Das perfekte Skitourenwochenende
Als gigantischer Felsklotz versperrt der höchste Berg der Glarner Alpen kurz hinter Glarus das tief eingeschnittene Tal der Linth – und somit die Sicht in Richtung Süden. »Nieder mit den Alpen – freien Blick zum Mittelmeer!« Klar, dass der Spruch aus den 80er-Jahren von eidgenössischen Spontis skandiert wurde. Geografisch betrachtet stellt der Tödi nicht nur die umliegenden Berge in den Schatten. Mit seinen stolzen 3614 Metern schlägt er berühmte Gipfel des Alpenhauptkamms wie Zuckerhütl, Piz Buin oder Rheinwaldhorn um Längen. Und liegt dabei fast schon am Alpenrand! Seine wild zerrissenen Gletscherbrüche und eine Gipfel-Tal-Vertikaldistanz von drei Kilometern tragen ihr übriges dazu bei, dass die Winterbesteigung des Tödi unter gestandenen Alpinisten als »Skihochtour im Westalpenformat« gehandelt wird. Zum Vergleich: Die Höhendifferenzen von Zermatt aus auf die Gipfel der Monte-Rosa-Gruppe spielen in derselben Liga. Ein perfekteres Abschlussziel für unsere Skitouren-Wochenend-Serie kann es nicht geben!
Aus dem Schatten ins Licht
Am Parkplatz südlich des kleinen Weilers Tierfed schaut mich Wolfgang fragend an. Wie bitte soll man aus diesem dunklen, engen Tal entrinnen. Auf den ersten Blick ist tatsächlich kein Anstieg durch den jäh ansteigenden Talschluss zu erkennen. Doch schon nach kurzer Zeit lösen sich alle Zweifel in Wohlgefallen auf. Weitaus angenehmer als erwartet führt der genial angelegte Sommerweg durch einen Tunnel und über drei Brücken durch den klammartigen Beginn des Hüttenanstiegs und weiter auf die flachen, von riesigen Wänden eingerahmten Weideflächen der Sand-Almen.
Wir werden das erste und leider an diesem Tag auch einzige Mal von Sonnenstrahlen gestreift. Macht nichts! Auf dem steilen Schlussanstieg zur Fridolinshütte wird uns auch ohne UV-Unterstützung warm. An der urigen Bergsteigerunterkunft angekommen bleiben wir einem beliebten Eincheck-Ritual treu: Matratzenlager beziehen, verschwitzte Klamotten wechseln – und dann ein frisches Bier bestellen. In expositionsbedingter Ermangelung eines goldenen Sonnenuntergangs und damit einhergehender Kühle wird dieses nicht auf der Hüttenterrasse gezischt.
In der gemütlichen Stube versorgen uns Gabi, die Hüttenwirtin, und Sarah, ihre rechte Hand, mit kulinarischen Schmankerln und fundierten Touren-Infos: Die Gletscherspalten seien zwar recht gut eingeschneit, aber insbesondere der obere Gletscherbruch sei keinesfalls zu unterschätzen. Alternativ sei der kleine Umweg über die sogenannte Schneerus zu empfehlen. Dieses knapp 300 Meter hohe, etwa 40° steile Schneecouloir würden geübte Skibergsteiger mit guter Spitzkehrentechnik derzeit ohne Steigeisen begehen. Allerdings müsse man bei der Abfahrt durch die ostseitige Rinne darauf achten, nicht zu spät dran zu sein. Bei starker Sonneneinstrahlung sei das Couloir durchaus stein- und eisschlaggefährdet. Von Gabis alpinistischer Kompetenz kann sich so mancher männliche Hüttenpächter eine Scheibe abschneiden.
Ich bin ebenfalls nicht ganz unwissend und kann Wolfi berichten, dass an unserem morgigen Ziel eidgenössische Alpingeschichte geschrieben wurde. Bei einer Besteigung des Tödi im Jahr 1861 kam Rudolf Theodor Simler der Gedanke zu einer Assoziation der Freunde der Bergwelt. Zwei Jahre später wurde daraus der Schweizer Alpenclub gegründet. Die Tödi-Gruppe stellte dessen erstes Exkursionsgebiet dar.
Links rauf – rechts runter
Mutterseelenallein queren wir als erste Tourengeher des frisch angebrochenen Tages von der Hütte zum ersten Gletscherbruch hinüber. Eiskalter Fallwind treibt spitze Schneekristalle ins Gesicht. Die erste Steilstufe ist nur ein müder Vorgeschmack auf den wilden zweiten Gletscherbruch links der gelben Wand. Kein Wunder, dass die Sommerbergsteiger lieber mithilfe eines Drahtseiles diese Felsstufe erklettern. Rechts von dieser könnten wir jetzt in die Schneerus ausweichen. Wolfi und ich sind uns aber einig: Wenn man schon einmal einen gescheiten Gletscherbruch vor seiner Nase hat, dann muss man ihn auch antesten. Auf dem Weg zum Objekt der Begierde queren wir das Trümmerfeld eines frischen Eisabbruchs. Ein weiteres Indiz dafür, dass die Winter im Durchschnitt zu warm geworden sind.
Im Spaltenlabyrinth des oberen Bifertengletschers angekommen, ergibt sich der weitere Aufstieg erstaunlicherweise wie von selbst. Problemlos erreichen wir die Gletschermulde des Oberen Bifertenfirns und uns somit die ersten Sonnenstrahlen. Ideal geneigte Gletscherhänge versprechen einen flotten Endspurt zum Gipfel. Allein die Beine protestieren. Immerhin haben sie bereits 1100 Höhenmeter auf den Schenkeln. Die verbleibenden 400 Meter ziehen sich ordentlich in die Länge.
Aus dem Schatten ins Licht
Am Parkplatz südlich des kleinen Weilers Tierfed schaut mich Wolfgang fragend an. Wie bitte soll man aus diesem dunklen, engen Tal entrinnen. Auf den ersten Blick ist tatsächlich kein Anstieg durch den jäh ansteigenden Talschluss zu erkennen. Doch schon nach kurzer Zeit lösen sich alle Zweifel in Wohlgefallen auf. Weitaus angenehmer als erwartet führt der genial angelegte Sommerweg durch einen Tunnel und über drei Brücken durch den klammartigen Beginn des Hüttenanstiegs und weiter auf die flachen, von riesigen Wänden eingerahmten Weideflächen der Sand-Almen.
Wir werden das erste und leider an diesem Tag auch einzige Mal von Sonnenstrahlen gestreift. Macht nichts! Auf dem steilen Schlussanstieg zur Fridolinshütte wird uns auch ohne UV-Unterstützung warm. An der urigen Bergsteigerunterkunft angekommen bleiben wir einem beliebten Eincheck-Ritual treu: Matratzenlager beziehen, verschwitzte Klamotten wechseln – und dann ein frisches Bier bestellen. In expositionsbedingter Ermangelung eines goldenen Sonnenuntergangs und damit einhergehender Kühle wird dieses nicht auf der Hüttenterrasse gezischt.
In der gemütlichen Stube versorgen uns Gabi, die Hüttenwirtin, und Sarah, ihre rechte Hand, mit kulinarischen Schmankerln und fundierten Touren-Infos: Die Gletscherspalten seien zwar recht gut eingeschneit, aber insbesondere der obere Gletscherbruch sei keinesfalls zu unterschätzen. Alternativ sei der kleine Umweg über die sogenannte Schneerus zu empfehlen. Dieses knapp 300 Meter hohe, etwa 40° steile Schneecouloir würden geübte Skibergsteiger mit guter Spitzkehrentechnik derzeit ohne Steigeisen begehen. Allerdings müsse man bei der Abfahrt durch die ostseitige Rinne darauf achten, nicht zu spät dran zu sein. Bei starker Sonneneinstrahlung sei das Couloir durchaus stein- und eisschlaggefährdet. Von Gabis alpinistischer Kompetenz kann sich so mancher männliche Hüttenpächter eine Scheibe abschneiden.
Ich bin ebenfalls nicht ganz unwissend und kann Wolfi berichten, dass an unserem morgigen Ziel eidgenössische Alpingeschichte geschrieben wurde. Bei einer Besteigung des Tödi im Jahr 1861 kam Rudolf Theodor Simler der Gedanke zu einer Assoziation der Freunde der Bergwelt. Zwei Jahre später wurde daraus der Schweizer Alpenclub gegründet. Die Tödi-Gruppe stellte dessen erstes Exkursionsgebiet dar.
Links rauf – rechts runter
Mutterseelenallein queren wir als erste Tourengeher des frisch angebrochenen Tages von der Hütte zum ersten Gletscherbruch hinüber. Eiskalter Fallwind treibt spitze Schneekristalle ins Gesicht. Die erste Steilstufe ist nur ein müder Vorgeschmack auf den wilden zweiten Gletscherbruch links der gelben Wand. Kein Wunder, dass die Sommerbergsteiger lieber mithilfe eines Drahtseiles diese Felsstufe erklettern. Rechts von dieser könnten wir jetzt in die Schneerus ausweichen. Wolfi und ich sind uns aber einig: Wenn man schon einmal einen gescheiten Gletscherbruch vor seiner Nase hat, dann muss man ihn auch antesten. Auf dem Weg zum Objekt der Begierde queren wir das Trümmerfeld eines frischen Eisabbruchs. Ein weiteres Indiz dafür, dass die Winter im Durchschnitt zu warm geworden sind.
Im Spaltenlabyrinth des oberen Bifertengletschers angekommen, ergibt sich der weitere Aufstieg erstaunlicherweise wie von selbst. Problemlos erreichen wir die Gletschermulde des Oberen Bifertenfirns und uns somit die ersten Sonnenstrahlen. Ideal geneigte Gletscherhänge versprechen einen flotten Endspurt zum Gipfel. Allein die Beine protestieren. Immerhin haben sie bereits 1100 Höhenmeter auf den Schenkeln. Die verbleibenden 400 Meter ziehen sich ordentlich in die Länge.
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