Einsam auf der Via delle Bocchette
Brenta-Klettersteige im Herbst
© Dagmar Steigenberger
Brenta-Klettersteig zwischen Felsnadeln und Wolkenfetzen
Brenta-Klettersteig zwischen Felsnadeln und Wolkenfetzen
Eine Via: Dieses Wort beschwört die Wärme der südländischen Sonne, den Geschmack von Cappucchino und italienisches Timbre herauf. Das Bild einer staubigen, breiten Straße, auf der sich bunt gewandete Fußgänger an röhrenden Mofas vorbeischieben, gesäumt von Händlern, die alles von Gelato über Melonen bis zu Schuhputzcreme feilbieten.
Auf der "Via delle Bocchette" ist auch viel los. Zur Hochsaison rund um Ferragosto drängeln sich die Menschen auf dieser "Straße der Scharten", als würde irgendwo an ihrem Ende tatsächlich ein Händler seine Waren kostenlos feilbieten. Vielleicht sitzt er ja hinter der nächsten Felskante. Oder dann am Ende des langen, schmalen Felsbandes. Vielleicht auch erst ganz oben, dort wo die Leitern in die Wolken eintauchen.
Steil ist geil: Leiterpassage auf der Via delle Bocchette
Dann ist die Zeit für diejenigen gekommen, die lieber antizyklisch an den bleichen Bergen der Alpen unterwegs sind. Und die genügend Kondition haben, um die Felsbänder der oberen Brenta-Etage auch ohne Übernachtungspause auf einer Hütte zu begehen.
Betrachtet man es rein vom Kräfteaufwand her, ist das Touristenzentrum Madonna di Campiglio auf 1522 Metern dem beschaulicheren, aber gut 700 Meter tiefer gelegenen Molveno auf der Südostseite der Brenta vorzuziehen. Bis zum Rifugio Vallesinella muss man noch nicht einmal die Beinmuskeln bemühen, sondern kann bequem die Fahrstraße mit dem Auto von Madonna di Campiglio nehmen.
Von dort hat man dann noch dreieinhalb bis vier Stunden und etwa 1000 Höhenmeter vor sich, bis man Hand an die Stahlseile der berühmten Via delle Bocchette legen kann.
Am Sentiero delle Bocchette Alte ganz ohne Rummel
Wer gerne in die Pedale tritt, nimmt den manchmal etwas holprigen Fahrweg von der Talstation der Grostè-Seilbahn bis zum Rifugio Graffer unter die Reifen und hat dann am Rückweg den Vorteil, es einfach rollen lassen zu können.
Entschädigung folgt mit dem Weg durch das herrliche Flavona-Hochtal, dessen herbstfarbene Almwiesen in der Mitte vom Felsblock des Monte Turrion zerteilt werden wie das Wasser von einem Schiffsbug.
Brenta ohne Wolkenfetzen um die Felsnadeln gibt es nicht. Brenta ohne Menschen dagegen schon – im Herbst!
Für den Tovelsee als Basislager sprechen gleich mehrere Gründe. Einer davon ist die Landschaft. Bis in die 1960er- Jahre konnte man hier im Sommer ein besonderes Naturschauspiel beobachten: Eine seltene Mikrobe färbte das Wasser in der südwestlichen Bucht tiefrot. Mit dem zunehmenden Strom der Touristen verschwand dieses Phänomen allerdings – und damit auch der alte Name des Sees, "Lago Rosso".
Doch auch ohne Rotfärbung ist der Tovelsee mit den Almen ringsum und den Brentazacken am Horizont ein reizvolles Ziel. Wie gut, dass Wanderer hier mit dem Chalet Tovel eine so stilvolle wie kulinarisch ausgezeichnete Herberge finden. Mit viel ästhetischem Gespür hat Alessandra Springhetti die Hütte umgebaut und im Juni 2013 neu eröffnet. "Natur" heißt das Konzept der neuen Wirtin, nicht nur in der Einrichtung, sondern auch in der Küche: Auf der Speisekarte stehen frische Steinpilze, Gnocchi aus Maronimehl oder zartes Wildfleisch aus der Region.
Für die Tiere bietet die Brenta genügend Rückzugsraum, nicht nur im Herbst. Stark frequentiert sind im Sommer meist nur die Eisenwege rund um die Via delle Bocchette, während es auf den Almwiesen und in den Wäldern der tieferen Etagen deutlich ruhiger zugeht.
Spätzünder: ein Edelweiß an den Almen über dem Tovelsee
Das ist sicher auch der besonderen Schutzatmosphäre des 1967 gegründeten Naturparks Adamello-Brenta zu verdanken, der sich über 618 Quadratkilometer zwischen den Adamello-Gletschern und dem Nonstal ausbreitet. Nachdem der Naturpark 1996 ein Projekt zur Wiederansiedelung von Braunbären ins Leben gerufen hat, leben heute wieder etwa 50 dieser vom Aussterben bedrohten Tiere in der Region.
Von ihnen brauchen Wanderer jedoch nichts zu fürchten. Steinböcke, 1995 in der Region wieder angesiedelt, sind die einzigen sichtbaren Weggefährten, mit denen ein Klettersteig-Fan die Felsen der Brenta im Herbst teilen muss.
Tourenkarte Via delle Bocchette 1 (Download)
Tourenkarte Via delle Bocchette 2 (Download)
Auf der "Via delle Bocchette" ist auch viel los. Zur Hochsaison rund um Ferragosto drängeln sich die Menschen auf dieser "Straße der Scharten", als würde irgendwo an ihrem Ende tatsächlich ein Händler seine Waren kostenlos feilbieten. Vielleicht sitzt er ja hinter der nächsten Felskante. Oder dann am Ende des langen, schmalen Felsbandes. Vielleicht auch erst ganz oben, dort wo die Leitern in die Wolken eintauchen.
Klettersteiggehen antizyklisch
Nur ein paar Wochen später liegt die Straße auf den Felsbändern der Brenta Dolomiten in Einsamkeit und Stille. Am 20. September verriegeln alle Berghütten an der Via delle Bocchette ihre Fensterläden und Türen, die Seilbahn auf den Grostè-Pass stellt ihren Betrieb ein. Und der Strom der Klettersteigfans versiegt schlagartig. Selbst wenn – wie in den vergangenen Jahren häufiger – die Luft noch immer spätsommerlich lau ist und vom nahenden Winter lediglich die leicht angegilbten Farben der trockenen Wiesen unter den Felstürmen zeugen.Steil ist geil: Leiterpassage auf der Via delle Bocchette
Dann ist die Zeit für diejenigen gekommen, die lieber antizyklisch an den bleichen Bergen der Alpen unterwegs sind. Und die genügend Kondition haben, um die Felsbänder der oberen Brenta-Etage auch ohne Übernachtungspause auf einer Hütte zu begehen.
Betrachtet man es rein vom Kräfteaufwand her, ist das Touristenzentrum Madonna di Campiglio auf 1522 Metern dem beschaulicheren, aber gut 700 Meter tiefer gelegenen Molveno auf der Südostseite der Brenta vorzuziehen. Bis zum Rifugio Vallesinella muss man noch nicht einmal die Beinmuskeln bemühen, sondern kann bequem die Fahrstraße mit dem Auto von Madonna di Campiglio nehmen.
Von dort hat man dann noch dreieinhalb bis vier Stunden und etwa 1000 Höhenmeter vor sich, bis man Hand an die Stahlseile der berühmten Via delle Bocchette legen kann.
Am Sentiero delle Bocchette Alte ganz ohne Rummel
Wer gerne in die Pedale tritt, nimmt den manchmal etwas holprigen Fahrweg von der Talstation der Grostè-Seilbahn bis zum Rifugio Graffer unter die Reifen und hat dann am Rückweg den Vorteil, es einfach rollen lassen zu können.
Herrlicher Stützpunkt am Tovelsee
Ein Rad als Aufstiegshilfe mitzunehmen lohnt sich auch vom Tovelsee aus. Bis zur Malga Pozzol kann man immerhin die ersten 500 Höhenmeter durchs Val Flavona kurbelnd zurücklegen, bevor es weitere 800 Höhenmeter steil, aber gut markiert aufwärts bis zum Grostè Pass geht. Der Rückweg von der Bocca di Tuckett hat es dann allerdings in sich: Dem steilen Abstieg durch Schutt und Latschen ins Val Perse – manche schimpfen es deshalb auch "Val Perverse" – folgt ein ebenso steiler Aufstieg zur Bocca di Vallazza.Entschädigung folgt mit dem Weg durch das herrliche Flavona-Hochtal, dessen herbstfarbene Almwiesen in der Mitte vom Felsblock des Monte Turrion zerteilt werden wie das Wasser von einem Schiffsbug.
Brenta ohne Wolkenfetzen um die Felsnadeln gibt es nicht. Brenta ohne Menschen dagegen schon – im Herbst!
Für den Tovelsee als Basislager sprechen gleich mehrere Gründe. Einer davon ist die Landschaft. Bis in die 1960er- Jahre konnte man hier im Sommer ein besonderes Naturschauspiel beobachten: Eine seltene Mikrobe färbte das Wasser in der südwestlichen Bucht tiefrot. Mit dem zunehmenden Strom der Touristen verschwand dieses Phänomen allerdings – und damit auch der alte Name des Sees, "Lago Rosso".
Doch auch ohne Rotfärbung ist der Tovelsee mit den Almen ringsum und den Brentazacken am Horizont ein reizvolles Ziel. Wie gut, dass Wanderer hier mit dem Chalet Tovel eine so stilvolle wie kulinarisch ausgezeichnete Herberge finden. Mit viel ästhetischem Gespür hat Alessandra Springhetti die Hütte umgebaut und im Juni 2013 neu eröffnet. "Natur" heißt das Konzept der neuen Wirtin, nicht nur in der Einrichtung, sondern auch in der Küche: Auf der Speisekarte stehen frische Steinpilze, Gnocchi aus Maronimehl oder zartes Wildfleisch aus der Region.
Für die Tiere bietet die Brenta genügend Rückzugsraum, nicht nur im Herbst. Stark frequentiert sind im Sommer meist nur die Eisenwege rund um die Via delle Bocchette, während es auf den Almwiesen und in den Wäldern der tieferen Etagen deutlich ruhiger zugeht.
Spätzünder: ein Edelweiß an den Almen über dem Tovelsee
Das ist sicher auch der besonderen Schutzatmosphäre des 1967 gegründeten Naturparks Adamello-Brenta zu verdanken, der sich über 618 Quadratkilometer zwischen den Adamello-Gletschern und dem Nonstal ausbreitet. Nachdem der Naturpark 1996 ein Projekt zur Wiederansiedelung von Braunbären ins Leben gerufen hat, leben heute wieder etwa 50 dieser vom Aussterben bedrohten Tiere in der Region.
Von ihnen brauchen Wanderer jedoch nichts zu fürchten. Steinböcke, 1995 in der Region wieder angesiedelt, sind die einzigen sichtbaren Weggefährten, mit denen ein Klettersteig-Fan die Felsen der Brenta im Herbst teilen muss.
Tourenkarte Via delle Bocchette 1 (Download)
Tourenkarte Via delle Bocchette 2 (Download)
Basiswissen: Brenta im Oktober
- Wie ankommen? Autobahn über den Brenner und Bozen bis Ausfahrt Mezzolombardo, weiter über Andalo nach Molveno oder über Denno und Tuenno zum Tovelsee oder über Cles und Male nach Madonna di Campiglio
- Wo anklopfen? APT Madonna di Campiglio, Pinzolo, Val Rendena, Via Pradalago 4, I-38086 Madonna di Campiglio, Tel. 00 39/04 65/44 75 01, www.campigliodolomiti.it; APT Dolomiti di Brenta, Paganello, Andalo, Molveno, Cavedago, Spormaggiore; Piazza Dolomiti, I-38010 Andalo, Tel. 00 39/04 61/58 58 36, www.visitdolomitipaganella.it
- Wo wohnen? Die Hütten haben ab dem 20. September geschlossen. Im Nordteil gibt es zwei hübsche Biwakschachteln, Bivacco Bonvecchio direkt am Kamm und Bivacco Claudio Costanzi auf der Westseite. Vom Tal in Madonna di Campiglio misst der Aufstieg zu den Zacken nicht ganz so viele Höhenmeter wie von Molveno, das jedoch am See die idyllischere Lage hat. Sehr zu empfehlen ist auch das neue Chalet Tovel am gleichnamigen See im Norden der Brenta (bis 6. November geöffnet, www.chaletovel.it).
- Sich orientieren: Wanderkarte Tabacco 1:25 000, Blatt 053 "Dolomiti di Brent"«; Eugen E. Hüsler "Hüslers Klettersteigführer Gardasee (mit Brenta)", Bruckmann Verlag 2012
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Dagmar Steigenberger
Artikel aus Bergsteiger Ausgabe 10/2016. Jetzt abonnieren!
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