Des Kaisers göttliche Radien
Skitouren im Kaisergebirge
© Andreas Strauß
Kaiserwetter: »Herrenstein«-Panorama mit Leoganger Steinbergen, Kitzbüheler Horn und Hohe Tauern
Kaiserwetter: »Herrenstein«-Panorama mit Leoganger Steinbergen, Kitzbüheler Horn und Hohe Tauern
Anfang April wird sich Toni auch heuer wieder die Ski seiner Tochter ausleihen. Mit 1,60 Meter sind sie kurz genug, um in seiner Lieblings-Steilrinne von oben weg zu schwingen. In Tonis Skisaison gibt es neben vielen Variablen einige wenige Fixpunkte; fast alle führen ihn in den Kaiser. Ein paar Tage vor Weihnachten ruft Bertl an: »Morgen? Ins Winkelkar? Hast Zeit?« Warum er ausgerechnet das schattigste, kälteste Kaiserkar in der schattigsten Periode des Jahres wählt, ist ihm selbst nicht klar. Vielleicht als Härtetraining. Vielleicht auch, weil unter der Pyramidenspitze im Dezember der beste Pulverschnee zu finden ist. Natürlich aber auch, weil es schon Tradition ist, vor Weihnachten mit Bertl zusammen nach Durchholzen in den Zahmen Kaiser zu fahren, das eisige Sträßchen zum Parkplatz hinaufzukurven, dann die Felle aufzuziehen und schelmisch in die Runde zu fragen: »Hamma alles? Beide Skischuhe?«
Wenn die letzten Vanillekipferl aufgegessen sind, meist Mitte Januar, ist es an der Zeit, ins Ellmauer Tor zu gehen. Anders als das Winkelkar ist das Ellmauer Tor schon aus dem Tal gut einzusehen. Sobald das erste Zickzack einer Aufstiegsspur im Kübelkar zu entdecken ist, hält auch Toni nichts mehr. Für den breiten Kübel sind Tonis eigene Carver genau richtig. Beim Bau der Rinnen und Hänge hat der Herrgott am Radius seiner Ski Maß genommen. Sagt Toni.
Ende März. Tonis Terminplan für Kaisertouren wird jetzt immer voller. Allein in die Griesenau »muss« er mindestens zwei Mal. An einem Schönwettersonntag steht die Familientour auf die Fritz-Pflaum-Hütte auf dem Programm. »Mitte der Woche kommt Nachschub«, verspricht Bertl während der Brotzeit an der Fritz-Pflaum-Hütte. Damit meint er nicht das saftige Ripperl, das auf seinem Brot liegt, sondern frischen Pulverschnee. Genüsslich schauen sie hinüber ins Schönwetterfensterl.
Saisonabschluss. Eine letzte Tour, bevor die Ski auf den Dachboden kommen. Einen guten Kilometer Luftlinie von seinem Saisonstart beginnt der Anstieg ins Egersgrinn. Dass dieses Kar im »Zahmen« Kaiser liegt, könnte kaum widersinniger sein. Gute 45° hat die steilste Stelle, jedes Jahr holen sich ein paar Tourengeher eine blutige Nase. In Tonis Rucksack klappern Steigeisen. Zur Sicherheit. In ein paar Monaten wird ihn sein Freund Bertl anrufen und fragen: »Morgen? Ins Winkelkar? Hast Zeit?«
Skitour im Kaisergebirge - Carver für den Kübel
Noch auf der ersten flachen Wiesenrampe wird Bertl sagen: »Kannst ruhig zugehen. Bist eh schneller.« Nichts entspannt bei der ersten Tour im Winter so sehr wie dieser Satz. Natürlich bleiben sie zusammen, gehen denselben Schritt. An der Großpointneralm halten sie kurz, ziehen eine Kleiderschicht aus. Bevor sie die Rucksäcke wieder schultern, wird Bertl nochmals sagen: »Geh ruhig zu.« Wie jedes Jahr. Dann ziehen sie mit langen Schritten den ersten Steilhang hinauf, verschnaufen in der Querung zur Winkelalm und nehmen den letzten langen Hang in Angriff, der hinaufleitet bis unter den Felsansatz der Pyramidenspitze. Am Umkehrpunkt machen sie sich über die Vanillekipferl von Bertls Frau her, dann geht es im kniehohen Pulverschnee hinab.Wenn die letzten Vanillekipferl aufgegessen sind, meist Mitte Januar, ist es an der Zeit, ins Ellmauer Tor zu gehen. Anders als das Winkelkar ist das Ellmauer Tor schon aus dem Tal gut einzusehen. Sobald das erste Zickzack einer Aufstiegsspur im Kübelkar zu entdecken ist, hält auch Toni nichts mehr. Für den breiten Kübel sind Tonis eigene Carver genau richtig. Beim Bau der Rinnen und Hänge hat der Herrgott am Radius seiner Ski Maß genommen. Sagt Toni.
Kuhle Sitze
Nach gut zwei Stunden sitzt er im Ellmauer Tor. Die Atmosphäre ist entspannt, der Horizont weit. Man sitzt bequem in einer der Schneekuhlen, die man selbst oder ein Vorgänger ausgeschaufelt hat und lehnt sich an den rauen Fels. Einen Dohlenflügelschlag zur Rechten befindet sich die Rote-Rinn-Scharte, einen Flügelschlag zur Linken der Herrenstein. Für das Kaisergebirge eine ungewöhnliche Skitour, führt sie doch einfach über einen schönen, sonnigen Südhang. Fünf Euro kostet Toni die Tour auf den Herrenstein. Zahlbar ins Familiensparschwein. Dort wirft jeder ein, der sich mit dummen Sprüchen, Zuspätkommen oder ähnlichem etwas hat zu Schulden kommen lassen. Fünf Euro für seine Bemerkung »ausnahmsweise« auf den Wunsch von Frau und Tochter, die gemütliche Firntour zum Herrenstein mitzugehen.Ende März. Tonis Terminplan für Kaisertouren wird jetzt immer voller. Allein in die Griesenau »muss« er mindestens zwei Mal. An einem Schönwettersonntag steht die Familientour auf die Fritz-Pflaum-Hütte auf dem Programm. »Mitte der Woche kommt Nachschub«, verspricht Bertl während der Brotzeit an der Fritz-Pflaum-Hütte. Damit meint er nicht das saftige Ripperl, das auf seinem Brot liegt, sondern frischen Pulverschnee. Genüsslich schauen sie hinüber ins Schönwetterfensterl.
Von wegen zahm
Die Felswände wachsen zur Rechten und zur Linken in den Himmel. Seit Toni sich erinnern kann, gehört das Schönwetterfensterl zu seinen Lieblingstouren. Ein Spiel aus glitzerndem Pulverschnee und düsteren Felszacken. Das Beste ist der Ausstieg durch den Felsspalt in die Scharte: sonnenverwöhnt, der Blick nach Süden auf die Tauern. Dann steigt er in die kurzen Ski seiner Tochter und taucht ein in flockigen Pulver.Saisonabschluss. Eine letzte Tour, bevor die Ski auf den Dachboden kommen. Einen guten Kilometer Luftlinie von seinem Saisonstart beginnt der Anstieg ins Egersgrinn. Dass dieses Kar im »Zahmen« Kaiser liegt, könnte kaum widersinniger sein. Gute 45° hat die steilste Stelle, jedes Jahr holen sich ein paar Tourengeher eine blutige Nase. In Tonis Rucksack klappern Steigeisen. Zur Sicherheit. In ein paar Monaten wird ihn sein Freund Bertl anrufen und fragen: »Morgen? Ins Winkelkar? Hast Zeit?«
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Text: Andrea Strauß, Fotos: Andreas Strauß
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