Der norwegische Woll-Spezialist Devold im Profil | BERGSTEIGER Magazin

Der norwegische Woll-Spezialist Devold im Profil

1853 gründete Ole Andreas Devold in Ålesund eine Textilfabrik, um die Fischer an der rauen norwegischen Westküste mit Wollkleidung zu versorgen. Schon bald erlangten seine robusten und funktionellen Produkte größere Bekanntheit und sind heute auch bei Outdoor-Sportlern beliebt.


 
 
Extreme Abenteurer brauchen gute Kleidung. © Devold
Extreme Abenteurer brauchen hochwertige Kleidung.

Ole Andreas Devold war ein Macher. Als er 1853, nach vier  Jahren Ausbildung in Deutschland, in seine norwegische Heimat Ålesund zurückkehrte, hatte er nicht nur den großen Traum, eine eigene Textilfabrik zu gründen, sondern auch gleich eine der modernsten mechanischen Strickmaschinen seiner Zeit im Gepäck. Nach nur 15 Jahren hatte er ein solides Unternehmen aufgebaut und stattete Arbeiter und Fischer an der rauen norwegischen Westküste mit gestrickter Wollkleidung, Handschuhen und Mützen aus.

Aber das allein reichte ihm nicht. Denn Devold war auch ein Visionär. Er war überzeugt davon, dass er sein Unternehmen nur durch Innovationen erfolgreich in die Zukunft führen könne. 1868 kaufte er deshalb die nahe  gelegene Insel Langevåg, um die Produktion mit Wasserkraft zu betreiben. 1882 erhielt die Fabrik das erste Elektrizitätswerk Norwegens. Eine der ersten Telefonleitungen des Landes führte von der Fabrik zu den Vetriebsbüros am Hafen. Und nur wenige Jahre, nachdem Edison die moderne Glühbirne erfunden hatte, arbeitete man bei Devold unter elektrischem Licht.


Firmengründer Andreas Devold sorgte für seine Angestellten. Foto: Devold

Doch nicht nur in Sachen Industrialisierung war Devold ein Vorreiter. In einer Zeit, in der man von »Corporate Social Responsibility« nur träumen konnte, kümmerte sich der Firmengründer rührend um seine Angestellten. Auf Langevåg baute er für sie eigene Unterkünfte, eine Kirche, ein Krankenhaus und einen Kindergarten. Auch im Vetrieb ging Devold ungewöhnliche Wege. Um die abgelegenen Fischerdörfer an der Küste mit Wollkleidung versorgen zu können, ließ er das Dampfschiff »Thorolf« mit Verkäufern von der schwedischen bis zur russischen Grenze fahren. 

Von der Kaffeefahrt zum Südpol

»Quasi eine frühe Form der Kaffeefahrt«, sagt Herbert Horelt, Geschäftsführer von Devold Deutschland. Doch im Gegensatz zur billigen Massenware heutiger Verkaufsveranstaltungen wusste Devold schon immer durch Qualität zu überzeugen. Mit Devolds Pullovern durchquerte etwa Fridtjof Nansen 1888 Grönland. Roald Amundsen erreichte damit gut zwei Jahrzehnte später den Südpol. Die warmen Wollpullover wurden über die Jahre hinweg zu so etwas wie einem nationalen Symbol der Norweger – und sind es bis heute.


Die klassischen Norweger-Pullis sind Markenzeichen der Firma. Foto: Devold
 

Die traditionellen Norwegerpullis aus einheimischer Schafwolle machen heute allerdings nur noch einen kleinen Teil der Kollektion aus. Viel wichtiger ist Bekleidung aller Art aus Merinowolle. Der harten – und oft günstigeren – Konkurrenz begegnet Devold dabei weiterhin mit einem hohen Qualitätsanspruch. »Da machen wir auch heute keine Kompromisse«, sagt Horelt. »Wir haben das bessere Ausgangsmaterial und die schonendere Verarbeitung.« Devold zählt zu den wenigen Outdoor-Marken, die die Kontrolle über den gesamten Wertschöpfungsprozess ihrer Produkte haben. In Australien kauft Devold unbehandelte Rohwolle von ausgewählten Farmen und veredelt diese dann selbst. »Unsere Qualitätsstrategie ‚Sheep-to-shop’ gewährleistet maximale Transparenz vom Scheren der Schafe über das Kämmen, Spinnen, Färben und Nähen bis zum Design und zur Verarbeitung«, sagt Horelt. 

Seit 2015 lassen die Norweger ihre Textilien auch in einer eigenen Fabrik fertigen – in Litauen. Das ist ungewöhnlich, wo die Konkurrenz doch reihenweise in Fernost produziert. »Die Qualitätssicherung ist in Europa viel einfacher«, erklärt der Geschäftsführer der Fabrik, Tor Jonsson. »Außerdem sind wir hier mitten auf dem europäischen Markt. Das macht Logistik und Kommunikation deutlich effizienter.« Wie nah die Produktion dennoch am Rohmaterial ist, merkt man im Lager, wo tonnenweise Garn darauf wartet, verarbeitet zu werden: Der intensive Schafsgeruch ist unverkennbar. An sieben Tagen wird hier in vier Schichten rund um die Uhr gearbeitet, um die derzeit starke Nachfrage nach Merino-Produkten zu befriedigen. In riesigen Maschinen wird die Wolle gestrickt, kompaktiert und gefärbt, und schließlich werden ohne unnötigen Materialverlust verschiedene Schnitte aus den Stoffbahnen gestanzt. »Das ist fast so, als würde man Plätzchen ausstechen«, sagt Tor Jonsson. Außerdem unterhält Devold ein eigenes Labor zur Qualitätsprüfung und -sicherung, wo die Garne etwa auf Festigkeit und Glätte getestet werden.


130 Näherinnen arbeiten im litauischen Werk. Foto: Devold 

Tradition und Innovation

Obwohl sich die technischen Möglichkeiten in den letzten 100 Jahren rasant weiterentwickelt haben, sind es  – wie zu Ole Andreas Devolds Zeiten – auch heute noch die Näherinnen, die den Produkten den finalen Schliff verpassen. 130 Frauen, die die einzelnen Stoffteile mit einer bewundernswerten Schnelligkeit und Präzision zu langlebigen Kleidungsstücken zusammennähen. Eine Aufgabe, so komplex, dass sie auch heute noch von keiner Maschine übernommen werden kann. Und auch der Geist von Ole Andreas lebt im Hause Devold weiter. Nicht in der modernen Fabrik in Litauen, sondern noch immer auf der Insel Langevåg. Dort befindet sich neben einem Museum auch heute noch die Hauptverwaltung der Firma. Und nicht nur das: In den ehemaligen Fabrikhallen wurde ein modernes Outlet angesiedelt. Der Macher und Visionär wäre stolz auf sein Erbe.  


Im Devoldmuseum erfährt man, wie die Firma vor über 100 Jahren produzierte. Foto: Stefan Moll
 

Stefan Moll
Artikel aus Bergsteiger Ausgabe 02/2018. Jetzt abonnieren!
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