Grüne Alternative zum Piolet d‘Or? | BERGSTEIGER Magazin
Gastbeitrag

Grüne Alternative zum Piolet d‘Or?

Jedes Jahr werden die spektakulärsten alpinen Unternehmungen mit dem Piolet d‘Or, dem goldenen Eispickel, ausgezeichnet. Offiziell spielt bei der Vergabe auch der Respekt vor der Umwelt eine Rolle. Zu merken ist davon allerdings wenig. Zeitgemäß wäre ein grüner Eispickel – meint Tim Marklowski von Mountain Wilderness Schweiz.
 
Ausrüstung gehört zu einer Expedition. Aber muss der Transport immer mit dem Helikopter erfolgen? © Jon Griffith
Ausrüstung gehört zu einer Expedition. Aber muss der Transport immer mit dem Helikopter erfolgen?
Zur Kriterienliste des Piolet d‘Or gehören neben dem alpinistischen Anspruch auch ein »effizienter und sparsamer Umgang mit Ressourcen« sowie »Respekt vor der Natur«. Was sich gut anhört, ist in Zeiten der Klimakrise eine Farce. Denn die Anreise zum Berg, also das ökologische Problem des Bergsports schlechthin, wird bislang nicht mitbewertet. Ein Blick in die Liste der ausgezeichneten Besteigungen macht klar, dass es sich hier nicht um das Klimaschutz- Verdienstkreuz handelt:
Mount Bradley, Shivling oder Tengkangpoche heißen die Gipfel – Orgler, Huber oder Anthamatten die Alpinisten. Es ist klar, dass da ein weiter Weg zwischen Berg und Alpinist zu überbrücken war und dass dessen »Fairness« nicht in die Bewertung der Leistung einfloss. Nun mag man monieren, dass es darum beim Piolet d‘Or auch nicht geht. Doch warum eigentlich nicht?

Ein grüner Eispickel?

Bergsteigerinnen und Bergsteiger erleben den Klimawandel hautnah. Die Berge schmelzen uns mancherorts regelrecht unter den Steigeisen weg, ganze Bergflanken kommen uns, wie 2017 in Bondo, entgegen. Der Umweltdiskurs ist nicht zuletzt durch die Alpenvereine und andere NGOs im Breitenbergsport angekommen. Für viele Hobbybergsteiger ist klar, dass Fernziele wie Himalaya oder Anden eher die Ausnahme bleiben müssen, wenn man Bergsport halbwegs ökologisch nachhaltig betreiben möchte. Im Kreis der Elite scheint das bislang hingegen gar kein Thema zu sein. Zumindest als zusätzlicher Award wäre doch ein grüner statt ein goldener Eispickel eine Idee. Ein solcher Piolet Vert würde jene auszeichnen, die Spitzenleistungen bei gleichzeitig kleinem ökologischen Fußabdruck realisieren.

Wie viel Kreativität könnte ein solcher Preis wecken? Altbekanntes bekäme wieder einen ganz neuen Glanz. Was alles geht, zeigten schon Unternehmungen wie die Erstbegehung der Matterhorn Nordwand. Diese gelang den Gebrüdern Schmid, die 1931 mit dem Fahrrad von München angereist waren. Oder der Schwede Göran Kropp, der 1996 von Stockholm nach Nepal radelte, den Everest solo und ohne künstlichen Sauerstoff bestieg, und mit seinem Gepäck auf dem Buckel wieder heim strampelte. Zu nennen wäre auch Ueli Steck, der alle Viertausender der Alpen bestieg und die Strecken dazwischen mit dem Gleitschirm und Fahrrad absolvierte (allerdings mit Gepäcktransport und Support-Team). Oder Stefan Glowacz, der mit Elektroauto und Segelboot nach Grönland reiste, das Inlandeis mit Hilfe von Snowkites durquerte und auf gleichem Weg zurückkam.

Noch einen Schritt weiter

Wirklich komplex wird es, wenn wir von nachhaltigem Bergsteigen sprechen und dabei die Komponente »alpinistischer Anspruch «, nicht nur mit der Komponente Ökologie verknüpfen, sondern gleich noch mit ökonomischen und sozialen Aspekten. Das wäre dann quasi der Piolet Durable, also der nachhaltige Eispickel.

Aktionen wie die von Göran Kropp schaden niemandem. Die Umwelt freut sich sogar – die Sherpas allerdings weniger. Denn Trägerinnen und Träger zu engagieren macht ein Vorhaben zwar einerseits weniger anspruchsvoll, ist ökonomisch und sozial hingegen oft viel sinnvoller als ein Alleingang. Die Bewertung einer mit dem Piolet Durable prämierten Tour könnte neben dem ökologischen Fußabdruck also zum Beispiel auch die lokale Wertschöpfung mit einschließen. Wie könnte also der ultimative Kandidat für den Piolet Vert oder den Piolet Durable aussehen? Göran Kropp mit Sherpa-Unterstützung? Der Crème de la Crème des Bergsports würde sicher einiges einfallen. Und inspirierend wären die Leistungen für Hobbybergsteiger allemal.

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Tim Marklowski - Projektleiter Bergsport bei Mountain Wilderness Schweiz
Artikel aus Bergsteiger Ausgabe 03/2020. Jetzt abonnieren!
 
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