und Hängebrücke (6 m); »Intégrale«: extrem ausgesetzt, nach der Hängebrücke (40 m) Schlüsselstelle mit Überhang und Vertikale, Fortsetzung zum großen Teil ohne Eisentritte. Klettererfahrung ist von Vorteil. K2 – 3/K4/K6
Ausrüstung: komplette Klettersteigausrüstung, Helm
Talort: Val d’Isère (1809 m)
Ausgangspunkt: Parkplatz an der Westseite vor der Talenge zwischen Fels und Apartmentsiedlung La Daille (1795 m), Ortsteil von Val d’Isère. Zufahrt aus der Tarentaise (Bourg St- Maurice) oder aus der Maurienne über den Col de l’Iseran
Öffentliche Verkehrsmittel: Busverbindung mit Bourg St-Maurice (Bahnhof)
Höhenunterschied: 560 Hm
Gehzeiten: 6 Std. (Zustieg 1 Min., 1. Teil »Initiation« 1 Std., 2. Teil »Ferrata Junior« 1 Std., 3. Teil »Intégrale« 21⁄2 Std., Rückweg 1 Std.)
Beste Jahreszeit: Juli bis September
Karte/Führer: IGN 1:25 000, Blatt 3633 ET »Tignes, Val d’Isère, Haute Maurienne«. Kürschner »Klettersteige Westalpen«, Bergverlag Rother
Tourismusbüro: Office de Tourisme, F-73155 Val d’Isère, Tel. +33/(0)4/79 06 06 60, www.valdisere.com

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