Outdoorbekleidung im Test: Die Skitourenhose | BERGSTEIGER Magazin
Der BERGSTEIGER Skitourenhosen Test

Outdoor-Bekleidung im Test: Skitourenhosen

Je ungemütlicher die Wetterverhältnisse auf der Skitour sind, desto mehr freut man sich über die entsprechende Funktionsbekleidung. Bei geschicktem Kauf erwirbt man mit der Skitouren- auch eine solide Hochtourenhose. Wir zeigen Ihnen in unserem Skitourenhosen Test, worauf es bei der Hose wirklich ankommt. (Aus BERGSTEIGER 02/2009)

 
Skitourenhose Test © BERGSTEIGER
Skitourenhosen im Test
Schutz und Multifunktionalität bezahlt man zunächst einmal mit zusätzlichem Gewicht: 650 bis 700 Gramm (v. a. Mammut, Marmot, Salewa) wiegt die leichteste Skitourenhose in Größe 52 oder XL, egal aus welcher Kategorie. Nur die ultraleichten Rennhosen von Camp und Millet wiegen gerade einmal 410 g, sind aber trotz Ausstattungs-Minimalismus voll funktionsfähig. 800 bis 900 Gramm wiegen die weniger raffinierten oder robusteren Hosen (robusteste Norröna 910 g). Die verwendeten Materialien unterscheiden sich nicht grundlegend von den leichteren Modellen.

Material und Fütterung

In der expeditionstauglichen Kategorie »Vollschutz«, also wind- und wasserdicht, hat das stabile dreilagige Laminat Goretex-Pro Shell größere Marktanteile als das atmungsaktivere Dermizax (Bergans). Eine lange Unterhose macht dieses nicht gerade hautfreundliche Material erträglicher. Man sollte dabei dem Modell den Vorzug geben, das sich auch als Überhose im Sommer eignet (bei Berghaus sehr gut gelöst). Für den Regelfall, also einen trockenen Wintertag, reicht ein dünneres winddichtes und stark wasserresistentes Membranlaminat wie Goretex-Windstopper (z. B. Salewa) oder das etwas weniger dichte, aber atmungsaktivere Hybridmaterial Softech Soft­-shell (Mammut) als Witterungsschutz völlig aus. Für Skitouren bei gutem Wetter oder im Frühjahr ist allerdings wegen seiner außerordentlichen Atmungsaktivität bei ausreichendem Witterungsschutz »echtes« Softshell ohne Membran ideal. Außerdem lassen sich diese Hosen bei der Abfahrt deutlich besser dehnen (Marmot kaum spürbar) als solche mit Membran (bei Berghaus gut gelöst durch Formschnitt).

Eine Skitourenhose aus Softshell mit angerauter Innenseite (Hauptfunktion: bessere Atmung) oder mit einer wärmeren Fleece-Lage (am wärmsten Northland) bietet neben dem »Kuschelfaktor« auch mehr Wärme, wenn man gerade einmal nicht in Bewegung ist. Manche Windstopper-Hosen sind durch dünne Polyesterlagen (Mountain Equipment; Mammut teilweise) oder intelligente Fleeceverteilung (Salewa) ebenfalls angenehm zu tragen. Schon bei geringer Anstrengung im Aufstieg wird es allerdings durch die geringere Atmungsaktivität in Membranhosen unangenehm warm.

Hüftabschluss

Alle Hüftabschlüsse der vorgestellten Skitourenhosen besitzen für die Abfahrt einen Nierenschutz (Auskühlungsgefahr!) und sind hinten hochgezogen (verrutscht leider bei Millet) – und zwar in Form höherer Bünde. Diese bestehen vorzugsweise aus schweißabsorbierendem Gestrick (z. B. Mammut), verlängerten Trägeransätzen (bei Northland, Vaude mit abzippbaren Trägern) oder aus dem absolut schneedichten Rumpfschneefang mit Trägern von Norröna (auch abzippbar). Letztere Hose lässt sich übrigens mit der gleichnamigen Jacke zu einer absolut dichten Kombination für Extremeinsätze verbinden (zusammen 1000 Euro). Da jeder Mensch anders gebaut ist, sollte der Bund mittels integrierten Gummibands möglichst variabel sein, was häufig nicht der Fall ist. Und Gürtel oder Gürtelschlaufen machen nur Sinn, wenn man dafür die Hosenträger abnehmen kann. Dies ist seltsamerweise bei Mammut (mit Gürtel) und Marmot (immerhin mit Trägerschnallen) nicht der Fall, obwohl man gern auf Träger verzichtet, wenn man die Hose für Hochtouren verwendet, was sich in beiden Fällen anbietet. Die durchwegs gut (Norröna, Berghaus perfekt) abgedichteten Fronteingriffe mit teils doppeltem Reißverschluss (RV) sind in der Regel mit Druckknöpfen versehen, aus Redundanzgründen inzwischen immer mit zweien (Northland Häkchen; Marmot, Vaude neuartiger Schubknopf).


Beinabschlüsse und Verstärkungen

Ein Charakteristikum von Skitourenhosen ist der Schneefang. Dies ist ein im Hosenunterschenkel mit Erweiterungs-RV aufgehängtes Innen-Hosenbein, das wasserdicht beschichtet ist und über einen stark dehnbaren Gummi-Abschluss verfügt. Dieser wird über den Skitourenstiefel gestülpt, um das Eindringen von Schnee zu verhindern. Zur leichteren Handhabung lässt er sich meist per Klett und mit Druckknopf öffnen. Der Nachteil: Schneefänge sind nicht atmungsaktiv, so dass man besonders bei langen Ausführungen (Salewa, Schöffel) am Unterschenkel schwitzt – was manche Hersteller durch eine Belüftung abmildern (z. B. Vaude). Northland hat deshalb einfach den Schneefang verkürzt (Risiko des Schneeeindringens).

Skitourenhosen besitzen fast alle an den Innenschenkeln eine Verstärkung gegen Abrieb durch Schuhe und Ski – sogar zum Schutz vor den Frontalza­cken eventuell verwendeter Steigeisen (bei Salewa, Schöffel geht nichts durch). Aber nur Mountain Equipment schützt die Unterschenkel durchaus sinnvoll auch hinten. Während Knieverstärkungen (z. B. Millet) im Skitourenbereich wenig bringen, vermisst man Verstärkungen am Gesäß (nur Bergans). 

Taschen und Extras

Alle vorgestellten Skitourenhosen besitzen zwei RV-Seitentaschen (Camp eine kleine), die groß genug sein sollten, um bequem die Hände einzuführen (top bei Vaude, zu klein bei Berghaus). Außer bei wasserdichten Hosen dienen die offenen Taschen auch der Lüftung. Neben einigen Softshells besitzen alle Modelle zusätzlich seitliche RV-Lüftungsschlitze an den Oberschenkeln (top bei Vaude). Sie sind normalerweise durch ein Netz gegen Schneeeinfall und Einblick geschützt, was nicht für wasserdichte Hosen mit Sekundärverwendung als Überhose gilt (wie Norröna), deren Seiten-RV idealerweise durchgehend sind (Berghaus) und somit beliebige Lüftungsvarianten ermöglichen.

Während eine Gesäßtasche entbehrlich ist, ist eine Kartentasche inzwischen immer öfter vorhanden (z. B. Marmot). Norröna hat bei seiner der Snowboardmode folgenden Hose Seiten- und Kartentaschen zu voluminösen, aber auf Tour im gefüllten Zustand hinderlichen Oberschenkeltaschen fusioniert. Nützliche Hosendetails sind Reflektoren, vorzugsweise vorn und hinten, um bei Dunkelheit gesehen zu werden (Camp fast aufdringlich hell). Praktisch sind auch Gamaschenschlaufen am Schneefang mit Zughaken, durch die sich für den sommerlichen Hochtoureneinsatz ein Riemen (Salewa) oder Draht (Vaude) ziehen lässt. Ein Ersatzdruckknopf (Mammut) und ein Recco-Finder (Bergans) für die Verschüttetensuche durch die Bergwacht runden das Programm ab.

Passform, Dehnbarkeit und Schneeabdichtung

Die Unterschiede in den Weiten sind eklatant: Während sportliche, stark dehnbare und Windstopper-Modelle eher eng anliegend (kaum Wärmeverlust) bis mittelweit sind, könnte man bei wasserdichten Modellen locker eine Daunenhose unterziehen (auch Mountain Equipment; Norröna aber oben anliegend). Gleichzeitig sind letztere kaum dehnbar und verrutschen somit beim Aufsteigen mit einem Raschelgeräusch des Materials (am wenigsten Berghaus). Am besten dehnbar sind erwartungsgemäß die Softshell-Hosen ohne Membran (außer Northland; Marmot perfekt), die Windstopperhosen von Schöffel und Salewa stehen darin kaum nach. Ein Spannen am Oberschenkel beim Anziehen der Knie (Northland, Vaude; Mammut etwas) kann im Aufstieg lästig sein.

Die optimale Abdichtung erfordert einen perfekt anpassbaren Hüftabschluss sowie einen Beinabschluss, der nicht hochrutschen kann. Letzteres ist bei Skitourenhosen normalerweise durch den Schneefang gewährleistet (außer Northland; bei Camp, Millet nicht wasserdicht), der durch Zug, Klett oder Druckknopf an der Hose abgesichert sein kann. Hüftabschlüsse ohne ausreichend starken Gummibund, Gürtel oder andere Anpassung sind dagegen besonders bei weiten Hosen meist undicht (z. B. Bergans).

Hier können Sie sich den Skitourenhosen Test vollständig als PDF downloaden
Christian Schneeweiß
Artikel aus Bergsteiger Ausgabe 02/2009. Jetzt abonnieren!
 
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