Rezension: Die unendliche Weite des Himmel

Rezension: Die unendliche Weite des Himmel

Inspiriert vom Bergsteiger und Fotografen Brad Washburn begeben sich drei befreundeten Profi-Kletterer in die abgeschiedenen Bergwelten Alaskas und eifern dabei einem über 70 Jahre altem Schwarz-Weiß-Foto hinterher.
 
Zuvor hat noch nie jemand die komplexe Gipfelkette des Moose’s Tooth überschritten. © Visit Films
Zuvor hat noch nie jemand die komplexe Gipfelkette des Moose’s Tooth überschritten.
Der Kinofilm verknüpft das große Abenteuer von Renan Ozturk, Freddie Wilkinson und Zack Smith mit der Lebensgeschichte von Bradford Washburn, einer der größten Luftbildfotografen aller Zeiten.

Ihr Ziel ist das Tooth-Massiv, welches Washburn in den frühen 1930er Jahren erstmals in herausstechender Qualität festhielt. Mit beeindruckenden Luftbildaufnahmen leitet der Film deshalb aus der Cockpit-Perspektive ein, in die ikonischen Weiten des unberührten Denali-Nationalparks in Alaska.

Dabei zeigt der Film (Filmstart 4. August 2022) eindrucksvoll, was der inzwischen verstorbene Fotograf, Pilot, Kartograf und Geologe außergewöhnliches leistete.


Grandiose Ausblicke im Denali-Nationalpark in Alaska. Foto: Visit Films
 

"Große Objekte brauchen große Fotografien"

Washburn hat begriffen, was vor ihm niemand verstand: Einen realen Blick auf die Berge erhält man nur aus einem Flugzeug. "Wenn man einen hohen Berg von unten anschaut, wirkt es, als ob vier Fünftel der Strecke bis zum Gipfel erst die Hälfte wären", beschreibt Ozturk.

Durch Washburns Fotos hatten viele Bergsteiger das Gefühl, wieder von vorne zu beginnen, im Grunde nichts zu wissen. Sie nahmen die Berge plötzlich als Individuen war, indem Washburn mit seinen Fotos etwas Riesiges in etwas Menschliches verwandelte.
 

"Er machte die besten Luftaufnahmen aller Zeiten"

Als Bergsteiger kannte der Fotograf die Berge und schoss deshalb Fotos, die ein Nicht-Kletterer so niemals gemacht hätte. Seine Lieblingskamera war von Fairchild und wurde fürs Militär konzipiert, um Städte von oben für den Krieg zu kartografieren.

Sie war sehr groß, wuchtig und unhandlich zu bedienen. Schwierige Bedingungen also, um Fotos aus der offenen Tür eines Flugzeugs zu schießen.

Brad hielt die Kamera starr und gab dem Piloten Anweisungen zur Flugrichtung und Höhe. So entstand auch das ikonische Bild des Moose’s Tooth, von dessen Gratüberschreitung der Film berichtet.
 

"Schnappt ihn euch vor allen anderen" (Brad Washburn)

Mit seinen Fotos veröffentlichte Washburn bis dahin oft unbekannte Naturwelten, die geprägt waren von riesigen Gletschern, unberührte Natur und mächtigen Gebirgsketten. Zusammen mit den Land- und topografischen Karten, die der Fotograf und Geologe vom Nationalpark entwarf, bildeten diese die Grundlage für viele Erstbegehungen in dieser Region.

 


Neue Gipfel sind Mangelware

Als die Kletterer Ozturk, Wilkinson und Smith zum ersten Mal Washburns Bilder in der Ranger-Station Talkeetna sahen, waren die meisten Gipfel in der Alaskakette bereits erklommen, so auch die der vielen großen Felswände, von denen der Moose’s Tooth seinen symbolischen Namen erhielt.

"Für junge Kletterer, die auf der Suche nach Abenteuern sind und Teile von Bergen als erste entdecken wollen, ist es mittlerweile sehr schwierig, neue Orte zu finden", erklärt Ozturk.
 

Der Reiz einer neuen Kletterroute

Wenn jedoch eine solche Klettertour gefunden wurde, die noch nie begannen wurde, "fühlt es sich an, wie sich zu verlieben". Darin besteht der Reiz für viele Bergsteiger, auch der drei verfilmten Abenteurer.

Das Ziel hieß demzufolge, nicht mehr einen bestimmten Gipfel der Alaskakette zu erreichen, sondern die komplexen Gipfel des Moose’s Tooth zu überschreiten. Etwas, das bis dahin noch keiner gewagt hat.

Denali-Nationalpark in Alaska
Eine spektakuläre Grat-Überschreitung am Moose's Tooth. Foto: Visit Films
 

"Bin ich zu weich, oder der Berg zu hart?"

Der Film beeindruckt mit starken Bildern und vermittelt das Gefühl, selbst inmitten der Wildnis zu stehen. Brad Washburns alte Schwarz-Weiß Fotografien werden dabei gekonnt mit aktuellen Aufnahmen kombiniert.

Gleichzeitig vermittelt der Film einen tiefen Eindruck davon, was diese Abenteurer dazu antreibt, sich auf eine solche Expedition zu begeben, in der es immer um Leben und Tod geht.
Torben Dehner