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19.04.2017

Piolets d’Or 2017: zwei Auszeichnungen und zwei besondere Erwähnungen

Die Piolets d'Or versuchen jedes Jahr, eine großartige Auswahl an mutigen, innovativen und phantasievollen Begehungen im bestmöglichen Stil aus dem Vorjahr "auf die Bühne zu bringen". Der Alpinismus besitzt kein standardisiertes Regelwerk. Begehungen zu vergleichen, ist also im besten Falle subjektiv. Was sich aber feststellen lässt, ist Leistungsbereitschaft. Und es ist bemerkenswert, dass die ausgezeichneten Begehungen in diesem Jahr alle über den Gipfel gingen und über eine andere Route abstiegen – in einem Fall sogar über völlig unbekannten Boden.
 
 
Die Gewinner der Piolets d’Or 2017 stehen fest.
Die diesjährige internationale Jury der Piolets d'O bestand aus Kazu Amano (Japan), Valery Babanov (Russland), Herve Barmasse (Italien), Kelly Cordes (USA), Andy Houseman (UK), Thomas Huber (Deutschland), Sebastien Ratel (Frankreich) und Raphael Slawinski (Kanada).

Es gab viele große Begehungen in diesem Jahr, und wie üblich gab es viele interessante Diskussion unter den Jurymitgliedern über eine angemessene Würdigung. Am Ende wurde beschlossen, in diesem Jahr nur zwei Auszeichnungen zu vergeben, aber auch zwei Bgehungen besonders zu erwähnen:

Nyanchen Tanglha (7046 m, Tibet): Nick Bullock & Paul Ramsden

Nyanchen Tanglha ist ein 7000-Meter-Massiv in Zentral-Tibet. Ein kaum besuchter Berg, mit derzeit schwierigem bürokratischen Zugang. Praktisch noch niemand hat die Nordseite des Berges gesehen, geschweige denn sich dort aufgehalten. Ein Foto des japanischen Entdeckers Tom Nakamura aus weiter Entfernung führte zur ersten Besteigung der 1600 Meter hohen Nordwand des Südostgipfels (7046 m) durch die britischen Bergsteiger Nick Bullock und Paul Ramsden. Es war ein sehr exploratorisches, technisches Klettern (ED+) mit einem heiklen Abstieg bei schlechtem Wetter über den bisher unberührten Ostkamm in ein ganz anderes Talsystem.

Thalay Sagar (6904 m, Indien): Dmitry Golovchenko, Dmitry Grigoriev & Sergey Nilov

Die zweite Auszeichnung geht an eine andere Art der Erforschung: Ein hoher Gipfel mit einer Nordwand, die bereits viele verschiedene Linien erhalten hat, aber mit einem noch jungfräulicher Pfeiler, sowohl elegant als auch direkt. Für die Russen Dmitry Golovchenko, Dmitry Grigoriev und Sergey Nilov – ein seit langem bewährtes Team an den hohen Bergen – gab der Nordpfeiler des Thalay Sagar (6904 m) im indischen Gangotri eine wirklich lange Begehung im alpinen Stil her. Sie erforderte acht Biwaks und eine Gesamtschwierigkeit von ED2 mit Seillängen bis 5c A3 WI5 M7. Vom Gipfel stiegen die Russen dann über den Normalweg auf dem Westkamm ab.

Besondere Erwähnungen

Die Piolets d'Or möchten die Begehung einer neuen Route an der Südwand der Gangapurna (7455 m) im Annapurna Schutzgebiet durch das koreanische Trio Cho Seok-mun, Kim Chang-ho und Park Jong-Yong erwähnen. Obwohl diese als eine direkte Variante der bemerkenswerten und wahrscheinlich wenig bekannten kanadischen Besteigung von 1981 gesehen werden könnte, verdient der koreanische Stil, die Tatsache, dass sie als Aufwärmprogramm fast die Erstbesteigung des Siebentausender Gangapurna West geschafft haben, die Geschwindigkeit in der Wand angesichts der hohen Komplexität (schwieriges technisches Klettern über 7000 Metern, Gesamtschwierigkeit ED+) und die Tatsache, dass es in dieser Höhe die erste neue Route von Koreanern im Alpinstil ist, eine Erwähnung.

Die zweite Erwähnung ist wieder eine ganz andere Form der Erforschung – und zwar die Erforschung der Athletik: Zwar gab es keine geographischen Entdeckung und die Aktion war wohl eine Krönung von Training, aber die schiere technische Fähigkeit der Amerikaner Colin Haley und Alex Honnold die Torre Traverse in Patagonien in einem einzigen Tag zu klettern, hat die Klettergemeinschaft sehr beeindruckt.

Lifetime Achievement Award für Jeff Lowe

Bereits einige Tage zuvor wurde die Verleihung des Lifetime Achievement Award an Jeff Lowe bekannt gegeben. Lowe ist unter anderem neben Reinhold Messner, Kurt Diemberger, Chris Bonington und Walter Bonatti der neunte Alpinist, der für seine Leistungen am Berg mit diesem Preis ausgezeichnet wird. Die Jury würdigt den US-Amerikaner als "Visionär, der den Alpinismus mehr als ein Mal revolutioniert" habe.