Dörte Pietron als erste Frau an der Westwand des Cerro Torre
Patagonien/ Cerro Torre
© Rolando Garibotti
Eiskalte Herausforderung – fast senkrechtes Blankeis führt unter die »Headwall«
Eiskalte Herausforderung – fast senkrechtes Blankeis führt unter die »Headwall«
Das regelmäßige Muster meiner Herzfrequenz zackt über den Überwachungsmonitor und wird überlagert durch die Bilder von Cerro Torre und Fitz Roy, die immer wieder vor meinem inneren Auge vorbeiziehen. Es ist Ende September 2007, in einer Woche sollte ich im Flugzeug nach Patagonien sitzen, und stattdessen liege ich hier – mit medizinischen Geräten verkabelt, jede Bewegung ist mir strengstens untersagt. Seit ich den Film von Ramiro Calvo über seine Durchsteigung der Cerro-Torre-Westwand (2005) gesehen habe, ist es mein Traum, auch durch solch einen senkrechten, blau schimmernden Tunnel aus Eis zu klettern. Der Cerro Torre im argentinischen Patagonien ist einer der schönsten und zugleich schwierigsten Berge der Welt. Die Westwand-Route folgt einem System aus natürlichen Tunnels durch ein Labyrinth aus Eis und Schnee – fragile Gebilde aus gefrorenem Wasser, geschaffen von den extremen klimatischen Verhältnissen an jenem Ende der Welt. Seit ihrer Erstbegehung im Jahr 1974, wurde die Westwand bisher nur fünf Mal wiederholt, obwohl viele der besten Alpinisten jedes Jahr dort ihr Glück versuchen.
Mit Verdacht auf Lungenentzündung war ich in die Heidelberger Uniklinik gefahren, nachdem ich während des Bergführerlehrgangs »Bergrettung und Erste Hilfe« beim Zustieg zum Klettergarten plötzlich kaum mehr Luft bekam. Acht Stunden später kam die ernüchternde Diagnose: beidseitige Lungenembolie. »Da sind Sie dem Tod aber gerade noch einmal von der Schippe gesprungen«, war der lakonische Kommentar eines Arztes. Meinen Flug nach Patagonien stornierte ich erst zwölf Stunden vor dem Abflug: »Die Hoffnung stirbt zuletzt«. Meinen Traum vom blau schimmernden Tunnel aus Eis legte ich unter mein Kopfkissen…
Herbst = Patagonien!
Ein halbes Jahr nicht klettern, nicht laufen, keine Berge über 2000 Meter – gar nichts! Mein Leben war bisher ganz aufs Klettern ausgerichtet – jetzt bricht für mich eine Welt zusammen. Beim Bergführerlehrgang im Januar 2008 bringen mich selbst kurze Skitouren mit 600 Metern Höhenunterschied an die Grenze meiner Belastbarkeit. Jeder Meter ist ein Kampf – die Situation ist unendlich frustrierend! Im Sommer mache ich mit der Bergführerausbildung weiter, und im Juli bekomme ich endlich meinen Ausweis als Bergführer-Anwärter. Im Wallis führe ich meine ersten Gäste auf Viertausender, und langsam kommt auch die Kondition wieder zurück.
Mittlerweile ist es September – Herbst, Zeit für Patagonien! Und da ist er wieder, der Traum vom blau schimmernden Tunnel aus Eis, vom Cerro Torre. Anfang November sitze ich im Flugzeug. Zwölf Stunden nach Atlanta, elf Stunden nach Buenos Aires, vier Stunden nach El Calafate und weitere drei Stunden mit dem Auto nach El Chaltén – eine Reise um die halbe Welt. Und dort steht er, der Cerro Torre: majestätisch, wild, abweisend – und wunderschön! Das Wetter ist genau so, wie man es sich in Patagonien vorstellt: stürmisch und abwechselnd Sonne, Regen und Schnee. An Klettern ist nicht zu denken…
Doch dann ist es da, das lang ersehnte Schönwetterfenster: mindestens vier Tage gutes Wetter. Und dazu habe ich den besten Kletterpartner, den ich mir vorstellen kann – Rolando Garibotti, der sich hier auskennt wie kein zweiter. Auch er ist die Torre-Westwand noch nicht geklettert, und so brechen wir am nächsten Morgen zusammen mit vier jungen Argentiniern – Jorge, Tomy, Mati und Charly – zum Cerro Torre auf.
Mit Verdacht auf Lungenentzündung war ich in die Heidelberger Uniklinik gefahren, nachdem ich während des Bergführerlehrgangs »Bergrettung und Erste Hilfe« beim Zustieg zum Klettergarten plötzlich kaum mehr Luft bekam. Acht Stunden später kam die ernüchternde Diagnose: beidseitige Lungenembolie. »Da sind Sie dem Tod aber gerade noch einmal von der Schippe gesprungen«, war der lakonische Kommentar eines Arztes. Meinen Flug nach Patagonien stornierte ich erst zwölf Stunden vor dem Abflug: »Die Hoffnung stirbt zuletzt«. Meinen Traum vom blau schimmernden Tunnel aus Eis legte ich unter mein Kopfkissen…
Herbst = Patagonien!
Ein halbes Jahr nicht klettern, nicht laufen, keine Berge über 2000 Meter – gar nichts! Mein Leben war bisher ganz aufs Klettern ausgerichtet – jetzt bricht für mich eine Welt zusammen. Beim Bergführerlehrgang im Januar 2008 bringen mich selbst kurze Skitouren mit 600 Metern Höhenunterschied an die Grenze meiner Belastbarkeit. Jeder Meter ist ein Kampf – die Situation ist unendlich frustrierend! Im Sommer mache ich mit der Bergführerausbildung weiter, und im Juli bekomme ich endlich meinen Ausweis als Bergführer-Anwärter. Im Wallis führe ich meine ersten Gäste auf Viertausender, und langsam kommt auch die Kondition wieder zurück.
Mittlerweile ist es September – Herbst, Zeit für Patagonien! Und da ist er wieder, der Traum vom blau schimmernden Tunnel aus Eis, vom Cerro Torre. Anfang November sitze ich im Flugzeug. Zwölf Stunden nach Atlanta, elf Stunden nach Buenos Aires, vier Stunden nach El Calafate und weitere drei Stunden mit dem Auto nach El Chaltén – eine Reise um die halbe Welt. Und dort steht er, der Cerro Torre: majestätisch, wild, abweisend – und wunderschön! Das Wetter ist genau so, wie man es sich in Patagonien vorstellt: stürmisch und abwechselnd Sonne, Regen und Schnee. An Klettern ist nicht zu denken…
Doch dann ist es da, das lang ersehnte Schönwetterfenster: mindestens vier Tage gutes Wetter. Und dazu habe ich den besten Kletterpartner, den ich mir vorstellen kann – Rolando Garibotti, der sich hier auskennt wie kein zweiter. Auch er ist die Torre-Westwand noch nicht geklettert, und so brechen wir am nächsten Morgen zusammen mit vier jungen Argentiniern – Jorge, Tomy, Mati und Charly – zum Cerro Torre auf.
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Durch die Westwand des Cerro Torre (Fotos: Rolando Garibotti)
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