Am 30. April 2018 flog ich von München via Moskau nach Mineralnye Vody, im Süden Russlands. Dort traf ich auf meinen Bergführer und die restlichen Mitglieder des Teams, das aus acht Russen, einem Brasilianer und mir bestand.
Nach einer 3-stündigen wilden Busfahrt durch das Baksan-Tal erreichten wir unseren Talort Terskol auf einer Höhe von 2129 Metern, am Fuße des Kaukasusgebirges. Der Ort lebt ausschließlich vom Berg- und Skitourismus. Unsere Unterkunft war erstaunlich komfortabel und sauber. Auch die Verpflegung war in Ordnung; auf gesundes und vitales Essen wurde Wert gelegt, da die internationale Bergsteigerszene hier ganzjährig absteigt. Ein sympathischer Bergführer namens Evgeniy stimmte uns auf die kommende Herausforderung ein. Für diejenigen, deren Ausrüstung den Anforderungen nicht entsprach, bestand die Möglichkeit, in einem gut ausgestatteten Bergsteiger-Shop sämtliche fehlende Teile auszuleihen. Ich benötigte noch einen bis zu -30 ° C tauglichen Schlafsack.
2. Mai – erste Eingehtour
Start morgens um 7 Uhr. Nach einem soliden Frühstück ging es auf die erste Eingehtour, mit einem Anstieg auf 3400 Meter. Dafür waren wir circa sieben Stunden unterwegs. Schnell zeichnete sich für die Bergführer ab, wie die Gruppe funktionierte und die Kondition der Einzelnen war.
3. Mai – Basecamp
Bereits am nächsten Tag stiegen wir zum Basislager (3800 m) auf. Dort erwartete uns eine erste große Überraschung: Wir übernachteten nicht in den ultra-spartanischen Tonnen, die ich in einem Fernsehbericht gesehen hatte, sondern in einer gerade eröffneten Berghütte, die Platz für 250 Bergsteiger bietet. Allerdings hatten wir Glück, da wir zu den ersten Bergsteigern der Saison gehörten und noch nicht allzu viele Leute in vor Ort waren. In der Hauptsaison wird hier wohl jeder Quadratmeter genutzt und die Besucher liegen überall auf dem Boden, sogar in der Küche. Ein einziges Klohäuschen – weit ab von der Hütte an einer steilen Felskante – musste für alle reichen!!
4. Mai – letztes Akklimatisieren
Nach einer mehr oder weniger schlaflosen Nacht im Basislager, fand an diesem Tag unsere letzte Akklimatisierungstour auf 4800 Meter statt. Das Team spielte sich langsam aufeinander ein, auch wenn die Russen kein Wort Englisch sprachen. Mit Handzeichen klappte einiges…
5. Mai – Ruhetag
Den Ruhetag vor dem Gipfelsturm nutzten wir für letzte Vorbereitungen. Der Rucksack wurde vollgestopft mit Powerbar-Riegeln und Energizern. Und ganz entscheidend: Heiße Gemüsebrühe in Thermoskannen! Warum das so wichtig werden sollte, erzähle ich Euch beim Gipfelaufstieg. Letzte Kontrolle aller Gegenstände. Stirnlampe, Trekkinstöcke, Steigeisen: Alles lag bereit um nach Mitternacht ruckzuck startklar zu sein!!!
6. Mai – Der Gipfel wartet
Kurz nach Mitternacht trafen wir uns zu einem energiereichen Snack. Alle waren mit sich selbst beschäftigt und konzentrierten sich auf das, was vor ihnen lag. Leider hatte das Wetter umgeschlagen. Als wir um 1 Uhr nachts aufbrachen, war es stockfinster, kein Stern zu sehen. Wir gingen schweigend Schritt für Schritt, nur mit dem Licht der Stirnlampen. Außer dem Geräusch der in den knirschenden Schnee greifenden Steigeisen und dem angestrengten Atmen der Bergfreunde war nichts zu hören.
Bei Morgengrauen machten wir zum ersten Mal Halt. Wir hatten mittlerweile eine Höhe von circa 5000 Metern erreicht. Meinem brasilianischen Bergkameraden ging es zusehends schlechter. Er schwankte und verlor mehr und mehr den Anschluss an die Gruppe. Da ich die Verantwortung als Schlusslicht übernommen hatte, fiel mir sein Zustand bald auf. Er reagierte kaum auf meine Ansprache und versuchte sich hinzulegen. Genau das ist jedoch hochgefährlich. Die Temperaturen lagen inzwischen bei etwa -30 ° C. Jetzt war die heiße Gemüsebrühe die Rettung. Durch den Salzgehalt und die nötigen Elektrolyte kehrten seine Kräfte schnell wieder zurück.
Das Finale
Nun bildeten wir eine Seilschaft, denn der längste und schwierigste Teil stand uns noch bevor. Wir sahen absolut nichts, es war dichtester Nebel. Nur dank einiger im Schnee steckender Fähnchen konnten wir die ungefähre Aufstiegsroute halten. Es hatte frisch geschneit und keine Spuren halfen uns bei der Orientierung. So ging es nun auf der Traverse über Stunden steil aufwärts. Die Luft wurde immer dünner. Wichtig ist es, immer gleichmäßig und tief einzuatmen. Nach circa zweieinhalb Stunden erreichten wir den Kessel zwischen dem Ost- und dem Westgipfel. Hier wurde der Nebel noch dichter. Da wir den Gipfel nicht sehen konnten, machte sich Frust breit. Wir mussten uns gegenseitig sehr motivieren, um den nächsten großen Anstieg anzugehen. Es lagen immer noch eineinhalb Stunden Aufstieg vor uns.
Irgendwann gab der Bergführer dann das Signal, dass wir den Gipfel in wenigen Minuten erreichen würden. Nochmal alle Kräfte mobilisieren! Und dann waren wir endlich am Ziel. Den Gipfel des Mount Elbrus markiert ein Felsbrocken mit einer Plakette. ES WAR GESCHAFFT! Wir konnten es kaum fassen. Nach kurzem Beglückwünschen machten wir uns an den Abstieg. Hier oben herrschten Temperaturen von -30 ° bis -40 ° C. Es war also keine Zeit zu verlieren. Auch jetzt durfte die Konzentration nicht nachlassen. Jeder Schritt musste sitzen! Für den Abstieg brauchten wir bei weiter dichtem Nebel gute sechs Stunden.
Mein erster Gipfelsieg der 7 Welt-Summits war erreicht!
Zurück im Basislager hieß es: »Nastrovje!« Und die Zertifikate über den Gipfelanstieg wurden uns überreicht.
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