Antarktis/ Queen Maud Land
Touch down, Bordalarm, Krachen, Poltern, die Maschine hüpft übers harte Eis, wieder durchstarten! »Well, we are running in our landing strip,« meint der Co-Pilot und grinst – Humor haben sie ja, die Burschen! Ein erneuter Anflug, jetzt sollte es passen. »We will try it now«, meint der Co-Pilot und lacht erneut – die werden hoffentlich wissen, was sie tun. Bodenkontakt, wieder Alarm, uns zieht’s aus den Stühlen, der Sicherheitsgurt verhindert Schlimmeres. Keiner sagt ein Wort – endlich, wir stehen. Die Tür öffnet sich! »Leck mich am A…!« Es ist windstill, blauer Himmel, wir sind mitten im »Queen Maud Land«, es ist unglaublich! Auch die Piloten sind überwältigt – allerdings nicht von der Landschaft, sondern von ihrer Landung. »War nicht ohne«, meinen sie – und das aus dem Munde erfahrener kanadischer Buschpiloten.
Wir schreiben den 8. November 2008, zwölf Uhr mittags – High Noon in der Antarktis. Die Sonne steht hoch am Horizont, und es hat angenehme minus 15 Grad! Wir steigen aus dem Flugzeug, und ich komme mir ein bisschen vor wie Neil Armstrong damals auf dem Mond, setze den ersten Schritt in den Schnee…ein großer Schritt für mich: Ich bin aufgewacht mitten in meinem Traum, endlich!
Als der Norweger Ivar Tollefsen vor 14 Jahren das Gebirge im »Queen Maud Land« zum Klettern entdeckte und wir die ersten Berichte und Bilder in Fachmagazinen sahen, war für Alexander und mich klar: Dort müssen wir unbedingt hin. Diese Weite, diese nahezu perfekten Granittürme, die aus dem Eis wachsen. Ein Kontinent wie auf einem anderen Planeten. Aber wir hatten keine Chance. Es war nicht mangelnder Wille oder fehlende Motivation, die uns gebremst hätten, sondern das liebe Geld. Welcher Normalsterbliche hat schon 30 000 Euro für einen achtwöchigen Klettertrip übrig? So etwas geht nur mit einem dicken Geldbeutel oder einem guten Sponsor; beides hatten wir zur damaligen Zeit nicht. 2008 verbesserte sich unsere Situation. Nicht nur unsere über die Jahre langsam angefüllte Antarktis-Spardose war halbwegs gefüllt, auch ein neuer Sponsor gab uns eine weit bessere Grundlage. Adidas war begeistert von unserer Idee, und wir bekamen vollen Rückenwind. Auch Stephan Siegrist aus der Schweiz beschloss, mit dabei zu sein, und Max Reichel wollte unsere Expedition mit der Filmkamera begleiten.
»A selten brutale Wand!«
Und jetzt sind wir hier! Wir, unsere Zelte und der Berg: »Ich bin glücklich!« Gleich in der ersten Nacht sinkt die Temperatur auf fast minus 40 Grad, und um Mitternacht werden die Gipfel der Berge von der Sonne angestrahlt. Magisch, aber die Helligkeit der Nacht und die Kälte sind gewöhnungsbedürftig. Am nächsten Tag gehen wir zum ersten Mal zu »unserer« Wand, der Westwand des Holtanna. Je näher wir kommen, umso gewaltiger steht die Wand über uns, umso mehr drängt sich der Vergleich mit dem El Capitan auf. Gute 700 Meter hoch und überhängend. Das Risssystem im linken Teil ist vermutlich die einzige vernünftige Durchstiegsmöglichkeit in der ansonsten extrem kompakten Wand. Schaut super aus, aber für unser »Freiklettervorhaben« fast unmöglich. Um ehrlich zu sein, aussichtslos: zu steil, zu kompakt, zu brüchig, und vor allem zu kalt. »Hau mich weg, a selten brutale Wand, aber verdammt schön!«
Wir sind etwas niedergeschlagen, dass wir unsere Freikletter-Ambitionen begraben müssen. Aber jetzt sind wir hier und jetzt steigen wir auch ein. Es ist nach wie vor bitterkalt. Alexander klettert los, das Abenteuer beginnt. Halb hakentechnisch, halb frei klettert er einen vereisten Riss hinauf. Bei entsprechender Temperatur sicher nicht schwieriger als ein guter VIer. Aber bei – 30° Lufttemperatur, was durch den »wind chill« gefühlten – 40° entspricht, wird ein VIer zum Xer oder gar unmöglich!
Mein Bruder klettert und fixiert am ersten Tag zwei Seillängen. Am nächsten Tag erreiche ich das obere Ende des Pfeilerkopfes und finde zwei Bohrhaken. Wir sind hier also nicht die ersten, Spanier hatten die Wand vor acht Jahren versucht. Nun die Frage: Wie weit sind sie gekommen? Wir queren nach links, immer wieder finden wir einige Bohrhaken, eine Platte ist sogar wie eine Sportkletterroute eingebohrt. Wir hoffen inständig, dass diese Bohrhaken bald enden. Das positive, bisher wäre alles gut kletterbar, maximal VIII–. Vielleicht wird es ja im Dezember wärmer, und wir können unseren Freikletterplan doch noch realisieren. Durchgefroren, aber zufrieden seilen wir ab.
»Innerlich verfluche ich diese Wand«
Blauer Himmel bei Tag und Nacht. Heute greift Steph ins Geschehen ein, weiter mit dem Quergang ins Risssystem, nicht besonders schwierig, aber unangenehm, weil ziemlich viel Schnee liegt. Souverän quert Steph im kombinierten Gelände nach links. Immer wieder finden wir Bohrhaken der Spanier. Nachmittags seilen Alexander und Max ab. Die haben Recht, denn es wird immer kälter, durch den Wind saukalt, und das Sichern ist die eigentliche Herausforderung. Vor allem, wenn das Seil nur noch millimeterweise durch den Sicherungskarabiner rutscht. Steph kämpft in einem Kamin, der schlecht abzusichern ist und zudem eine verdammt lästige Breite hat. Nach einer halben Stunde hat er immerhin drei Meter geschafft. Ein kleiner Absatz, aber jetzt geht scheinbar gar nichts mehr. Ich bin verzweifelt. Es hat gefühlte – 30 Grad. Innerlich verfluche ich diese Wand und die Situation, dass Steph nicht vom Fleck kommt. Aber was kann ich machen, er gibt sicher alles. Plötzlich höre ich Steph rufen: »Ohne Kletterfinken keine Chance«. »Na was?!?! Hätt’ ma des ned früher seh’n kenna?« Ohne dass ich ein Wort gesagt hätte, glaube ich, dass Steph meine Wut über das stockende Seil gespürt hat. Ich tue so, als hätte ich das mit den Kletterschuhen nicht gehört. Dagegen ist ein freundliches »Steph, schaut guat aus!« meine Antwort. Stephans Verzweiflung wandelt sich in pure Energie, irgendwie zieht er weiter. Fünf Minuten später ist er oben. »Super Steph!«. Wieder zwei Bolts von den Spaniern, Stand.
Wir schreiben den 8. November 2008, zwölf Uhr mittags – High Noon in der Antarktis. Die Sonne steht hoch am Horizont, und es hat angenehme minus 15 Grad! Wir steigen aus dem Flugzeug, und ich komme mir ein bisschen vor wie Neil Armstrong damals auf dem Mond, setze den ersten Schritt in den Schnee…ein großer Schritt für mich: Ich bin aufgewacht mitten in meinem Traum, endlich!
Als der Norweger Ivar Tollefsen vor 14 Jahren das Gebirge im »Queen Maud Land« zum Klettern entdeckte und wir die ersten Berichte und Bilder in Fachmagazinen sahen, war für Alexander und mich klar: Dort müssen wir unbedingt hin. Diese Weite, diese nahezu perfekten Granittürme, die aus dem Eis wachsen. Ein Kontinent wie auf einem anderen Planeten. Aber wir hatten keine Chance. Es war nicht mangelnder Wille oder fehlende Motivation, die uns gebremst hätten, sondern das liebe Geld. Welcher Normalsterbliche hat schon 30 000 Euro für einen achtwöchigen Klettertrip übrig? So etwas geht nur mit einem dicken Geldbeutel oder einem guten Sponsor; beides hatten wir zur damaligen Zeit nicht. 2008 verbesserte sich unsere Situation. Nicht nur unsere über die Jahre langsam angefüllte Antarktis-Spardose war halbwegs gefüllt, auch ein neuer Sponsor gab uns eine weit bessere Grundlage. Adidas war begeistert von unserer Idee, und wir bekamen vollen Rückenwind. Auch Stephan Siegrist aus der Schweiz beschloss, mit dabei zu sein, und Max Reichel wollte unsere Expedition mit der Filmkamera begleiten.
»A selten brutale Wand!«
Und jetzt sind wir hier! Wir, unsere Zelte und der Berg: »Ich bin glücklich!« Gleich in der ersten Nacht sinkt die Temperatur auf fast minus 40 Grad, und um Mitternacht werden die Gipfel der Berge von der Sonne angestrahlt. Magisch, aber die Helligkeit der Nacht und die Kälte sind gewöhnungsbedürftig. Am nächsten Tag gehen wir zum ersten Mal zu »unserer« Wand, der Westwand des Holtanna. Je näher wir kommen, umso gewaltiger steht die Wand über uns, umso mehr drängt sich der Vergleich mit dem El Capitan auf. Gute 700 Meter hoch und überhängend. Das Risssystem im linken Teil ist vermutlich die einzige vernünftige Durchstiegsmöglichkeit in der ansonsten extrem kompakten Wand. Schaut super aus, aber für unser »Freiklettervorhaben« fast unmöglich. Um ehrlich zu sein, aussichtslos: zu steil, zu kompakt, zu brüchig, und vor allem zu kalt. »Hau mich weg, a selten brutale Wand, aber verdammt schön!«
Wir sind etwas niedergeschlagen, dass wir unsere Freikletter-Ambitionen begraben müssen. Aber jetzt sind wir hier und jetzt steigen wir auch ein. Es ist nach wie vor bitterkalt. Alexander klettert los, das Abenteuer beginnt. Halb hakentechnisch, halb frei klettert er einen vereisten Riss hinauf. Bei entsprechender Temperatur sicher nicht schwieriger als ein guter VIer. Aber bei – 30° Lufttemperatur, was durch den »wind chill« gefühlten – 40° entspricht, wird ein VIer zum Xer oder gar unmöglich!
Mein Bruder klettert und fixiert am ersten Tag zwei Seillängen. Am nächsten Tag erreiche ich das obere Ende des Pfeilerkopfes und finde zwei Bohrhaken. Wir sind hier also nicht die ersten, Spanier hatten die Wand vor acht Jahren versucht. Nun die Frage: Wie weit sind sie gekommen? Wir queren nach links, immer wieder finden wir einige Bohrhaken, eine Platte ist sogar wie eine Sportkletterroute eingebohrt. Wir hoffen inständig, dass diese Bohrhaken bald enden. Das positive, bisher wäre alles gut kletterbar, maximal VIII–. Vielleicht wird es ja im Dezember wärmer, und wir können unseren Freikletterplan doch noch realisieren. Durchgefroren, aber zufrieden seilen wir ab.
»Innerlich verfluche ich diese Wand«
Blauer Himmel bei Tag und Nacht. Heute greift Steph ins Geschehen ein, weiter mit dem Quergang ins Risssystem, nicht besonders schwierig, aber unangenehm, weil ziemlich viel Schnee liegt. Souverän quert Steph im kombinierten Gelände nach links. Immer wieder finden wir Bohrhaken der Spanier. Nachmittags seilen Alexander und Max ab. Die haben Recht, denn es wird immer kälter, durch den Wind saukalt, und das Sichern ist die eigentliche Herausforderung. Vor allem, wenn das Seil nur noch millimeterweise durch den Sicherungskarabiner rutscht. Steph kämpft in einem Kamin, der schlecht abzusichern ist und zudem eine verdammt lästige Breite hat. Nach einer halben Stunde hat er immerhin drei Meter geschafft. Ein kleiner Absatz, aber jetzt geht scheinbar gar nichts mehr. Ich bin verzweifelt. Es hat gefühlte – 30 Grad. Innerlich verfluche ich diese Wand und die Situation, dass Steph nicht vom Fleck kommt. Aber was kann ich machen, er gibt sicher alles. Plötzlich höre ich Steph rufen: »Ohne Kletterfinken keine Chance«. »Na was?!?! Hätt’ ma des ned früher seh’n kenna?« Ohne dass ich ein Wort gesagt hätte, glaube ich, dass Steph meine Wut über das stockende Seil gespürt hat. Ich tue so, als hätte ich das mit den Kletterschuhen nicht gehört. Dagegen ist ein freundliches »Steph, schaut guat aus!« meine Antwort. Stephans Verzweiflung wandelt sich in pure Energie, irgendwie zieht er weiter. Fünf Minuten später ist er oben. »Super Steph!«. Wieder zwei Bolts von den Spaniern, Stand.
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