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08.09.2012

Raus aus dem Tal, rein in die Köpfe

Die AlpenWoche 2012 will eine panalpine Zusammenarbeit anstoßen. Der Geist der Tagung muss jetzt seinen Weg in die Köpfe von Sportlern, Unternehmern und Politikern finden.
 
 


Wie lang ist der längste Flying Fox in den Alpen? Wieviel Prozent der Skigebiete werden bei einer Erwärmung um vier Grad in den Alpen noch schneesicher sein? Und wo findet sich die europaweit längste, aus Sicht von Naturschützern unsinnige Hängebrücke? Fragen wie diese sind Teil des Quiz‘ zum Thema »Alpinismus zwischen Fun-Park und Klimawandel« auf der AlpenWoche 2012 in Poschiavo. Der Club Arc Alpin (CAA) hat sich damit für eine lebendigere Art der Podiumsdiskussion entschieden. Das Publikum greift diese dankbar auf und bekommt zu den Antworten vertiefende Informationen von den anwesenden Experten der Alpenvereine und der CAA. So erfahren die Teilnehmer beispielsweise, dass bei vier Grad Erwärmung nur noch 30 Prozent der Skigebiete auf natürliche Art und Weise schneesicher wären.

Eine Problematik, die als pars pro toto dient für die Anliegen der AlpenWoche. Von 4. Bis 7. September haben sich Wissenschaftler und Berg-Lobbyisten mit Themen wie der nachhaltigen Entwicklung in den 900 Schutzgebieten der Alpen, der Rolle kleiner und mittelgroßer Unternehmen (KMU) bei der gesellschaftlichen und ökologischen Erneuerung dieser, neuer Urbanisierung in den Bergen, Initiativen der Bevölkerung und eben dem Alpinismus zwischen Funpark und Klimawandel beschäftigt. Organisiert wurde die AlpenWoche mit dem Slogan »Erneuerbare Alpen« von mehreren Organisationen: der Schweizer Präsidentschaft der Alpenkonvention, dem Club Arc Alpin (CAA), dem Netzwerk Alpiner Schutzgebiete (Alparc), der Internationalen Alpenschutzkommission Cipra, dem Internationalen Wissenschaftlichen Komitee Alpenforschung (Iscar), der Allianz in den Alpen und der Region Valposchiavo.

Diese sind überzeugt, dass sich in Poschiavo »ein neuer Geist von panalpiner und grenzübergreifender Zusammenarbeit entwickeln wird«. Sie wollen ihre Arbeit dafür stärker bündeln, sich auf spezifische Ziele konzentrieren: insbesondere auf die wirtschaftliche, soziale und ökologische Erneuerung des Alpenraums mit klarer Betonung der nachhaltigen Entwicklung. Der Grund für die Wahl Poschiavos als Veranstaltungsort der AlpenWoche 2012 ist, dass das Tal ein Beispiel für die Suche einer Region nach neuer Entwicklung ist.

Zum ersten Mal findet die Alpenwoche zeitgleich und am selben Ort statt wie die Alpenkonvention. Bundesumweltminister Peter Altmeier und seine Kollegen aus der Schweiz, aus Österreich und Italien tagen nur ein paar Häuser weiter. Es ist ein bewusstes Signal der Schweizer Präsidentschaft der Alpenkonvention, mit dem Ziel, die Staaten der Alpen und die dort beheimateten Organisationen zusammenzubringen. Eigentlich ist das die einzig naheliegende Überlegung. Alle beschäftigen sich mit derselben Region und viele der Organisatoren der Alpenwoche sind ohnehin Beobachter der -konvention.

Viele der NGOs und Organisationen mit Beobachterstatus empfinden das Prozedere der Konvention jedoch als langatmig und wenig zielführend. »Es ist frustrierend«, sagt Veronika Schulz, die Leiterin der Geschäftsstelle des CAA. Vor dreieinhalb Jahren war sie »voller Elan« als CAA-Beobachterin der Alpenkonvention angetreten: »Die Themen sind absolut relevant und es gibt so viel zu tun.« Heute ist sie zwar nicht mutlos, aber doch ernüchtert, wie wenig sich bewegen lässt. »Die Themen sind alle politisch, da treffen viele unterschiedlich geartete Interessen aufeinander.« Das politischste aller Interessen ist wie so oft: das Geld. Wenn es darum geht, wer ein Projekt finanzieren soll, wird die tollste Idee rasch beendet.

Die Herausforderung für Alpenwoche wie -konvention ist deshalb die Wahrnehmung in der Öffentlichkeit. Die CAA beispielsweise hat kein Budget für eigene Öffentlichkeitsarbeit, schon gar nicht für mehrsprachige. Umso wichtiger ist es, dass die Vereine und Organisationen die Botschaften der Alpenwoche unter ihren Mitgliedern publik machen. Damit der neue Geist panalpiner, grenzübergreifender Zusammenarbeit den Weg aus dem Valposchiavo hinaus und in die Köpfe der Bergsteiger und aller anderen Bergfreunde findet.

Von Sandra Zistl