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02.11.2018

Seilbahnprogramm: Alpenverein fordert Nachdenkpause

ÖAV und DAV befürchten eine Erschließungswelle, sollte das neuen Tiroler Seilbahn- und Skigebietsprogramms (TSSP) in Kraft treten. In einer offiziellen Stellungnahme an die Tiroler Landesregierung und an Landeshauptmann Günther Platter fordert der Alpenverein eine Nachdenkpause und die Einbindung der Öffentlichkeit, bei einer vorläufigen Verlängerung des bestehenden Seilbahnprogramms.
 
 
 
Vorbereitung auf die Skisaison am Pitztaler Gletscher © ÖAV/Abteilung Raumplanung & Naturschutz
Das aktuelle Seilbahnprogramm, das nur noch bis Ende 2018 gültig ist, sei bereits eine Verschlechterung verglichen mit der ursprünglichen Fassung. Der Alpenverein schreibt dazu in seiner Stellungnahme: »Das TSSP 2005 war in seiner ursprünglichen Form ein kluges Instrument, das die Interessen des Naturschutzes und der Seilbahnwirtschaft ausgewogen berücksichtigte. Dieser Interessensausgleich geriet jedoch durch die Novellierung im Jahr 2011 aus der Balance.« Das lasse sich konkret durch die Zunahme an Liftanlagen ab 2013 belgen. Durch den neuen Entwurf drohe das Ungleichverhältnis nun endgültig zugunsten der Seilbahnwirtschaft zu kippen.
 
Der Alpenverein fordert daher: »Das Seilbahnprogramm muss zurück an den Start«. Das Mitspracherecht in dieser wichtigen Angelegenheit sei den betroffenen Tirolern bisher eindeutig verwehrt gewesen. Es sei höchste Zeit, in einem umfassenden Beteiligungsprozess zu klären, wohin die touristische Reise für Tirol gehen soll. Es braucht klare Ausbaugrenzen, und die entsprechende rechtliche Verbindlichkeit.

»Dann lieber kein TSSP«

»Was im Tiroler Skizirkus aktuell schon möglich ist, spricht für sich selbst. Vom schulterzuckenden Schwarzbau am Pitztaler Gletscher über die unaufhaltsamen ›Machbarkeitsstudien‹ für weitere Skigebietszusammenschlüsse, bis hin zu Kunstschneebändern bei sommerlichen Temperaturen in Kitzbühel sind die Bilder, die das Tourismusland Tirol seinen Bewohnern und Gästen vermittelt, derzeit mehr als bedenklich«, sagt Robert Renzler, Generalsekretär des Österreichischen Alpenvereins. »99 Prozent aller Maßnahmen innerhalb der bestehenden Skigebietsgrenzen werden laut Landesumweltanwalt ohnehin schon genehmigt. Bei allem, was das bestehende TSSP bereits zulässt, wollen die Seilbahner die Erschließungsspirale jetzt noch schneller drehen und sie ins Bodenlose ziehen. Lieber kein TSSP als ein derartig geplantes!«, so Renzler.
  

Naturräume, die nach dem Wortlaut des TSSP-Entwurfs (Novelle 2018) theoretisch erschlossen werden könnten – darunter etwa Pitztal-Ötztal, Weerberg-Hochfügen-Tux und Hochoetz-Kühtai.  (Grafik: Alpenverein)

Die Stellungnahme des Alpenvereins ging am 31. Oktober 2018 an das Amt der Tiroler Landesregierung, die Abteilung Bau- und Raumordnungsrecht sowie abschriftlich an Landeshauptmann Günther Platter und Landeshauptmann-Stellvertreterin Ingrid Felipe. Unterzeichnet wurde das Schreiben von Liliana Dagostin, Abteilung Raumplanung und Naturschutz des ÖAV, Gerald Aichner, Vorsitzender des ÖAV-Landesverbands Tirol, und Rudolf Erlacher, Vizepräsident DAV. Der Tiroler Landesverband des Alpenvereins mit 110 000 Mitgliedern hat zudem eine eigene Stellungnahme angekündigt.