BERGSTEIGER Beilage 07/15 - page 5

BERGSTEIGERextra
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Seit 1984 istderDAVanerkannterNaturschutzverband inBayern, seit2005
aufBundesebene.Wer jemals indenAlpenwar,weißaber,dassderVereinsich
sehrviel längermitdemSchutzderAlpenauseinandersetzt.
Interview:
ThomasEbert
Verhaltenhinweisen. Einneues Thema,
das es vor 30bis 40 Jahren sonochnicht
gab, ist der Nachhaltigkeitsbegriff. Wie
kannman sichbeimThemaAusrüstung
oder Anreise nachhaltig verhalten? Un-
ser Fokus liegt aber starkauf demNatur-
undLandschaftsschutz,wowirunsauch
immerwieder politisch engagieren.
Mussman dieBerge vor den
Menschen schützen?
Grundsätzlich freuen wir uns, wenn
Menschen in die Berge gehen. Das Land-
schafts- und Naturerlebnis in den Alpen
ist einzigartig. Und nur wenn die Men-
schen das erleben, können sie auch
einen Sinn für die Notwendigkeit von
Schutzmaßnahmenentwickeln. Ichden-
ke schon, dass demGroßteil bewusst ist,
dass sie sich in einer einzigartigenNatur
und Landschaft bewegen und dass es
Sinnmacht, sich zurückzunehmen und
bestimmte Regeln einzuhalten – etwa
die Schutz- und Schongebiete zu respek-
tieren oder sich mit Touren zur Nacht-
zeit oderDämmerung zurückzuhalten.
Ging es den Alpen schonmal besser?
Bevor der Mensch in die Alpen kam,
konnten sie sich sicherwesentlichunbe-
einflusster entwickeln. Die Alpen sind
aber eben nicht nur ein Naturraum,
sondern auch Lebensraum der Men-
schen, die inund von denBergen leben
müssen. Und in vielen Alpenregionen
haben sich deren Lebensbedingungen
inden letzten200 Jahren schon sehr
positiv entwickelt – auch was
Einnahmequellen aus dem
Tourismus angeht. Heute
muss man aber auf-
passen,dassmandie-
se Quellen nicht
übermäßig
ausbeutet.
Wie geht’s den Alpen?
Jörg Ruckriegel:
Im Großen und Gan-
zen stehen die Alpen schon noch sehr
gut da. Auf jeden Fall sind sie nachwie
vor eineuropaweit bedeutendes, inwei-
ten Teilen auch intaktes Ökosystem. Es
vereint viele Interessen auf engstem
Raum. Vom Tourismus über die Be-
wirtschaftung bis hin zu Sport und Er-
holung. Dazu kommen Entwicklungen
wiederKlimawandel, derdieAlpenwelt
einschneidend verändert. Es gibt sehr
viele Handlungsfelder, in denen man
aktivwerdenkannundmuss.
Besonders aktivwar der Alpenverein
in seinen frühen Jahren imPflanzen-
schutz.Was gehört zu einemmodernen
Naturschutz noch?
Die klassischen Hinweise sind nach
wie vor aktuell. Den Müll wieder mit
ins Tal nehmen, keine Pflanzen aus-
reißen, auf den Wegen bleiben – das
gilt heute genauso. Der Boom beim
Mountainbiken oder beim Ski-
tourengehen hat jedochmehr
Menschen in die Berge ge-
bracht. Daher müssen
wir noch stärker auf
Lenkungsmaß-
nahmen und
rücksichts-
volles
Was sehen sie als größten Erfolg der
letzten Jahrzehnte?
In Bayern ist das sicherlich der Alpen-
plan. Er schützt fast die Hälfte der Bay-
erischen Alpen vor intensiven Erschlie-
ßungsmaßnahmen. Seit den Anfängen
inden70er-Jahren ist erunverändert er-
halten geblieben und fester Bestandteil
der bayerischen Landesentwicklung.
Und die größteNiederlage?
Juristisch zählt wohl die verlorene Kla-
ge gegen den Ausbau der Beschneiung
im Skigebiet am Sudelfeld dazu. Alpen-
weit gesehen war die Erschließung des
Piz Val Gronda im Skigebiet von Ischgl,
nach Jahrzehnten des Kampfes, eine
schmerzhafteNiederlage.
Wie langewird es noch – Stichwort
Sudelfeld – dauern, bis eine unverbaute
Natur aus staatlicher Sicht für das
Allgemeinwohl wertvoller ist, als ein
mit Speicherseen verbautes Skigebiet?
Wir haben im letzten Jahr mit der Kla-
ge eine gewisse Diskussion angestoßen.
Das Umdenken hat begonnen, gera-
de bei den Gästen im Alpenraum, die
mehr Wert auf unverbaute Landschaft
legen. Einförmige, immer gleich ausse-
hende Liftanlagen gibt es inzwischen
genug. Vielleicht dauert es noch, bis
das in allen Regionen ankommt. Aber
in absehbarer Zeit werden unverbaute
Landschaft und intakteNatur zuwichti-
genRessourcen– gerade, wenn in den
tieferen Lagender Schnee ausbleibt.
JörgRuckriegel
(44) istseit2007
LeiterdesDAV-
RessortsUmwelt-
undNaturschutz.
Wiegeht’sdenAlpen?
Fotos: Hans Herbig (2), Steffen Reich
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