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15.12.2014
Millet: Mit neuer Strategie zurück zum Erfolg
Der Ort des Zusammentreffens irritiert zunächst: Direkt unter der Eiger-Nordwand, in einem Hotel oberhalb von Grindelwald, sprechen wir über die Neuausrichtung der wohl bekanntesten französischen Bergsportmarke: Millet. Die ihre Wurzeln eigentlich in Chamonix hat und in den Steilwänden von Grandes Jorasses, Aiguille Verte, Droites und Mont Blanc zuhause ist. Seit 2013 aber ist Millet, genauer gesagt die Lafuma-Gruppe, zu der Millet gehört, Teil des Schweizer Konzerns Calida. Mancher kennt diese Firma vielleicht eher als luxuriösen Unterwäsche-Hersteller, doch auch Möbel- und Outdoormarken sind im Portfolio des Großunternehmens mit 400 Millionen Euro Umsatz im Jahr. Millet als Zugpferd erwirtschaftet davon etwa ein Viertel. Und in Zukunft, so hört man in Grindelwald, soll davon noch mehr aus der DACH-Region, also Deutschland, Österreich und der Schweiz kommen. Insofern passt Grindelwald also wieder ganz gut.
Millet kennt man als eine der wenigen Firmen, die nahezu ein Komplettsortiment für Bergsteiger anbieten. Neben einer kompletten Bekleidungslinie, Bergschuhen und -stiefeln, Kletterfinken, Handschuhen, Schlafsäcken und Rucksäcken stellt Millet seit 20 Jahren auch Seile her. Einige der besten Bergsteiger der Alpen arbeiteten als technische Berater für Millet, etwa Walter Bonatti, Patrick Gabarrou oder auch Eric Escoffier, der mit einem fast schon legendären rot-blauen Millet-Overall in weniger als 48 Stunden durch die drei großen Nordwände eilte. Das war im Winter 1987, und dass sich die Kollektion für 2015 an diesem Outfit orientiert, kann man durchaus auch als einen Hinweis sehen, wohin bei Millet die Reise gehen soll: Als "vertikale Marke und Innovationsführer" sieht Thorsten Walter Millet, vor allem aber gehe es darum, "die Marke wieder aufzubauen". Seit Apri 2014 ist Walter bei der Mountain Group, einer Unterabteilung von Calida, verantwortlich für Marketing und Sales. Zur Mountain Group gehören neben Millet auch die Skibekleidungsmarke Eider und die Outdoor-Marke Lafuma. Walter war davor bereits 13 Jahre für verschiedene Outdoor-Firmen in der Schweiz tätig. Im Kurzinterview erklärt er, welchen Weg Millet vor sich hat.
Wie hast du Millet in deinen ersten Monaten kennengelernt?
Millet hat starke französische Wurzeln, die Firma arbeitet sehr technisch und detailorientiert. Der Reißverschluss muss der schönste und beste sein, man legt unglaublich viel Wert auf Details, was wirklich toll ist. Gerade im technischen Bereich ist das außergewöhnlich. Die Firma ist extrem motiviert, man merkt eine Aufbruchsstimmung nach Jahren, in denen es finanziell schlecht aussah. Nun kam ein toller Investor, der Millet vorwärts führt und eine Strategie hat. Das macht Spaß. Ich bin dazugekommen, als die Umsetzung des Umbruchs stattfand: neue Strategie, neue Mitarbeiter. Der Fokus beim Umbruch liegt zunächst auf dem Kundenservice, der Reorganisation und dem Umbau der Verkaufsmannschaften. In der Schweiz mussten wir eine komplett neue Firma aufbauen, haben einen eigenen Vertrieb gegründet. In Deutschland haben wir den Service zentralisiert und ein European Customer Service eingerichtet. Endlich arbeiten die drei Marken gemeinsam in Annecy und nicht mehr in Europa verstreut. Eine Konstante bleibt aber: Das Außendienstteam ist dasselbe wie die letzten Jahre. Das ist die Konstanz, die die Händler auch wollen.
Und wie war die Phase vor dem Umbruch?
Die Firma war völlig autark von Geschäftsführer geführt, Eider und Lafuma separat auch daneben geführt. Vor 1995 war es eine eigenständige Firma unter Privateigentum.
Jetzt ist Millet Teil der Calida Mountain Group. Gehen sich die Marken Lafuma und Millet, die beide Produkte für Bergsportler anbieten, nicht im Weg um?
Ich vergleiche die Lage gern mit der Autobranche. Wir haben hier den Fall eines Volkswagenkonzerns mit zehn oder mehr einzelnen Marken. Auch dort werden sich alle Kunden immer an den Top-Marken orientieren, an Audi oder Porsche, die ganz oben sind. Aber es ist ja immer dieselbe Frage: Was brauchst man als Kunde? Bei uns ist ganz klar Millet die Marke, die unser Top-Brand, unser Aushängeschild ist. Eider ist eine Nischenmarke, die sehr auf den Skibereich spezialisiert ist, und Lafuma ist der Unterbau, eine technische Preis-Leistungsmarke. Für diejenigen, die sich keine 500-Euro Jacke leisten wollen, aber auch eine Jacke aus der gleichen Firma haben möchten, von der sie wissen: Das ist eine abgespeckte Version, aber mit demselben Design, derselben Qualität. Es halt nicht der Porsche mit 500 PS, sondern der Volkswagen mit 200 PS.
Setzt man diese Markenkenntnis bei Calida bereits voraus?
Die wollen wir jetzt aufbauen. Das Ziel ist, die Synergien unter den Marken zu verknüpfen. Vorher waren alle Marken in Frankreich verstreut, sie haben auf Deutsch gesagt nichts miteinander zu tun gehabt, außer dass sie den gleichen Inhaber hatten. Sie haben getrennt gearbeitet, jetzt arbeiten sie zusammen. Wir kaufen z.B. Gore-Tex Stoffe ein, den wir für Millet, Lafuma oder Eider verwenden können. Je nachdem, was wir für ein Futter drinhaben wollen. Wieviele Taschen, welche Nähte, welche Reißverschlüsse, und so weiter. Es gibt natürlich Produkte, bei denen wir sagen: Das wollen wir nicht für Millet – wenn sie zu stylisch, zu lifestylemäßig sind, oder nicht technisch genug. Solche können wir dann bei Lafuma ansiedeln, weil sie da wieder reinpassen. Das ist das schöne an den drei Marken: Du kannst mit ihnen spielen, du bietest jedem Konsumenten ein Top-Produkt. Das ist sonst das Problem vieler Multi-Brand-Konzerne in den letzten 20 Jahren, weil sie immer nur die Hauptmarke gestärkt haben, durch enorme Zukäufe. Nun ist ihre Hauptmarke dermaßen breit und groß, dass sie ihre DNA verloren haben. Man muss DNA-Marken aber aufrecht erhalten, nicht so breit wie möglich werden. Keine Mono-Brand-Strategie.
Wie geht ihr die Kommunikation dieser drei Marken an?
Calida ist in der Schweiz und in Deutschland sehr bekannt, aber natürlich nicht für den Bergsport. Das wichtigste für uns ist, die Bergsport-Marken komplett voneinander zu differenzieren. Wir wissen aus der Vergangenheit dass es sehr viele Überlappungen gab. Das liegt natürlich daran, dass die Teams verstreut waren, sich nicht gesehen haben und nicht miteinander reden, wo jeder in seinem Kämmerchen entwickelt und im schlimmsten Fall am Ende das gleiche Produkt fabriziert hat.Das ist nun vorbei. Wir fokussieren Eider auf den Bereich Schneesport...
Aber auch Millet hat eine große Skitourenlinie?
..., richtig, Millet ist Skitouren, Eider ist Piste und Freeride. Millet deckt auch den Skitouren-Rennsport ab, das Freeriding ist bei Millet deutlich extremer als bei Eider, fernab von jedem Lift. Eider ist aus der Piste raus und unten wieder in die Piste rein, gemäßigte Grade. Millet ist Felsen und aggressiv runter.
Wie groß ist für einen normalen Hobbybergsteiger der Bedarf an Millet-Produkten?
Groß. Wir reden ja von Produkten, die auch zwischen 1500 und 3000 Metern funktionieren. Der ganze Kletterbereich ist sehr stark bei uns, wir haben ja auch Hallenprodukte, sind eine Partnerschaft mit der Kletterhalle Köln eingegangen. Wir versuchen einfach, näher am Kernuser dran zu sein. Millet hat auch für Bergsteiger, die nicht nur Hochtouren machen, definitiv seine Berechtigung. Natürlich sind die Topprodukte unsere Aushängeschilder, aber Millet hat unter seinen 800 Produkten auch konsumigere Teile, die drei-Lagen-Jacke, mit der man auch abends vor die Tür gehen kann, mehr Design. 50 bis 60% der Linie sind für ganz normale Leute, die einfach Spaß am Berg haben.
Auch wenn sie das Material letztendlich gar nicht, wie die Werbung vorgibt, in den Wänden von Chamonix testen, wie die örtlichen Bergführer?
Das glaube ich gar nicht. Der Bedarf an technischen, qualitativen Sachen, die robust sind und für Konsumenten die Sicherheit bieten, wird immer größer. Warum fährt Audi in der DTM? Das, was sie da aus der Entwicklung kriegen, ist für ihre Serienwagen wichtig. Und der Kunde freut sich über die Top-Entwicklungsstufe, die in seinen Wagen kommt. So sehen wir das auch. Das, was wir auf höchstem Niveau entwickeln, tut auch Otto-Normalverbraucher gut. Was für den Bergführer als Regenschutz dient, ist auch dem Wanderer als Schutz tauglich.
Taugt es auch seinem Geldbeutel?
Wir haben ganz klar den Trend im Verkauf, dass die Kunden eher zu qualitativ hochwertigem und Equipment greifen und gern ein bisschen mehr dafür ausgeben, aber dafür längere Zeit Spaß an den Produkten haben. Der Trend zu Billigware geht dagegen zurück. Ich hab viele Leute im Freundeskreis, die sagen, ich kaufe mir lieber alle drei Jahre eine 500-Euro-Jacke, als jedes Jahr eine 100-Euro-Jacke. Das war nicht immer so. Ich finde diesen Hang zu Qualität aber gut. Die Leute wollen Produkte, denen sie vertrauen können, vor allem am Berg, da ist es ja noch viel wichtiger.
Geht ihr dann auch das Gore-Sustainability Programm mit?
Nein, machen wir nicht. Wir arbeiten viel mit ihnen zusammen und sind auch einer der größten Abnehmer, da machen wir aber (noch) nicht mit.
Warum? Das würde doch genau zu dieser Philosophie passen.
Dazu passen schon. Wir konzentrieren uns aber derzeit auf unsere eigenen Office-Aufgaben. Das Problem ist, die letzten drei Monate haben so viel Umschwung gebracht, wir haben ein komplett neues Team, für viele einen komplett neuen Standort, neue Ländervertretungen, neue Firmen in Ländern, es gibt sehr viel, wo wir gerade jeden Tag am arbeiten sind, das wir sauber hinkriegen müssen. Für die Zukunft ist es aber sicher ein Thema.
Ist der Kundenwunsch nach mehr Nachhaltigkeit ein Thema, das der Sportartikelbranche schmeckt?
Darauf habe ich noch keine Antwort. Wir bekommen laufend Anfragen von Kooperationspartnern, die in diesem Bereich mit uns arbeiten wollen. Aber wir machen keine halben Sachen: Wir konzentrieren uns jetzt erst einmal auf uns, auf unsere Handelspartner, damit sie den Service kriegen, den sie haben wollen. Wenn wir das unter Kontrolle haben, folgt der nächste Schritt. Natürlich ist Millet aber auch im Bereich Nachhaltigkeit aktiv. Jedes Jahr reinigen unsere Mitarbeiter das Mer de Glace von Müll, ich kenne sonst keinen Hersteller, der so etwas anbietet.
Gibt es eine spezielle Millet-Strategie für Deutschland?
Bayern war immer ein starkes Pflaster für Millet, klar, wegen der Alpen. Deutschlandweit sind wir bei 116 von 85 alpinen Händlern vertreten. Die Frage ist, wie können wir in der Breite wachsen. Wir möchten nicht nur mit Bekleidung stark sein, sondern auch mit Ruck- und Schlafsäcken und Schuhen. In diesem Bereich wird einiges passieren.
Herr Walter, vielen Dank für das Gespräch.
Millet kennt man als eine der wenigen Firmen, die nahezu ein Komplettsortiment für Bergsteiger anbieten. Neben einer kompletten Bekleidungslinie, Bergschuhen und -stiefeln, Kletterfinken, Handschuhen, Schlafsäcken und Rucksäcken stellt Millet seit 20 Jahren auch Seile her. Einige der besten Bergsteiger der Alpen arbeiteten als technische Berater für Millet, etwa Walter Bonatti, Patrick Gabarrou oder auch Eric Escoffier, der mit einem fast schon legendären rot-blauen Millet-Overall in weniger als 48 Stunden durch die drei großen Nordwände eilte. Das war im Winter 1987, und dass sich die Kollektion für 2015 an diesem Outfit orientiert, kann man durchaus auch als einen Hinweis sehen, wohin bei Millet die Reise gehen soll: Als "vertikale Marke und Innovationsführer" sieht Thorsten Walter Millet, vor allem aber gehe es darum, "die Marke wieder aufzubauen". Seit Apri 2014 ist Walter bei der Mountain Group, einer Unterabteilung von Calida, verantwortlich für Marketing und Sales. Zur Mountain Group gehören neben Millet auch die Skibekleidungsmarke Eider und die Outdoor-Marke Lafuma. Walter war davor bereits 13 Jahre für verschiedene Outdoor-Firmen in der Schweiz tätig. Im Kurzinterview erklärt er, welchen Weg Millet vor sich hat.
Wie hast du Millet in deinen ersten Monaten kennengelernt?
Millet hat starke französische Wurzeln, die Firma arbeitet sehr technisch und detailorientiert. Der Reißverschluss muss der schönste und beste sein, man legt unglaublich viel Wert auf Details, was wirklich toll ist. Gerade im technischen Bereich ist das außergewöhnlich. Die Firma ist extrem motiviert, man merkt eine Aufbruchsstimmung nach Jahren, in denen es finanziell schlecht aussah. Nun kam ein toller Investor, der Millet vorwärts führt und eine Strategie hat. Das macht Spaß. Ich bin dazugekommen, als die Umsetzung des Umbruchs stattfand: neue Strategie, neue Mitarbeiter. Der Fokus beim Umbruch liegt zunächst auf dem Kundenservice, der Reorganisation und dem Umbau der Verkaufsmannschaften. In der Schweiz mussten wir eine komplett neue Firma aufbauen, haben einen eigenen Vertrieb gegründet. In Deutschland haben wir den Service zentralisiert und ein European Customer Service eingerichtet. Endlich arbeiten die drei Marken gemeinsam in Annecy und nicht mehr in Europa verstreut. Eine Konstante bleibt aber: Das Außendienstteam ist dasselbe wie die letzten Jahre. Das ist die Konstanz, die die Händler auch wollen.
Und wie war die Phase vor dem Umbruch?
Die Firma war völlig autark von Geschäftsführer geführt, Eider und Lafuma separat auch daneben geführt. Vor 1995 war es eine eigenständige Firma unter Privateigentum.
Jetzt ist Millet Teil der Calida Mountain Group. Gehen sich die Marken Lafuma und Millet, die beide Produkte für Bergsportler anbieten, nicht im Weg um?
Ich vergleiche die Lage gern mit der Autobranche. Wir haben hier den Fall eines Volkswagenkonzerns mit zehn oder mehr einzelnen Marken. Auch dort werden sich alle Kunden immer an den Top-Marken orientieren, an Audi oder Porsche, die ganz oben sind. Aber es ist ja immer dieselbe Frage: Was brauchst man als Kunde? Bei uns ist ganz klar Millet die Marke, die unser Top-Brand, unser Aushängeschild ist. Eider ist eine Nischenmarke, die sehr auf den Skibereich spezialisiert ist, und Lafuma ist der Unterbau, eine technische Preis-Leistungsmarke. Für diejenigen, die sich keine 500-Euro Jacke leisten wollen, aber auch eine Jacke aus der gleichen Firma haben möchten, von der sie wissen: Das ist eine abgespeckte Version, aber mit demselben Design, derselben Qualität. Es halt nicht der Porsche mit 500 PS, sondern der Volkswagen mit 200 PS.
Setzt man diese Markenkenntnis bei Calida bereits voraus?
Die wollen wir jetzt aufbauen. Das Ziel ist, die Synergien unter den Marken zu verknüpfen. Vorher waren alle Marken in Frankreich verstreut, sie haben auf Deutsch gesagt nichts miteinander zu tun gehabt, außer dass sie den gleichen Inhaber hatten. Sie haben getrennt gearbeitet, jetzt arbeiten sie zusammen. Wir kaufen z.B. Gore-Tex Stoffe ein, den wir für Millet, Lafuma oder Eider verwenden können. Je nachdem, was wir für ein Futter drinhaben wollen. Wieviele Taschen, welche Nähte, welche Reißverschlüsse, und so weiter. Es gibt natürlich Produkte, bei denen wir sagen: Das wollen wir nicht für Millet – wenn sie zu stylisch, zu lifestylemäßig sind, oder nicht technisch genug. Solche können wir dann bei Lafuma ansiedeln, weil sie da wieder reinpassen. Das ist das schöne an den drei Marken: Du kannst mit ihnen spielen, du bietest jedem Konsumenten ein Top-Produkt. Das ist sonst das Problem vieler Multi-Brand-Konzerne in den letzten 20 Jahren, weil sie immer nur die Hauptmarke gestärkt haben, durch enorme Zukäufe. Nun ist ihre Hauptmarke dermaßen breit und groß, dass sie ihre DNA verloren haben. Man muss DNA-Marken aber aufrecht erhalten, nicht so breit wie möglich werden. Keine Mono-Brand-Strategie.
Wie geht ihr die Kommunikation dieser drei Marken an?
Calida ist in der Schweiz und in Deutschland sehr bekannt, aber natürlich nicht für den Bergsport. Das wichtigste für uns ist, die Bergsport-Marken komplett voneinander zu differenzieren. Wir wissen aus der Vergangenheit dass es sehr viele Überlappungen gab. Das liegt natürlich daran, dass die Teams verstreut waren, sich nicht gesehen haben und nicht miteinander reden, wo jeder in seinem Kämmerchen entwickelt und im schlimmsten Fall am Ende das gleiche Produkt fabriziert hat.Das ist nun vorbei. Wir fokussieren Eider auf den Bereich Schneesport...
Aber auch Millet hat eine große Skitourenlinie?
..., richtig, Millet ist Skitouren, Eider ist Piste und Freeride. Millet deckt auch den Skitouren-Rennsport ab, das Freeriding ist bei Millet deutlich extremer als bei Eider, fernab von jedem Lift. Eider ist aus der Piste raus und unten wieder in die Piste rein, gemäßigte Grade. Millet ist Felsen und aggressiv runter.
Wie groß ist für einen normalen Hobbybergsteiger der Bedarf an Millet-Produkten?
Groß. Wir reden ja von Produkten, die auch zwischen 1500 und 3000 Metern funktionieren. Der ganze Kletterbereich ist sehr stark bei uns, wir haben ja auch Hallenprodukte, sind eine Partnerschaft mit der Kletterhalle Köln eingegangen. Wir versuchen einfach, näher am Kernuser dran zu sein. Millet hat auch für Bergsteiger, die nicht nur Hochtouren machen, definitiv seine Berechtigung. Natürlich sind die Topprodukte unsere Aushängeschilder, aber Millet hat unter seinen 800 Produkten auch konsumigere Teile, die drei-Lagen-Jacke, mit der man auch abends vor die Tür gehen kann, mehr Design. 50 bis 60% der Linie sind für ganz normale Leute, die einfach Spaß am Berg haben.
Auch wenn sie das Material letztendlich gar nicht, wie die Werbung vorgibt, in den Wänden von Chamonix testen, wie die örtlichen Bergführer?
Das glaube ich gar nicht. Der Bedarf an technischen, qualitativen Sachen, die robust sind und für Konsumenten die Sicherheit bieten, wird immer größer. Warum fährt Audi in der DTM? Das, was sie da aus der Entwicklung kriegen, ist für ihre Serienwagen wichtig. Und der Kunde freut sich über die Top-Entwicklungsstufe, die in seinen Wagen kommt. So sehen wir das auch. Das, was wir auf höchstem Niveau entwickeln, tut auch Otto-Normalverbraucher gut. Was für den Bergführer als Regenschutz dient, ist auch dem Wanderer als Schutz tauglich.
Taugt es auch seinem Geldbeutel?
Wir haben ganz klar den Trend im Verkauf, dass die Kunden eher zu qualitativ hochwertigem und Equipment greifen und gern ein bisschen mehr dafür ausgeben, aber dafür längere Zeit Spaß an den Produkten haben. Der Trend zu Billigware geht dagegen zurück. Ich hab viele Leute im Freundeskreis, die sagen, ich kaufe mir lieber alle drei Jahre eine 500-Euro-Jacke, als jedes Jahr eine 100-Euro-Jacke. Das war nicht immer so. Ich finde diesen Hang zu Qualität aber gut. Die Leute wollen Produkte, denen sie vertrauen können, vor allem am Berg, da ist es ja noch viel wichtiger.
Geht ihr dann auch das Gore-Sustainability Programm mit?
Nein, machen wir nicht. Wir arbeiten viel mit ihnen zusammen und sind auch einer der größten Abnehmer, da machen wir aber (noch) nicht mit.
Warum? Das würde doch genau zu dieser Philosophie passen.
Dazu passen schon. Wir konzentrieren uns aber derzeit auf unsere eigenen Office-Aufgaben. Das Problem ist, die letzten drei Monate haben so viel Umschwung gebracht, wir haben ein komplett neues Team, für viele einen komplett neuen Standort, neue Ländervertretungen, neue Firmen in Ländern, es gibt sehr viel, wo wir gerade jeden Tag am arbeiten sind, das wir sauber hinkriegen müssen. Für die Zukunft ist es aber sicher ein Thema.
Ist der Kundenwunsch nach mehr Nachhaltigkeit ein Thema, das der Sportartikelbranche schmeckt?
Darauf habe ich noch keine Antwort. Wir bekommen laufend Anfragen von Kooperationspartnern, die in diesem Bereich mit uns arbeiten wollen. Aber wir machen keine halben Sachen: Wir konzentrieren uns jetzt erst einmal auf uns, auf unsere Handelspartner, damit sie den Service kriegen, den sie haben wollen. Wenn wir das unter Kontrolle haben, folgt der nächste Schritt. Natürlich ist Millet aber auch im Bereich Nachhaltigkeit aktiv. Jedes Jahr reinigen unsere Mitarbeiter das Mer de Glace von Müll, ich kenne sonst keinen Hersteller, der so etwas anbietet.
Gibt es eine spezielle Millet-Strategie für Deutschland?
Bayern war immer ein starkes Pflaster für Millet, klar, wegen der Alpen. Deutschlandweit sind wir bei 116 von 85 alpinen Händlern vertreten. Die Frage ist, wie können wir in der Breite wachsen. Wir möchten nicht nur mit Bekleidung stark sein, sondern auch mit Ruck- und Schlafsäcken und Schuhen. In diesem Bereich wird einiges passieren.
Herr Walter, vielen Dank für das Gespräch.