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23.06.2016

"Ur-Hölle" findet auf der Praterinsel neue Heimat

Der Startschuss ist gefallen: Über 120 Jahre nachdem die Sektion München des Deutschen Alpenvereins die Eröffnung der ersten Höllentalangerhütte feierte, wird die „Ur-Hölle“ nun ein zweites Mal errichtet. Seit Anfang Juni können Interessierte im Garten des Hauses des Alpinismus auf der Praterinsel live miterleben, wie ein Stück Berggeschichte mitten in München wieder zum Leben erweckt wird.
 
 
Einweihung der Höllentalangerhütte 1894 © DAV/Archiv Haus des Alpinismus
„Zum ersten Mal in der Geschichte des Alpenvereins wurde mit der Höllentalangerhütte eine Alpenvereinshütte komplett abgerissen und wieder neu aufgebaut“, sagt Friederike Kaiser, Geschäftsbereichsleitern Kultur beim Deutschen Alpenverein. „Wir sind sehr glücklich, dass der Urkern der Hölle bei uns auf der Praterinsel eine zweite Heimat findet.“ Möglich gemacht wurde die neue Attraktion des Alpinen Museums dank der großzügigen finanziellen wie fachlichen Unterstützung der DAV-Sektion München, der Versicherungskammer Bayern sowie des Freistaates Bayern und des Bezirks Oberbayern. Bis zur geplanten Wiedereröffnung im Frühjahr 2017 ist der Baufortschritt auch unter alpenverein.de/urhoelle zu sehen.    

Von der Blockhütte zum Besuchermagnet

Seit 1894 prägt die Höllentalangerhütte das Bild im oberen Höllental und ist bei Bergsteigern wie Tagesgästen beliebter Anziehungspunkt. Wie sich die Hütte im Lauf der Jahrzehnte verändert hat, zeigte sich bei den Abbrucharbeiten im September 2013: Stück für Stück drang die beauftragte Baufirma durch die verschachtelte Hütte zum eigentlichen Höllen-Urkern vor, der vollständig in das Gebäude integriert war.

„Ursprünglich war die Hütte ein sechs Mal sieben Meter großer Blockhausbau. Im Erdgeschoss gab es ein Matratzenlager mit zehn Schlafplätzen, einen Ofen, einen Schrank, Tische und Bänke“, erzählt Günther Manstorfer, Erster Vorsitzender der Sektion München des DAV. Der Dachraum bot weiteren 20 Personen Platz zum Schlafen, im Keller schließlich lagerte das Bier. Nach der Eröffnung der Höllentalklamm drängten die Tagesausflügler ins Höllental, schnell kam die Hütte an ihre Kapazitätsgrenzen.    

Schon bald erweiterte man die „Hölle“ und stockte dieses Gebäude wiederum auf – acht neue Schlafräume waren geschaffen. „Von 1924 bis 1926 baute unsere Sektion ein drittes Gebäude. Fortan gab es rund 100 Schlafplätze im Höllental“, führt Manstorfer fort. Doch der Zahn der Zeit nagte unerbittlich an der Höllentalangerhütte. Hinzu kam, dass sie heutigen Sicherheits-, Umwelt- und Hygieneanforderungen längst nicht mehr gerecht werden konnte. So begann die Sektion bereits Mitte der 1990er Jahre mit konkreten Planungen, an gleicher Stelle einen Ersatzbau zu errichten, der schließlich im August 2015 eingeweiht wurde.

Bergkultur mitten in München 

Dass die Urzelle der Höllentalangerhütte nun auf der Praterinsel wiedererrichtet wird und die Anfänge des Schutzhüttenbaus mitten in München erlebbar sind, ist nur durch die finanzielle wie fachliche Unterstützung mehrerer Förderer möglich. „Wir sind seit fast 20 Jahren Partner des Deutschen Alpenvereins und setzen, wie die größte Bergsteigervereinigung der Welt, auf Nachhaltigkeit“, erklärt Dr. Frank Walthes, Vorstandsvorsitzender der Versicherungskammer Bayern (VKB). „Der Schwerpunkt unserer Zusammenarbeit liegt im Bereich Hütten und Wege, weshalb wir auch dieses Projekt gerne unterstützen.“ Auch der Referent von der Landesstelle Nichtstaatlicher Museen in Bayern, Shahab Sangestan, freut sich sehr, dass der Wiederaufbau der „Hölle“ jetzt realisiert werden kann: „Abgesehen von der kulturellen Bedeutung des Projekts, hat es ja auch etwas Außergewöhnliches, mitten in München, auf einer Insel eine Berghütte wieder zu errichten.“    

Der Sektion München war der Wiederaufbau von Anfang an eine Herzensangelegenheit: Schließlich lebt so ein wichtiger Teil der Sektionsgeschichte weiter. „Bis zum letzten Tag war die Hölle bei unseren Übernachtungsgästen sehr beliebt. Unsere Gäste waren sich alle bewusst, dass sie hier in einem sehr traditionsreichen Gemäuer übernachten“, erzählt Thomas Gesell, Hüttenreferent der Sektion München. „Der einzige Wermutstropfen der Urhölle war ihre Lage. Sie lag relativ nahe an dem Dieselaggregat und war somit akustisch stets gut angebunden.“    

Ebenfalls laut wird es nun sicher noch einige Monate im Garten des Hauses des Alpinismus. Aktuell ist bereits der Sockel gegossen, bis Anfang Juli sollen Außenwände und Dachstuhl folgen. „Bis zur geplanten Wiedereröffnung im Frühjahr 2017 gibt es noch viel zu tun. Der Innenausbau und die Ergänzung schadhafter Teile wird einige Zeit in Anspruch nehmen“, weiß Friederike Kaiser. „Dann freuen wir uns, für unsere Besucher Bergleben um 1900 erlebbar zu machen. Die Ur-Hölle erzählt viele spannende Geschichten. Zum Beispiel widerlegt ein Trennvorhang im Bettenlager eindeutig, dass Frauen früher nicht in die Berge gingen.“