Bike & Hike: Auf die Holzgauer Wetterspitze
© Franziska Haack
Nach dem Fahrraddepot hat man mit der Frederick-Simms-Hütte gleich das nächste Zwischenziel im Blick.
Nach dem Fahrraddepot hat man mit der Frederick-Simms-Hütte gleich das nächste Zwischenziel im Blick.
Edelweiß, Steinböcke und ein Wahnsinnspanorama, dazu eine kleine, urige Hütte sowie einfache Kraxelei und ein paar dunkle Tunnel für ein bisschen Abenteuer: Ziemlich viel spricht dafür, dass die Holzgauer Wetterspitze Potenzial zu einer Lieblingsbergtour hat. Nur eines spricht dagegen: sechs Kilometer Forststraße. Ein sechs Kilometer langer Hatscher. Gerade am Ende einer anstrengenden Tour gibt es gefühlt nur wenig Schlimmeres als schier endlose Forststraßen mit geringer Neigung. Glücklich, wer da ein Radl hat. Die Tour zur Holzgauer Wetterspitze (2895 m), die für Wanderer mit satten sechs Stunden Aufstiegszeit angegeben ist, lässt sich mit einem Fahrrad angenehm straffen.
Von Stockach aus radelt man auf besagter Forststraße das Tal des Sulzlbachs hinauf. Wer auf den anfangs recht steilen Kehren bereits ins Schwitzen gekommen ist, wird sich über die Reihe an Tunneln gegen Ende des ersten Drittels der Radlstrecke freuen. Hier ist es nicht nur ziemlich dunkel – für Radler ohne fest installiertes Licht empfiehlt sich eine Stirnlampe –, sondern an wärmeren Tagen auch angenehm kühl. An etlichen Stellen tropft Wasser von der Decke. Auch für eine erste Verschnaufpause eignet sich diese Stelle gut, denn aus den Tunnelfenstern hat man einen tollen Blick in die Sulzlbachklamm.
Auf den 250 Höhenmetern bis zur Hütte trocknet der Schlamm, der Schweiß nicht. Steile Serpentinen führen zum gemütlichen DAV-Haus mit 50 Lagerplätzen. Ein Bike-Bergsteiger sitzt bereits unter den Gebetsfähnchen auf der Hüttenterrasse, vor sich ein Weißbier. Er hat sein Tagesziel erreicht. Wir aber wollen noch weiter, haben erst die Hälfte der knapp 2000 Höhenmeter geschafft. Nach einer kurzen Hangquerung geht es durch steiles Geröll unter den roten Felsabstürzen der Feuerspitze hinauf und über das Fallenbacher Joch Richtung Gipfel. Wirkt die Holzgauer Wetterspitze von den Allgäuer Bergen aus wie ein unbegehbarer Felsklotz, sieht die Sache von der Südseite schon ganz anders aus. Zwar muss man das ein oder andere Mal Hand anlegen, doch die Kraxelei übersteigt den ersten Schwierigkeitsgrad nicht wirklich, über die Schlüsselstelle, ein kurzes plattiges Band (UIAA II), hilft ein Stahlseil.
Viel zu schnell ist der Gipfel erreicht und überall nichts als Berge: im Osten die Zugspitze, im Süden ragt aus der Verwallgruppe der Hohe Riffler hervor und dazwischen die mächtige Parseierspitze, mit 3036 Metern der höchste Gipfel der Lechtaler Alpen und einziger 3000er der Nördlichen Kalkalpen. Weiter weg im Dunst verstecken sich Bernina-Gruppe und Ortler. Der Tourenwunschzettel wächst und wächst.
Einen weiteren Gipfel könnte man gleich jetzt angehen: die benachbarte Feuerspitze. An der Abzweigung zum Kälberlahnzugjoch sieht es nach einem Katzensprung aus. Allerdings muss man den Berg erst einmal halb umrunden und ein gutes Stück absteigen, wodurch man doch auf 480 Höhenmeter und zweieinhalb Kilometer (einfach) käme. Die sehr verlockende Alternative: die letzten Sonnenstrahlen vor der Simms-Hütte einfangen, die Energiespeicher mit einer ordentlichen Portion Kaiserschmarrn aufladen und die immer noch dreckigen Beine ausstrecken.
Hüttenwirt Andy Kiechle kennt diesen Anblick. »Es nutzen schon einige das Mountainbike, um die Tour zur Wetterspitze zu verkürzen.« Seit den Unwettern fahren wohl mehr Leute weiter bis zur Materialseilbahn. »Das ist ja schon einfacher geworden.« Aber eben ganz schön schlammig. Kiechle lacht. »Ja, nächstes Jahr kiesen wir auf. Das hat diese Saison leider nicht mehr geklappt. Dann wird es besser.« Die Wirte der Frederick-Simms-Hütte waren froh, als die Straße überhaupt wieder befahrbar war. Einige Tage Arbeit und einen Bagger brauchte es nach den Unwettern jeweils, um sie wiederherzustellen, sodass Andy Kiechle und Charly Wehrle bereits um die Versorgung mit frischen Lebensmitteln bangten.
Als die Sonne hinter dem gegenüberliegenden Guflekopf verschwunden ist – die letzten Tagesgäste sind schon vor einiger Zeit aufgebrochen –, machen sich auch die Bike-Bergsteiger an den Nachhauseweg. Nur in den Tunneln wird etwas gebremst – wegen der Krümmung ist es bei der Abfahrt über längere Stellen stockfinster, im Dunkeln lauern Pfützen und möglicherweise ist noch der eine oder andere Wanderer unterwegs. Wie im Flug sind die sechs Kilometer Forststraße zurückgelegt, das Tal erreicht. Potenzial zu einer Lieblings-Bike&Hike-Tour? Definitiv!
Auffahrt: 7 Km, ca. 1 ½ Std., 750 Hm, max. Steigung kurz bis ca. 25 %
Aufstieg und Abstieg zur Holzgauer Wetterspitze: 1220 Hm, insgesamt ca. 5 Std.
Abfahrt: 7 Km, 20 Min., 800 Hm, max. Gefälle kurz bis ca. 25 %
Gesamt: 22 Km, 1970 Hm, ca. 7 Std.
Anforderungen: sehr gute Kondition, Ausdauer, Trittsicherheit und Schwindelfreiheit
Karte: Alpenvereinskarte 1:25 000, Blatt 3/3 »Lechtaler Alpen, Parseierspitze«
Weitere lohnende Touren in der Nähe:
Von Stockach aus radelt man auf besagter Forststraße das Tal des Sulzlbachs hinauf. Wer auf den anfangs recht steilen Kehren bereits ins Schwitzen gekommen ist, wird sich über die Reihe an Tunneln gegen Ende des ersten Drittels der Radlstrecke freuen. Hier ist es nicht nur ziemlich dunkel – für Radler ohne fest installiertes Licht empfiehlt sich eine Stirnlampe –, sondern an wärmeren Tagen auch angenehm kühl. An etlichen Stellen tropft Wasser von der Decke. Auch für eine erste Verschnaufpause eignet sich diese Stelle gut, denn aus den Tunnelfenstern hat man einen tollen Blick in die Sulzlbachklamm.
Mountainbike-Gelände
In angenehmer Steigung geht es anschließend vorbei an der bewirtschafteten Sulzlalm bis zur Ronig-Alm, die das Ende der breiten, gut fahrbaren Wirtschaftsstraße markiert. Wenig geländegängigere (Trekking-)Räder lässt man am besten hier stehen. Mountainbiker hingegen können bis zur Materialseilbahn der Frederick-Simms-Hütte weiterstrampeln. Bis vergangenen August fanden diese hier einen sehr steilen, steinigen Trail mit engen Kurven vor, doch nach zwei heftigen Unwettern ist der Weg nicht mehr vorhanden. Wanderer wie Radler müssen nun auf den Fahrweg ausweichen. Große Steine sind hier streckenweise immer noch zu umfahren und das Ganze ist eine durchaus matschige Angelegenheit: Obwohl es die letzten Tage trocken war, steht das Wasser stellenweise in flächigen Pfützen. Am Fahrraddepot an der Materialseilbahn angekommen, sind die Beine bereits ordentlich verspritzt.Auf den 250 Höhenmetern bis zur Hütte trocknet der Schlamm, der Schweiß nicht. Steile Serpentinen führen zum gemütlichen DAV-Haus mit 50 Lagerplätzen. Ein Bike-Bergsteiger sitzt bereits unter den Gebetsfähnchen auf der Hüttenterrasse, vor sich ein Weißbier. Er hat sein Tagesziel erreicht. Wir aber wollen noch weiter, haben erst die Hälfte der knapp 2000 Höhenmeter geschafft. Nach einer kurzen Hangquerung geht es durch steiles Geröll unter den roten Felsabstürzen der Feuerspitze hinauf und über das Fallenbacher Joch Richtung Gipfel. Wirkt die Holzgauer Wetterspitze von den Allgäuer Bergen aus wie ein unbegehbarer Felsklotz, sieht die Sache von der Südseite schon ganz anders aus. Zwar muss man das ein oder andere Mal Hand anlegen, doch die Kraxelei übersteigt den ersten Schwierigkeitsgrad nicht wirklich, über die Schlüsselstelle, ein kurzes plattiges Band (UIAA II), hilft ein Stahlseil.
Viel zu schnell ist der Gipfel erreicht und überall nichts als Berge: im Osten die Zugspitze, im Süden ragt aus der Verwallgruppe der Hohe Riffler hervor und dazwischen die mächtige Parseierspitze, mit 3036 Metern der höchste Gipfel der Lechtaler Alpen und einziger 3000er der Nördlichen Kalkalpen. Weiter weg im Dunst verstecken sich Bernina-Gruppe und Ortler. Der Tourenwunschzettel wächst und wächst.
Einen weiteren Gipfel könnte man gleich jetzt angehen: die benachbarte Feuerspitze. An der Abzweigung zum Kälberlahnzugjoch sieht es nach einem Katzensprung aus. Allerdings muss man den Berg erst einmal halb umrunden und ein gutes Stück absteigen, wodurch man doch auf 480 Höhenmeter und zweieinhalb Kilometer (einfach) käme. Die sehr verlockende Alternative: die letzten Sonnenstrahlen vor der Simms-Hütte einfangen, die Energiespeicher mit einer ordentlichen Portion Kaiserschmarrn aufladen und die immer noch dreckigen Beine ausstrecken.
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Hüttenwirt Andy Kiechle kennt diesen Anblick. »Es nutzen schon einige das Mountainbike, um die Tour zur Wetterspitze zu verkürzen.« Seit den Unwettern fahren wohl mehr Leute weiter bis zur Materialseilbahn. »Das ist ja schon einfacher geworden.« Aber eben ganz schön schlammig. Kiechle lacht. »Ja, nächstes Jahr kiesen wir auf. Das hat diese Saison leider nicht mehr geklappt. Dann wird es besser.« Die Wirte der Frederick-Simms-Hütte waren froh, als die Straße überhaupt wieder befahrbar war. Einige Tage Arbeit und einen Bagger brauchte es nach den Unwettern jeweils, um sie wiederherzustellen, sodass Andy Kiechle und Charly Wehrle bereits um die Versorgung mit frischen Lebensmitteln bangten.So bleiben Sie immer auf dem neuesten Stand!
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Vielen Dank.
Als die Sonne hinter dem gegenüberliegenden Guflekopf verschwunden ist – die letzten Tagesgäste sind schon vor einiger Zeit aufgebrochen –, machen sich auch die Bike-Bergsteiger an den Nachhauseweg. Nur in den Tunneln wird etwas gebremst – wegen der Krümmung ist es bei der Abfahrt über längere Stellen stockfinster, im Dunkeln lauern Pfützen und möglicherweise ist noch der eine oder andere Wanderer unterwegs. Wie im Flug sind die sechs Kilometer Forststraße zurückgelegt, das Tal erreicht. Potenzial zu einer Lieblings-Bike&Hike-Tour? Definitiv!
Mit Radunterstützung auf die Holzgauer Wetterspitze: Die Tourdaten
Auffahrt: 7 Km, ca. 1 ½ Std., 750 Hm, max. Steigung kurz bis ca. 25 %
Aufstieg und Abstieg zur Holzgauer Wetterspitze: 1220 Hm, insgesamt ca. 5 Std.
Abfahrt: 7 Km, 20 Min., 800 Hm, max. Gefälle kurz bis ca. 25 %
Gesamt: 22 Km, 1970 Hm, ca. 7 Std.
Anforderungen: sehr gute Kondition, Ausdauer, Trittsicherheit und Schwindelfreiheit
Karte: Alpenvereinskarte 1:25 000, Blatt 3/3 »Lechtaler Alpen, Parseierspitze«
Weitere lohnende Touren in der Nähe:
- Mountainbike-Auffahrt von Elbigenalp durch das Bernhardtal Richtung Karalm und zu Fuß weiter zum Großen Krottenkopf (alternativ auch zu Muttlerkopf oder Mädelegabel)
- Mountainbike-Auffahrt von Boden zur Materialseilbahn der Hanauer Hütte und weiter zur Dremelspitze (UIAA II) oder Umrundung der Dremelspitze
- Mountainbike-Auffahrt von Kaisers durch das Kaiserbachtal und zu Fuß weiter zur Alplespleisspitze
Text & Fotos: Franziska Haack
Artikel aus Bergsteiger Ausgabe 12/2018. Jetzt abonnieren!
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