Musikfestival »I Suoni delle Dolomiti«
Der Klang der Dolomiten
© Ronny Kiaulehn / Trentino Tourismus, Daniele Lira / Trentino Tourismus S.p.A., Helmut Luther
Über den Wolken nur Trompetenklang: Mystisch ist die Stimmung beim Sonnenaufgang am Rifugio Pedrott i.
Über den Wolken nur Trompetenklang: Mystisch ist die Stimmung beim Sonnenaufgang am Rifugio Pedrott i.
Früh am Morgen schwebt über den Laghi di Bombasèl eine weltferne Stille. Auf der Wasseroberfläche der kleinen Seen spiegelt sich der blaue Himmel, ringsum plätschern über glattgeschliffene Felswände dünne Bäche herab wie Silberfäden. Libellen schwirren über sumpfi ge Wiesen, Wollgras wiegt sich zum Kuhglockengeläut aus dem tiefer gelegenen Lagoraital. Von dort unten kommt gerade der Hirte Vito herauf auf knapp 2300 Meter Höhe über dem Val di Fiemme und spannt einen Elektrozaun, um das Vieh abzuhalten. »Fertig ist der Konzertsaal!«, behauptet Vito grinsend und weist auf das natürliche Amphitheater auf dem Berg. Unterdessen nimmt am Paion del Cermìs, an der Bergstation der Seilbahngondeln, ein Bergführer zwei junge Herren mit blassem Gesicht in Empfang. Die beiden russischsprachigen Musiker in Leder-Mokassins und Sandalen erhalten erst einmal klobige Bergstiefel, denn zum Gipfel ist es noch ein Stück zu laufen. Auf den Rücken haben Jlya Gringolts aus St. Petersburg und Maxim Rysanov aus der Ukraine ihre Streichinstrumente geschnallt. Gemeinsam mit vielen Wanderern machen sie sich auf zu den Laghi di Bombasèl. Ihre Darbietung von Mozart- und Bach-Kompositionen gehört zu den Höhepunkten der diesjährigen »Suoni delle Dolomiti«.
Auf dem mit Steinen übersäten Steig, der von der Liftstation zu den malerischen Seen führt, marschieren Menschen aller Altersstufen. Rentner mit Edelweiß und Schützenabzeichen am Filzhut, geschminkte Damen in Armani-Jeans und junge Väter, die ihre Kleinkinder in der Rückentrage transportieren. Manche Männer sind luftig nur in kurzer Hose und Bergschuhen unterwegs, einige Ältere schützen sich mit Schirmen gegen die stechende Sonne – vom Gewitter, das für den Abend angekündigt wurde, fehlt bislang jede Spur. Eine kurze Strecke wird der Weg noch von Skipistenschneisen flankiert, an deren Rändern die Eisengerippe von Fangzäunen aufragen wie gebleichte Walknochen. Dann gibt es nur mehr Natur, einige windzerzauste Zirbelkiefern, geduckte Sträucher, unmerklich verwandelt sich die Landschaft zur alpinen Tundra. Der Blick schweift über verstreute, teilweise mit einer borstigen Grasnarbe bedeckte Gesteinstrümmer, die Erosion formte sie zu bizarren Skulpturen.
Eher dem Klischee des vergeistigten Künstlers hingegen entspricht der Geiger Ilya Gringolts. Er wandert für sich, blickt häufi g in die Ferne, wirkt introvertiert. Nervös streicht er sich mit schmalen Fingern immer wieder die braunen Locken aus dem Gesicht. Auf die Frage, was für ihn das Besondere an diesem Konzert sei, erklärt der 31-Jährige in slawisch gefärbtem Englisch, dass er hier konzentrierter spielen müsse als im Konzertsaal. »Die Berge erwecken Ehrfurcht. Wie große Musik schenken sie einem das Gefühl, dem Himmel ein bisschen näher zu sein.« Um 14 Uhr beginnt das Konzert, zuerst Mozarts Duo in G-Dur KV 423, anschließend die 3. Suite von Bach. »Sie hat sechs Sätze – damit ihr wisst, wann ihr zu applaudieren habt«, schreit Rysanov ins Publikum. Er lacht selbst am lautesten über die eigenen Scherze.
Das etwa 500-köpfige Publikum hat es sich in einer windgeschützten Mulde bequem gemacht. Viele haben ihre Windjacken ausgebreitet, einige haben mit Badetuch und Wanderstöcken ein Sonnendach gebaut. Es wird gemütlich gepicknickt. In der Luft schwebt der Geruch von Sonnencreme und Kuhfl aden, einige Hartgesottene kühlten sich zuvor noch schnell im größten der Bombasèl- Seen ab. Die demonstrative Lässigkeit des Violinisten Rysanov, der auch beim Spielen die verspiegelte Sonnenbrille und nen grauen Schlapphut aufbehält, scheint anzustecken. Eine nicht mehr ganz junge Frau im knappen Bikini räkelt sich wenige Meter von den Musikern entfernt im Gras. Am Ende der Stücke wird geklatscht, gejohlt und laut gepfiffen. Ein Zuschauer mit schütterer Lockenmähne sagt, ein wenig fühle er sich an Woodstock erinnert.
jü Detaillierte Informationen zum Programm finden Sie im Internet unter: www.isuonidelledolomiti.it
Klangerlebnis inmitten der Dolomiten
»Die Klänge der Dolomiten«, wie die Veranstaltungsreihe übersetzt heißt, finden seit 1995 von Juni bis August statt: Künstler aus verschiedenen Ländern spielen Klassik, Jazz und Ethnomusik vor der großartigen Kulisse des von der Unesco zum Welterbe erklärten Gebirges. Zum Konzept gehöre es, dass die Aufführungen stets in der Natur stattfinden, erläutert die künstlerische Leiterin Chiara Bassetti, die sich dem Musikerduo angeschlossen hat. Die Musik sei eine universelle Sprache und das Gebirge ein universeller Ort. »In dieser besonderen Atmosphäre wird das Klangereignis viel intensiver wahrgenommen.« Seit dem Beginn im Jahr 1995 klettern die Besucherzahlen kontinuierlich nach oben. »Zu manchen Konzerten kommen mehrere Tausend, andere finden in einem weit intimeren Rahmen statt«, sagt Bassetti. In manchen Jahren zählte man bis zu 50 000 Musikliebhaber.Auf dem mit Steinen übersäten Steig, der von der Liftstation zu den malerischen Seen führt, marschieren Menschen aller Altersstufen. Rentner mit Edelweiß und Schützenabzeichen am Filzhut, geschminkte Damen in Armani-Jeans und junge Väter, die ihre Kleinkinder in der Rückentrage transportieren. Manche Männer sind luftig nur in kurzer Hose und Bergschuhen unterwegs, einige Ältere schützen sich mit Schirmen gegen die stechende Sonne – vom Gewitter, das für den Abend angekündigt wurde, fehlt bislang jede Spur. Eine kurze Strecke wird der Weg noch von Skipistenschneisen flankiert, an deren Rändern die Eisengerippe von Fangzäunen aufragen wie gebleichte Walknochen. Dann gibt es nur mehr Natur, einige windzerzauste Zirbelkiefern, geduckte Sträucher, unmerklich verwandelt sich die Landschaft zur alpinen Tundra. Der Blick schweift über verstreute, teilweise mit einer borstigen Grasnarbe bedeckte Gesteinstrümmer, die Erosion formte sie zu bizarren Skulpturen.
Naturerelebnis mit Hintergrundmusik
An der Spitze der bunten Karawane stapft Musiker Maxim Rysanov. Der stämmige 35-Jährige in hellblauen Bermudahosen scheint ein unkomplizierter Typ zu sein. Während einer Pause verdrückt er genüsslich eine Wurstsemmel, die er sich am Morgen in die Hosentasche gestopft hat, und blickt grinsend in die Runde. Später wird er in demselben verschwitzten schwarzen T-Shirt mit dem Logo der »Suoni delle Dolomiti« auftreten, das er jetzt anhat. Manche Festivalbesucher legen ihre anfängliche Scheu ab, fotografieren, bitten um Autogramme. »Das gemeinsame Naturerlebnis, der unkomplizierte Austausch mit den Künstlern, darin liegt für mich der Charme dieser Veranstaltungsreihe«, schwärmt eine rundliche Frau aus Mailand. Und gesteht, sonst nie auf die hohen Berge zu klettern, da sie ihr eigentlich Angst machten. »Aber unter so vielen Gleichgesinnten fühle ich mich sicher. Und dann kriegt man hier alles auf einmal: Sport, Natur, Kultur – noch dazu geschenkt.«Eher dem Klischee des vergeistigten Künstlers hingegen entspricht der Geiger Ilya Gringolts. Er wandert für sich, blickt häufi g in die Ferne, wirkt introvertiert. Nervös streicht er sich mit schmalen Fingern immer wieder die braunen Locken aus dem Gesicht. Auf die Frage, was für ihn das Besondere an diesem Konzert sei, erklärt der 31-Jährige in slawisch gefärbtem Englisch, dass er hier konzentrierter spielen müsse als im Konzertsaal. »Die Berge erwecken Ehrfurcht. Wie große Musik schenken sie einem das Gefühl, dem Himmel ein bisschen näher zu sein.« Um 14 Uhr beginnt das Konzert, zuerst Mozarts Duo in G-Dur KV 423, anschließend die 3. Suite von Bach. »Sie hat sechs Sätze – damit ihr wisst, wann ihr zu applaudieren habt«, schreit Rysanov ins Publikum. Er lacht selbst am lautesten über die eigenen Scherze.
Das etwa 500-köpfige Publikum hat es sich in einer windgeschützten Mulde bequem gemacht. Viele haben ihre Windjacken ausgebreitet, einige haben mit Badetuch und Wanderstöcken ein Sonnendach gebaut. Es wird gemütlich gepicknickt. In der Luft schwebt der Geruch von Sonnencreme und Kuhfl aden, einige Hartgesottene kühlten sich zuvor noch schnell im größten der Bombasèl- Seen ab. Die demonstrative Lässigkeit des Violinisten Rysanov, der auch beim Spielen die verspiegelte Sonnenbrille und nen grauen Schlapphut aufbehält, scheint anzustecken. Eine nicht mehr ganz junge Frau im knappen Bikini räkelt sich wenige Meter von den Musikern entfernt im Gras. Am Ende der Stücke wird geklatscht, gejohlt und laut gepfiffen. Ein Zuschauer mit schütterer Lockenmähne sagt, ein wenig fühle er sich an Woodstock erinnert.
Das Musikfestival »Die Klänge der Dolomiten«
Das Festival »I Suoni delle Dolomiti« findet jedes Jahr von Juni bis Ende August an unterschiedlichen Orten im Trentino statt. Zu hören sind kostenlos Musiker aus aller Welt, die unterschiedliche Stilrichtungen zum Besten geben: von klassisch bis zeitgenössisch, vom Singer-Songwriter bis zum Jazz ist alles dabei. Eine besonders stimmungsvolle Atmosphäre haben die Darbietungen zu Sonnenaufgang. Hier wandern die Teilnehmer gemeinsam mit Bergführern und den Musikern samt Instrumenten bereits in der Dunkelheit hoch auf die Berge. Bei Regen werden die Konzerte in öffentliche Räume verlegt. Der Tourismusverband hat zu den jeweiligen Veranstaltungen Pauschalangebote ausgearbeitet.jü Detaillierte Informationen zum Programm finden Sie im Internet unter: www.isuonidelledolomiti.it
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Helmut Luther
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