Zwischen Österreich und Bayern: Oberaudorfer Grenzwege | BERGSTEIGER Magazin

Zwischen Österreich und Bayern: Oberaudorfer Grenzwege

Kurz vor der Grenze zu Österreich gibt es rund um Oberaudorf ein Stück Bayern zu erleben, das mit seiner Gegensätzlichkeit lockt: wilde Felswände und sanfte Waldhügel, hohe Almen und geheimnisvolle Wege mit Tiefgang.
 
Vom Kranzhorn aus hat man das Tor zum Inntal und auch den Wildbarren jenseits des Flusses gut im Blick. © Mauritius Images
Vom Kranzhorn aus hat man das Tor zum Inntal und auch den Wildbarren jenseits des Flusses gut im Blick.
Auch wenn Grenzkontrollen innerhalb Europas inzwischen fast Geschichte sind, halten die zwei Zöllner hartnäckig Stellung. Tagein, tagaus wachen sie über die Kolonnen, die vierspurig die Grenze zwischen Bayern und Tirol passieren. Wildbarren und Kranzhorn heißen die beiden Zöllner. Der größere von beiden präsentiert sich gemäß seinem Namen zunächst schroff und unnahbar, wie man es von einem Urbayern halt erwartet. Dementsprechend selten bekommt er Besuch. Einheimische wie Teresa Funk wissen jedoch, von welcher Seite aus der Wildbarren am zugänglichsten ist. »Von Süden aus ist man in eineinhalb Stunden auf dem Gipfel, über den Bichler See oder über die Riedleitneralm.«

Schon trabt die durchtrainierte Mitarbeiterin der Tourist Information Oberaudorf los: über Forstwege auf einen schmalen Pfad und hinein in den lichten Mischwald, der immer wieder den Blick freigibt auf den Inn, wie er sich in einer weiten Linkskurve aus der Enge der Tiroler Berge befreit. Die Gegensätze – hier die sanften Voralpen-Hügel, dort die Aussicht auf die hohen Felswände des Wilden Kaisers – verleihen der Region ihren besonderen Charme. »Für uns Touristiker ist die Zusammenarbeit über die Grenze hinweg aber hin und wieder schwierig«, gibt Teresa zu. 

In der Höhlenwelt

Für Peter Hofmann zählt vor allem eine Grenze: die zwischen oben und unten. Der Oberaudorfer Höhlenforscher hat das Konzept zu den »Inntaler Unterwelten« entwickelt, in dem die Informationen zu vier sehr unterschiedlichen Höhlen der Region zusammenfließen: der Wendelsteinhöhle und des Grafenlochs auf bayerischer sowie der Tischofer- und der Hundalm Eishöhle auf Tiroler Seite.


Bester Ausblück über das Inntal © Tourismus/Yvonne Tremml

Im Sommer bietet Hofmann mit der Audorfer Höhlennacht einmal pro Monat eine abendliche Exkursion zum Burgberg und zu den Höhlen auf Oberaudorfer Grund an. Höhepunkt ist das Grafenloch, eine mittelalterliche Höhlenburg in der Luegsteinwand, in die sich der Legende nach der Graf der Auerburg vor dem drohenden Tod durch Blitzschlag gerettet haben soll, den ihm eine Zigeunerin weissagte.

Gebracht hat es ihm nichts, kurze Zeit später traf ihn der Blitz auf dem Leiter-Zustieg zur Höhle. Auch in den Felsen des Höhlenhauses »Weber an der Wand« lebten einst Menschen. Heute ist es zur Gaststätte ausgebaut, doch die historischen, hinteren Räume mit der Höhle bekommt man nur bei einer Führung im Rahmen der Audorfer Höhlennacht zu Gesicht.

Gipfel mit zwei Kreuzen

Die Aussicht am Gipfel des Wildbarrens gibt es dafür jederzeit für jeden Wanderer. Immergrüne Nadelbäume spenden Schatten an diesem schwülwarmen Sommertag, während der Blick von der Astenalm – einem der höchstgelegenen ganzjährig bewirtschafteten Bauernhöfe Deutschlands – übers Inntal schweift.

Drüben auf der anderen Seite des Flusses zeigt der kleinere der beiden Zöllner seine steinerne Schulter. Das Kranzhorn ist unter Bergsteigern weitaus berühmter als der Wildbarren. Das mag an seiner Sonderstellung liegen, hat es doch einen Fuß auf bayerischem und den anderen auf Tiroler Boden. Dementsprechend zieren zwei Kreuze seinen Gipfel: Während das bayerische prunkvoll in Silber mit goldenen Kugeln an den Enden glänzt, setzen die Tiroler mit einem schlichten Holzkreuz auf Bescheidenheit.


Für jedes Land ein eigenes Gipfelkreuz Oberaudorf © Tourismus/Yvonne Tremml

Ein anderer Grund für die Beliebtheit des Kranzhorns ist der noch kürzere Aufstiegsweg, vermutet Teresa: »Mit dem Mountainbike kannst du bis 20 Minuten unterm Gipfel fahren.« Dort lockt mit der Kranzhornalm ein Einkehrschwung, den man am Fuß des Wildbarrens allerdings auch nicht missen muss: Am Berggasthof Bichlersee – per Autostraße von Oberaudorf aus erreichbar – gibt es bayerische Schmankerl, einen herrlichen Panoramablick übers Inntal und sogar die Möglichkeit, sich im Bergquellwasser des kleinen Badesees zu erfrischen. Warum sollte man da noch zu den Nachbarn schweifen, wenn es daheim doch so schön ist!

Basiswissen: Oberaudorf

  • Wie ankommen? Mit dem Zug über Rosenheim bis Oberaudorf oder über die Inntalautobahn bis Ausfahrt Oberaudorf
  • Wo anklopfen? Tourist Information Oberaudorf, Kufsteiner Str. 6, 83080 Oberaudorf, Tel. 0 80 33/3 01 20, www.oberaudorf.de
  • Wo schlafen und essen? Der Gasthof Ochsenwirt bietet geräumige Zimmer und gute bayerische Küche; Carl- Hagen Str. 14, 83080 Oberaudorf, Tel. 0 80 33/3 07 90, www.ochsenwirt.com
  • Mehr erfahren: Peter Hofmann führt bei der Audorfer Höhlennacht vom Museum im Burgtor zu den Geistergängen der Ponorhöhle, zum Grafenloch und zum »Weber an der Wand«; nächste Termine 5. September und 7. Oktober, Anmeldung in der Tourist Info, Infos: www.unterwelten.com

Der Wildbarren bietet Schatten und Panoramasicht zugleich. © Dagmar Steigenberger

Touren: Zu den beiden Grenzwächtern

 Zwei markante Berge wachen über das Tor zum Inntal.

Kranzhorn (1368 m) 
  • Schwierigkeit: mittelschwierige Wanderung
  • Höhenmeter: 900 Hm
  • Distanz: 6 Km
  • Dauer: 4 ½ Std.
  • Charakter: Den Grenzgipfel mit den zwei Kreuzen erreichen Sportliche vom Tal aus, vom Parkplatz an der Erlerbergstraße dauert es nur halb so lang. Bis zur Kranzhornalm geht es außerdem gut mit dem Mountainbike zu radeln.
  • Route: Erl/Scheiben (470 m) – Kranzhornalm (1300 m) – Kranzhorn – zurück auf demselben Weg
Wildbarren (1448 m)
  • Schwierigkeit: Wanderung mittelschwierige Wanderung
  • Höhenmeter: 500 Hm
  • Distanz: 4 Km
  • Dauer: 2 ½ Std.
  • Charakter: Spritztour zu einem ungewöhnlichen Gipfel, der zugleich Schattenplätze und herrliche Aussicht bietet.
  • Route: Wanderparkplatz bei Regau (960 m) – Abstecher Bichlersee (950 m) – Beschilderung nach Osten folgend auf Forstweg zum südöstlichen Kamm – Wildbarren Gipfel – Kamm nach Westen – steiler Abstieg über Kapelle und Aussichtspunkt – Forstweg – Parkplatz
Dagmar Steigenberger
Artikel aus Bergsteiger Ausgabe 09/2017. Jetzt abonnieren!
 
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