15. April, EBC
Gute Nachrichten vom berühmt-berüchtigten Khumbu-Eisfall: Er scheint in diesem Jahr sehr sicher zu sein!
Heute Nacht ist Temba, mein »Climbing Sherpa« (auch wenn er zur Volksgruppe der Bhote gehört, also ein in Nepal aufgewachsener Tibeter ist), um 2 Uhr losgegangen um Material (Zelte, usw.) im ersten Lager auf 6000 Meter, gleich am Anfang des Eisfalls und des »Western Cwms« (Kum gesprochen, das an der Lhotse-Flanke endende »Tal des Schweigens«) zu deponieren. Ich habe mitbekommen, wie er zusammen mit Höhenarbeitern der Expedition der »Benegas Brothers« aufgebrochen ist, denn ich war hellwach.
Die Nächte unseres Anmarsches waren sehr gut und ich habe mich morgens, trotz der steigenden Höhe, immer ausgeruht gefühlt. Seit der ersten Nächte am EBC jedoch – abgesehen von der 4. Nacht, bevor wir Richtung Island Peak losgezogen sind – sind die Nächte vom folgenden Muster geprägt: schlafen, nach circa 2 ½ Stunden aufwachen um zu urinieren, dann ein paar Stunden unangenehmes Wachsein, in denen ich in der Regel Musik höre, dann wieder schlafen. Ich erinnere mich daran, dass selbst Lhakpa Sherpa, mein Kletterpartner im letzten Jahr, häufig mit diesem Schlafmuster in großen Höhen konfrontiert ist.
Ich werde Folgendes versuchen, vielleicht hilft's ja: Abends mehr trinken, in der Hoffnung, dass die erhöhte Aufnahme von Flüssigkeit helfen wird, dieses Muster zu brechen, und mir »durchgehendere« Nächte ermöglicht. Ein Paradox, eigentlich, denn die vermehrte Aufnahme von Flüssigkeit am Abend wird mich mit Sicherheit mehr urinieren lassen, mich also häufiger wach machen...
Furcht oder Freude?
Zurück zum Khumbu-Eisfall. Er soll dieses Jahr so sicher sein wie noch nie in seiner 15-jährigen Erfahrung am Everest, sagt Temba. Natürlich gibt es auch 2018 heikle Passagen, aber wir sind nun einmal im großen Eisfall des »Big E«! Es sind viel weniger Leitern über Bergspalten zu überqueren als im letzten Jahr zum Beispiel. Am Island Peak hingegen staunte ich vor wenigen Tagen nicht schlecht, als wir mit Hilfe von fünf aneinander gebundenen Leitern über eine Spalte gehen mussten.
Ich blicke gerade auf den abstürzenden Gletscher, der sich vom »Tal des Schweigens« unterhalb von Lager 1 bis kurz vor dem Basislager hinunterbewegt; unser »Messzelt«, sowie auch die kleine Zelt-Toilette, sind tatsächlich nach Osten ausgerichtet, sodass der Ausblick einem entweder Appetit auf Klettern macht, oder eben eine »Schei...angst« einflößt :-) So kann ich jetzt ungefähr zwölf Bergsteiger, vermutlich alle Höhenarbeiter, im Eisfall auf etwa 5600 Metern ausmachen.
Erst in den nächsten Tagen werden wohl »Members« wie ich allmählich die Akklimatisierungsrotationen in Angriff nehmen und sich Richtung Lager 1 begeben. Ich freue mich, vermutlich am 19. April, da hinauf zu gehen. 2015 bin ich ein einziges Mal durch den Eisfall gegangen, bevor alle Expeditionen nach dem verheerenden Erdbeben annulliert wurden, und dann dreimal 2017. Die Eisformationen, die Farben, der legendäre Ort an sich, bezaubern und faszinieren mich. Angst habe ich dort ehrlich gesagt noch nie verspürt. Jugendlicher Leichtsinn? Wohl kaum, mit meinen 53 Jahren... Eher das volle Bewusstsein genau da zu sein, wo ich gerade sein will und den Moment zu genießen, auch, oder gerade wenn Gefahren lauern. Carpe diem!
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