Reifezeugnis für Alpinisten

Die Heckmair-Route an der Eiger-Nordwand

Auch 75 Jahre nach der Erstbegehung ist die Heckmair-Route in der Eiger-Nordwand eine Art Reifezeugnis für Alpinisten. Trotz aller Rekordjagden ist eines noch immer wichtig: Demut statt demütigen.

 
Heckmair eröffnet in bis dahin noch nie betretenem Gelände für seine Seilgefährten den Weg hinaus aus der Wand. Ein Gang an der Sturzgrenze, damals Klettern in einer neuen Dimension. Heckmair hatte für sich und seinen Freund Wiggerl Vörg die gerade erst aufgekommenen Zwölfzacker-Steigeisen besorgt.

Spätestens jetzt, dort oben, wird klar, dass dies der Schlüssel zur Erstbegehung ist. Anderl Heckmair hat es gewusst, hat es ausgesprochen. Auch wenn Heinrich Harrer strikt der Meinung blieb, dass er und Fritz Kasparek mit ihrer mangelhaften Eisausrüstung schließlich auch die Eiger-Nordwand gemacht haben, konnte Anderl Heckmair deutlich werden:

»Ja, aber nur, weil ich vorausgestiegen bin!« Dabei wollte er das Können der beiden in keiner Weise in Frage stellen, betonte auch immer ihre Wichtigkeit für den Erfolg der Viererseilschaft. Kasparek und Harrer hatten vor der Durchsteigung ebenso erkannt, dass Schnelligkeit Trumpf sein würde, um dem Steinschlag zu entgehen.

Sie täuschten sich nur in der Ausrüstung, sahen nicht in Gänze, dass sie es mit gewaltigen Eisfeldern und vereisten Felszonen zu tun bekommen würden. Brillante Eistechnik, die Fähigkeit, mit Steigeisen die heiklen, mit Schnee oder dünner Eisglasur überzogenen Felsabschnitte souverän zu überklettern und vor allem Schnelligkeit sind die Kernkompetenzen für Nordwandaspiranten. Damals wie heute.
Text: Uli Auffermann. Fotos: Archiv Heckmaier-Auffermann, Frank Kretschmann, Archiv Hainz
 
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