Cool as Ice: Eiskletterkurs | BERGSTEIGER Magazin
Bergsteiger-Leserevent

Cool as Ice: Eiskletterkurs

Eisklettern bei -30 Grad ist »kein Spaß mehr«, weiß Angelika Rainer aus eigener Erfahrung. Gut, dass das Thermometer beim Eiskletterkurs von Bergsteiger und Berghaus »nur« -14 zeigte. Und der Spaß kam ganz sicher nicht zu kurz. 


 
 
Glückliche Gesichter trotz klirrender Kälte © Franziska Haack
Glückliche Gesichter trotz klirrender Kälte

Am Eisfall Cascata di Lillaz wenige Gehminuten von Lillaz im Aostatal entfernt drängen sich an einem Samstagmorgen  Anfang Februar etliche männliche Eiskletter-Seilschaften. Sie staunen nicht schlecht, als eine Gruppe von sechs Frauen anrückt. Einigen dürfte auch Angelika Rainer, dreifache Weltmeisterin im Eisklettern, und die bekannte Bergführerin Anna Torretta ein Begriff sein, die nun Toprope-Routen für ihre Schützlinge einrichten. 

Sobald die Seile hängen, werden die drei Bergsteiger-Leserinnen und die Volontärin ans Eis geschickt. Ohne große Einleitung steigt eine nach der anderen hinauf. Danach gibt es Lob, Tipps und einige Technikübungen, die Anna mit Argusaugen überwacht. Immer wieder ruft sie: »Die Diagonale! Gewicht auf den anderen Fuß!«, oder »Lass den Arm lang!« Mittags schwirrt allen der Kopf, so viel gilt es zu beachten. 

»Ich finde es gut, dass Anna so streng mit uns ist. So können wir in der kurzen Zeit alle wichtigen Punkte mitnehmen«, sagt Teilnehmerin Angelika beim Abendessen im schnuckeligen Petit Dahu, wo wir eine Köstlichkeit nach der anderen serviert bekommen; dazwischen ist viel Zeit, den Tag Revue passieren zu lassen, Berganekdoten auszutauschen und zu lachen.

Eiskletterer unter sich

An den Nachbartischen hört man ähnliche Gesprächsthemen, genauso wie im Hotel Ondezana, wo wir am Vorabend zum Essen waren, und in unserer Unterkunft Les Nigritelles. Wer sich in den Hotels von Think Nature, einem Zusammenschluss kleiner Familienbetriebe, bewegt, könnte meinen, alle Touristen kämen nur zum Eisklettern ins Aostatal. Dabei sind die Eiskletterer nicht überall beliebt, wie Carlo Enrietti, Betreiber des Les Nigritelles und Gründer von Think Nature, erklärt. »Viele hier denken, Eiskletterer seien schmutzig und ungehobelt. Aber bei uns sind sie willkommen.« Denn der Verbund  hat sich natur- und regionsverbundenem Tourismus verschrieben.

Bei den Kursteilnehmerinnen kommt das gut an. »Die Leute hier sind alle so freundlich. Und das Essen einfach wunderbar. Meine Erwartungen an das Wochenende wurden bei weitem übertroffen«, sagt Franzi. Sie hatte als Einzige schon einige Erfahrung im Eisklettern, konnte aber trotzdem sehr von den Tipps und Tricks der Spezialistinnen profitieren.

Highlight der Veranstaltung ist für alle der persönliche Kontakt zu Angelika Rainer, »die so herrlich authentisch und trotz ihres Erfolges alles andere als abgehoben ist«, wie Katja es ausdrückt. Und auch die Weltmeisterin genießt die Zeit in der Mädelsrunde sichtlich. Erinnert es sie doch an ihre eigenen Anfänge: »Ich habe zunächst viel von Freunden gelernt und profitiere auch heute noch davon, öfters mit einigen der weltbesten Eis- und Mixedkletterer  unterwegs zu sein.« 

Und so wird am zweiten Tag fleißig weitergeübt. Diesmal am Moline, wo weniger los ist und alle im Sonnenschein klettern, bis die Arme schmerzen.
 

Angelika Rainer: Aus einer spontanen Laune heraus an de Weltspitze

Natürlich hatte die Südtirolerin das Eisklettern schon mal an einem der vielen gefrorenen Wasserfälle in ihrer Heimat ausprobiert, »aber die richtige Begeisterung für Pickel und Steigeisen hat mich erst bei einem Drytooling-Wettkampf gepackt«, erzählt Angelika Rainer. Aus purer Neugier angemeldet, erklärten ihr Freunde vor dem Start schnell noch die grundlegende Technik. Mit Erfolg, wie ihre Platzierungen bei Eiskletter-Weltmeisterschaften (2009, 2011, 2013 erster Platz) und Weltcups (2012 u. 2015 Gesamtsiegerin) sowie starke Leistungen im Eis- und Mixedklettern im Freien zeigen.

Foto: Jensen Walker

 

Franziska Haack
Fotos: 
Franziska Haack
Artikel aus Bergsteiger Ausgabe 04/2018. Jetzt abonnieren!
 
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