Fotokurs Teil 1: Spiegelreflexkameras verstehen | BERGSTEIGER Magazin
Berfotografie - so gelingt das perfekte Foto

Fotokurs Teil 1: Spiegelreflexkameras verstehen

Bergsteigen und Fotografieren gehören untrennbar zusammen – jeder Bergfreund möchte doch seine Eindrücke auf Tour festhalten! Die digitale Fotografie hat die Welt der Bilder fundamental verändert. Worauf man bei Spiegelreflexkameras achten muss, sagt Ihnen Profi-Fotograf Bernd Ritschel.

 
Profi-Fotograf Bernd Ritschel © Bernd Ritschel
Profi-Fotograf Bernd Ritschel
Die digitale Revolution hat die Fotografie grundlegend verändert. Sie bringt unzählige Vorteile, aber auch einigeNachteilemit sich. Fast im Monatsrhythmus kommen neue Produkte auf den Markt, so dass selbst Händler und Profifotografen den Überblick verlieren. Aus Fotomagazinen sind Technik und Testmagazine geworden, aus Diavorträgen Pixelshows. Doch trotz allem: Die Digitalfotografie kann unglaublich spannend sein. Mich persönlich hat sie sogar wieder neugieriger und kreativer gemacht.

Kameras für den alpinen Einsatz

Für die Fotografie in den Bergen eignen sich fast alle digitalen Spiegelreflexkameras. Angenehmklein und leicht ist die E410 von Olympus mit zehn Megapixeln, zudem bietet dieser Hersteller ein sehr gutes Objektivprogramm. Einziger Nachteil: Wegen der »Selbstbeschränkung« auf das so genannte Four-Thirds-Chipformat (13 x 17,3 mm) sind der Auflösung und damit der Qualität Grenzen gesetzt. Nikon und Canon bieten sicherlich das größte Kamera-, Objektiv- und Zubehörprogramm. Die neuesten Modelle – Canon EOS 40D mit 10,1 Megapixeln und Nikon D300 mit 12,3 Megapixeln – erfüllen fast alle Ansprüche. Sie sind robust, schnell (selbst für Ski- oder Mountainbike-Aufnahmen) und liefern hervorragende Bildergebnisse, die selbst den analogen Diafilmübertreffen. Auch für das klassische Minolta- System gibt es seit kurzem mit der neuen Sony Alpha700 eine qualitativ hervorragende Kamera.

Grundsätzlich sollte eine digitale Spiegelreflexkamera:

  • möglichst gut gegen Feuchtigkeit und Schmutz abgedichtet sein,
  • auch RAW-Daten (Rohdaten) aufzeichnen können,
  • einen großen LCD-Monitor zur Schärfe- und Belichtungskontrolle haben,
  • eine Spiegelvorauslösung bieten, um Verwacklungsunschärfen durch den Spiegelschlag bei langen Brennweiten oder im Makrobereich zu vermeiden,
  • gut in der Hand liegen und in ihren wesentlichen Funktionen selbst mit Handschuhen gut bedienbar sein

Wie viele Pixel braucht der Bergsteiger?

Das kommt darauf an, wie groß die Abzüge werden sollen. Für Standardgrößen (bis etwa 20 x 30 cm) genügen Kameras mit sechs bis acht Millionen Pixeln völlig. Wer richtig große Abzüge (ca. 40 x 60 Zentimeter) in guter Qualität will, sollte sich ab acht Millionen Pixeln nach oben orientieren. Mindestens ebenso wichtig ist aber ein gutes Objektiv, eine gute kamerainterne Software sowie die Nachbearbeitung am PC. Eines gilt es jedoch immer zu beachten: umso mehr Pixel, desto größer die Datei. Das bedeutet in der Folge langsameres Handling der Bilddateien. Gleichzeitig benötigt man mehr Speichervolumen auf der Festplatte des Computers.

Wichtige Grundeinstellungen

Um die Möglichkeiten des digitalen Mediums voll auszuschöpfen, kann es sinnvoll sein, die Grundeinstellungen an der Kamera zu verändern: Am wertvollsten ist für mich das Dateiformat »RAW« (Rohdaten), um zu Hause am Computer alle wichtigen Parameter wie Belichtung, Tiefen, Farbtemperatur etc. festlegen zu können. Belässt man hier die Vorgabe »JPEG«, legt die kamerainterne Software diese Parameter fest. Die Filmempfindlichkeit sollte nicht zu hoch eingestellt werden, um das störende Bildrauschen zu minimieren. ISO 50 oder 100 sind perfekt, in der Dämmerung oder in Räumen gehe ich auf ISO 400. Im Reportageeinsatz stelle ich den Weißabgleich auf Automatik, um der Mischung aus Kunstlicht (Glühbirnen, Neonlicht etc.) gerecht zu werden.

In der reinen Naturfotografie nutze ich die Einstellung »Tageslicht«, um die stimmungsvollen Farben der Morgen- und Abendstunden voll zu erhalten. Bei der Belichtungsmessung kann man der modernen Matrix- oder Mehrfeldmessung mittlerweile voll vertrauen. Besonders in Kombination mit RAW-Daten, da hier die Belichtung ja erst am Computer endgültig festgelegt wird.

Akkuproblem und Datensicherung

Wer kennt nicht jene Skitourentage im Hochwinter, an denen der Atem die Haare mit Eiskristallen schmückt und die Temperatur auf minus 20 Grad absinkt. Genau dann sind die Motive besonders schön – und genau dann geben viele Akkus ihren Geist auf. Ich erinnere mich noch gut an einen Sonnenaufgang auf dem Gipfel des Kilimanjaro: Von rund 100 Bergsteigern konnten fast 90 keine Bilder mehr machen, weil die Akkus ihrer Kameras leer waren. Zum einen war es sehr kalt, zum anderen wurden die Akkus über viele Tage nicht nachgeladen. Achten Sie also darauf, vor jeder Tour die Akkus frisch zu laden. Nehmen Sie einen Ersatzakku mit, auf mehrtägige Touren im Winter besser zwei. Halten Sie die Kamera, inklusive Ersatzakku, bei tiefen Temperaturen möglichst warm, indem Sie sie direkt am Körper tragen.

Ein wichtiger Punkt: Um mich vor Datenverlusten zu schützen, mache ich bereits auf Tour einen ersten Backup. Das heißt, ich kopiere alle Fotos auf einen externen Datenspeicher. Empfehlenswert sind hier der »DipWiesel X2« mit 80 GB Speichervolumen oder der »Media Storage Viewer« von Canon.

Vorteile der digitalen Fotografie

Für mich ganz wichtig ist die Belichtungskontrolle über das Histogramm, das sich zu jeder einzelnen Aufnahme abrufen lässt. So kann ich falsch belichtete Aufnahmen wiederholen oder vor einem wichtigen »Schuss« gleich eine Testaufnahme machen und die optimale Belichtung ermitteln. Ideal ist das Histogramm und damit die Belichtung, wenn sich die Helligkeitswerte mittig verteilen und weder links in den Schwärzen noch rechts in den hellen Bildbereichen Informationen beschnitten werden.

Ein großer Vorteil bei Digitalkameras ist die Lupenfunktion. Mit ihr kann ich direkt nach der Aufnahme die Schärfe des Bildes bzw. bildwichtiger Bereiche (Augen) überprüfen. Und zu guter Letzt muss ich auf Fernreisen bei all den lästigen Röntgenkontrollen nie mehr Angst um meine Filme haben …

Das kleine Digitalkamera-ABC

  • Analog: bezeichnet man die klassische Fototechnik mit Film.
  • Blende: Mit der im Objektiv eingebauten Blende lässt sich die Öffnung des Objektivs verkleinern, und die Menge des einfallenden Lichts kann reduziert werden.
  • Brennweite: Sie bezeichnet zusammen mit der Lichtstärke die Eigenschaften eines Objektivs. Bei Digitalkameras wird die Brennweite zu besseren Vergleichszwecken auf das klassische Kleinbildformat umgerechnet (vgl. Fotos).
  • Farbtemperatur: in Kelvin gemessen bzw. angegeben, beschreibt die spektrale Energieverteilung einer Lichtquelle. Misst die Kamera bzw. stellt der Fotograf an der Kamera eine falsche Farbtemperatur ein, verursacht dies einen Farbstich.
  • Histogramm: Es zeigt in Form eines Diagrammes die Helligkeitsverteilung im Bild.
  • JPEG (Joint Photographic Experts Group): Komprimierbares Dateiformat. Vorteil: kleine Dateigrößen. Nachteil: Durch das »Weg-Komprimieren« von Bildpunkten verschlechtert sich bei mehrmaligem Öffnen bzw. wieder Speichern der Aufnahme die Bildqualität.
  • Lichtempfindlichkeit (in ISO angegeben): Sensoren können auf unterschiedliche Lichtempfindlichkeiten eingestellt werden. Mit einer Verdoppelung der ISO-Zahl verdoppelt sich auch die Lichtempfindlichkeit (und man kann logischerweise bei gleicher Blende mit der halben Belichtungszeit fotografieren). Bei hohen ISO-Zahlen (meist ab 640) wird das Bild bei vielen Digicams grobkörnig; der Fachmann nennt dieses Phänomen »Rauschen«.
  • Kleinbild: Das klassische Filmformat mit den Maßen 24 x 36 mm. Sensoren in Kleinbildgröße nennt man Vollformat-Sensoren. Sie sind sehr leistungsstark, erfordern aber aufwändige Objektive und werden nur bei Spiegelreflexkameras der Profiklasse verwendet.
  • Lichtstärke: Die größte Blendenöffnung wird als Lichtstärke bezeichnet. Lichtstarke Objektive ermöglichen auch bei schwachem Licht noch gute Ergebnisse. Pro vollem Blendenwert halbiert sich die einfallende Lichtmenge (2,0; 2,8; 5,6; 8; 11…)
  • Pixel: Abkürzung für »Picture Element«, bezeichnet die kleinste Einheit eines digitalen Bildes. Moderne Sensoren können 6 bis über 20 Megapixel abbilden, ein Megapixel entspricht einer Million Pixel.
  • Rauschen: Beim Rauschen handelt es sich um ungewünschte zufällige Abweichungen der Helligkeit oder Farbe eines Pixels von dem zu erwartenden Sollwert. Dadurch entsteht der Eindruck von grobem Korn. Rauschen nimmt bei hohen Filmempfindlichkeiten zu.
  • RAW-Daten: sind »Rohdaten« (Englisch: raw) aus dem Sensor der Kamera und fast unbearbeitet. Sie liefern, bei entsprechender Bildbearbeitung, die besten Bildergebnisse und werden nach der Bildbearbeitung vorzugsweise in ein TIFF-Format umgewandelt.
  • RGB: Rot, Grün und Blau sind die Grundfarben des additiven Farbsystems.
  • Schärfentiefe: Bezeichnet den Entfernungsbereich des Objektes von der Kamera, der scharf abgebildet wird. Es gilt: Je kleiner die Blendenöffnung, desto größer die Schärfentiefe. Bei einem Normalobjektiv (50 mm) wird bei offener Blende nur die exakt eingestellte Entfernung scharf gestellt, bei Blende 22 ein großer Bereich von z. B. drei Meter bis unendlich.
  • TIFF (Tagged Image File Format): Dateiformat mit sehr hoher Qualität. Kann von den meisten Bildbearbeitungsprogrammen gelesen werden und bleibt bei wiederholtem Öffnen, Bearbeiten und Schließen einer Bilddatei qualitätsstabil.
  • Weißabgleich: Er dient dazu, die Kamera auf die Farbtemperatur des Objektes bzw. der Umgebung zu justieren. Diese Einstellung erfolgt automatisch oder manuell über die Referenzfarbe Weiß.
Tipp: Sie möchten vom Profi lernen? Bei den BERGSTEIGER-Fototagen haben Sie die Gelegenheit dazu!

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