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14.10.2014

Schweizer Team entdeckt Neuland im Norden Indiens

Erstmals seit über 30 Jahren Besteigung des Kishtwar Shivling
 
 


Einem Schweizer Team, bestehend aus Profibergsteiger Stephan Siegrist, Fotograf Thomas Senf und Alpinist Andreas "Dres" Abegglen gelang eine neue Route am Kishtwar Shivling sowie die jeweils erste Besteigung zweier vorher noch namenloser Gipfel im Norden Indiens.

Am 1. Oktober gelang die Besteigung des Kishtwar Shivling auf neuer Route; einem Berg, der erst einmal bestiegen worden war, während weitere Versuche an dem markanten Berg seither erfolglos verlaufen waren. Zusätzlich verbuchte das Team in den Wochen zuvor zwei Erstbesteigungen: Anspruchsvolle Kletterei über ästhetische Linien führte die drei Alpinisten auf die zwei Gipfel, die sie Shiepra und Kharagosa nannten.

"So muss es gewesen sein vor 150 Jahren, im goldenen Zeitalter des Alpinismus in den Alpen" , sagte Stephan Siegrist. "Man sitzt in einer fantastischen Bergwelt, sieht einen besonders schönen Gipfel und fragt sich: Ist der schon bestiegen?" 1983 schafften die Engländer Stephen Venables und Dick Renshaw die Erstbegehung des Kishtwar Shivling in sieben Tagen, davon zwei im Abstieg, über die Nordwand. "Wie sein Namensvetter im Gharwal, hat der Kishtwar Shivling keine leichte Route", schrieb Venables damals.

Später war die Region im indisch-pakistanischen Grenzgebiet wegen politischer Unruhen fast zwei Jahrzehnte gesperrt. Nach der Wiederöffnung fanden nur vereinzelt Ausländer den Weg ins Kashmir Gebiet. Am Kishtwar Shivling eröffneten Siegrist, Senf und Abegglen eine neue Route durch ein verstecktes Eiscouloir auf den Ostgipfel. Der Ostpfeiler war mit Sicherheit schon zweimal versucht worden, bisher aber ohne Erfolg.

Vom Biwak in einem Schneesattel auf 5400 Metern kletterten die Alpinisten zehn steile Seillängen (bis zu 90°, Wl5) durch das Couloir. Anschließend gelangten sie durch anspruchsvolles kombiniertes Gelände bis unter die gigantische Gipfelwächte. Mit viel Glück und Gespür fanden die drei ein Loch, konnten durch die Wächte kriechen und so den Ostgipfel erreichen. Das GPS zeigte 5895 Meter über Meer.

"Für uns", sagt Stephan Siegrist, "ist die Höhe nicht das entscheidende Merkmal. Wichtiger sind uns die Ästhetik eines Berges und eine interessante Linie. Was bleibt ist das Erlebnis, bisher unbekannte Berge zu entdecken und zu besteigen." Ungenaue Höhenangaben, wenige Informationen und fehlendes Kartenmaterial waren nur ein Teil der Herausforderungen. Gleich zu Beginn hatten die verheerenden Unwetter in Jammu der Reise beinahe ein vorzeitiges Ende bereitet. Von früheren Expeditionen in das Gebiet kannten Siegrist und Senf bereits gute Verbindungspersonen wie ihren Liaison Officer Ran Jan. Dieser fand trotz Überschwemmungen einen Weg, um in das Basislager zu gelangen.

Auch in den Dörfern im Tal wurden die Schweizer wiedererkannt. Die wenigen Ausländer, die die Region besuchen, bleiben ganz offensichtlich in Erinnerung. Dies verhalf den Bergsteigern nicht nur zu Vorteilen bei der Organisation, sie kamen auch in den Genuss der lokalen Gastfreundschaft. Die Einheimischen begriffen zwar nicht, wozu Bergsteigen gut sein soll, spannten die Fremdlinge aber erfolgreich ein, um bei der Kornernte zu helfen.

Facts
Shiepra 5885m:
- Erstbesteigung, Gipfelerfolg am 16. September 2014
- Route "Maaji" in der Südwand
- Wl3 IV 700Hm

Kharagosa 5840m:
- Erstbesteigung, Gipfelerfolg am 21. September 2014
- Route "Pinky" in der Ostseite
- M6 6a 1000Hrn

Kishtwar Shivling Ostgipfel 5895m:
- Erstbegehung, Zweite Besteigung des Khistwar Shivling.
- Gipfelerfolg am 1. Oktober 2014
- Route "Jell-o" in der Nordostseite
- Wl5 M6 600Hm
- Erstbesteigung 1983 durch die Engländer Stephen Venables und Dick Renshaw in sieben Tagen über die Nordwand auf den HauptgipfeL Seither keine erfolgreiche Besteigung mehr.