Zweitagestour auf Tirols höchsten Berg
Wochenendtouren - auf die Wildspitze
© Michael Pröttel
Eine Wochenendtour auf Tirols höchsten Berg, die Wildspitze
Eine Wochenendtour auf Tirols höchsten Berg, die Wildspitze
Klar kann man die Wildspitze auch an einem Tag runter reißen! Rein ins Auto, raus aus dem Auto, rein in den »Pitzeexpress« und rauf aufs Mittelbergjoch… wo dann auch die armen Menschen dazu stoßen, die in aller Herrgottsfrüh an der Braunschweiger Hütte aufgebrochen sind. So oder ähnlich lautet die Tourenplanung all derjenigen, die in der Wildspitze vor allem den zweithöchsten Berg Österreichs sehen, und den es unbedingt einmal im Bergsteigerleben zu besteigen gilt! Ich hingegen betrachte den höchsten Berg der Ötztaler Alpen eher als vergletschertes Gesamtkunstwerk, das man unbedingt mit Muße und somit am besten in einer zweieinhalbtägigen Rundtour erleben sollte.
Wir kommen um eine Ecke – dann liegt er plötzlich vor uns, der imposante Mittelbergferner mit dem direkt über ihm aufragenden Linken Fernerkogel. Um diesen bislang unerschlossenen 3000er für Bergsteiger und Skitourengeher zu erhalten, sind wir übrigens hier unterwegs. Wir, das sind 15 heillos idealistische Alpinisten, die auf der Braunschweiger Hütte eine Unterschriftenaktion gegen die Liftpläne starten und auf der Wildspitze eine Gipfeldemo zum Erhalt der Ötztaler Gletscherwelt durchführen wollen. Angesichts der auf den ersten Blick so heilen Bergwelt sind wir skeptisch, ob unsere Aktion bei den Bergsteigern Gehör finden wird. Doch auf der Hütte gehen die an den Mittelberger Bürgermeister gerichteten Protestpostkarten weg wie die sprichwörtlichen warmen Semmeln. Hochzufrieden gehen wir früh ins Bett, denn wir haben einen langen Tag vor uns.
Dann der Moment, auf den wir uns seit fünf Uhr am meisten freuen. Am Mittelbergjoch wärmen die ersten Sonnenstrahlen unsere unterkühlten Riechorgane und modellieren die wunderschönen, zum Firngipfel der Wildspitze heraufziehenden Gletscherstrukturen plastisch heraus. Der direkte, nordseitige Anstieg auf die Wildspitze ist eine Gletschertour, von der man nur träumen kann – wir aber heute leider die Finger lassen müssen. Die umfangreichen Neuschneefälle der vorherigen Woche zwingen uns zu einer weiten Schleife, die sich nördlich des Brochkogels dem Gipfel von Westen her nähert. Schließlich soll unser Mountain Wilderness Transparent nicht von einer Lawine begraben werden.
Wie ein Spinnaker bläht sich dieses nach fünfstündigem Anstieg am 3770 Meter hohen Hauptgipfel auf und setzt allen nachkommenden Bergsteigern ein weithin sichtbares Zeichen, dass die unbeschreiblich schöne Gletscherwelt vor weiteren Erschließungen verschont werden muss. Denn die Eisströme haben ohnehin schon genug unter der Klimaerwärmung zu leiden, wie sich beim Abstieg zum Taschachhaus zeigt. Ein Gletschersumpf wie aus dem Bilderbuch beschert uns im Mittelteil des Taschachferners nasse Füße, die wir uns aber kurze Zeit später auf dem warmen Geröll der Seitenmoräne wieder trocknen können.
Zur Belohnung folgt der vielleicht landschaftlich schönste Abstieg der Ötztaler Alpen: Immer die wild zerrissenen Eisflanken von Petersenspitze und Taschachjoch im Blick leitet uns die Moräne parallel zum Taschachferner hinab und ein letztes Mal auf diesen hinauf. Auch wenn wir die Steigeisen wieder anlegen müssen, die Querung des harten Blankeises ist uns allemal lieber als der vorhergegangene Schneematsch. Die Zacken knirschen ein letztes Mal im Eis, dann ist die gegenüberliegende Moräne erreicht. Ich schaue auf die Uhr: Das waren insgesamt sieben Stunden allein Gletscherkontakt. Wenn man sich da keine Erfrischung am Taschachhaus verdient hat!
Nach einer ausgiebigen Nacht und einem ebensolchen Frühstück steigen wir am späten Vormittag auf der gegenüberliegenden Hangseite bergan und genießen ein letztes Mal den wirklich grandiosen Ausblick auf die Wildspitze und die von ihr herabkommenden Eisströme. Lässig schlendern wir nun immer in derselben Höhenlage und weiterhin aussichtsreich in Richtung Norden und freuen uns über eine leichte Klettersteigeinlage sowie am Wegesrand schimmernde Bergtümpel. Bereits um zwei haben wir den vorgestrigen Ausgangspunkt wieder erreicht. Was gerade an schönen Sonntagen durchaus von Vorteil ist: Man entgeht auf der Rückfahrt spätnachmittäglichen Staus und kann so am Montag voll und ganz erholt… vom letzten Bergwochenende träumen!
Dem »Notweg« entrinnen
Schon der Start in Mittelberg ist ein Auftakt, wie wir ihn uns idealer nicht vorstellen können. Sanft ansteigend geht es entlang der sprudelnden Pitze einem großartigen Wasserfall entgegen, der über die gleißenden Felsplatten des Talendes herunter schießt. Allzu nahe werden wir uns der kalten Kaskade allerdings nicht nähern. Dabei sind wir alles andere als wasserscheu. Der Grund liegt ganz woanders. Im Herbst 2006 wurde rechts und oberhalb des Wasserfalls ein sogenannter »Notweg« in den Fels gesprengt, der als Skiabfahrt für den Fall dienen soll, dass die Tunnelbahn des »Pitzeexpress« ihren Geist aufgibt. Um dieser teilweise mehr als 20 Meter breiten und auch noch illegal errichteten Autobahn zu entgehen, steigen wir gleich hinter der Materialseilbahn auf dem neu angelegten Hüttenzustieg steil bergan. 500 Höhenmeter und einige Schweißtropfen später entschädigt uns ein herrlicher Aussichtsplatz für das entgangene Naturschauspiel.Wir kommen um eine Ecke – dann liegt er plötzlich vor uns, der imposante Mittelbergferner mit dem direkt über ihm aufragenden Linken Fernerkogel. Um diesen bislang unerschlossenen 3000er für Bergsteiger und Skitourengeher zu erhalten, sind wir übrigens hier unterwegs. Wir, das sind 15 heillos idealistische Alpinisten, die auf der Braunschweiger Hütte eine Unterschriftenaktion gegen die Liftpläne starten und auf der Wildspitze eine Gipfeldemo zum Erhalt der Ötztaler Gletscherwelt durchführen wollen. Angesichts der auf den ersten Blick so heilen Bergwelt sind wir skeptisch, ob unsere Aktion bei den Bergsteigern Gehör finden wird. Doch auf der Hütte gehen die an den Mittelberger Bürgermeister gerichteten Protestpostkarten weg wie die sprichwörtlichen warmen Semmeln. Hochzufrieden gehen wir früh ins Bett, denn wir haben einen langen Tag vor uns.
Sieben Stunden Gletschereis
Sind Steigeisen und Klettergurt im Rucksack griffbereit? Reicht die Batterie der Stirnlampe, um den spärlich markierten Steig zu finden? Wurde nichts im Lager vergessen? Ein Aufbruch in der Dunkelheit hat immer einen ganz besonderen Reiz. Mit jedem Meter, den wir uns dem Mittelbergferner nähern, weicht unsere Anspannung und die Nacht der aufkommenden Dämmerung. Kalter Fallwind weht uns um die Nasen, als wir auf dem Blankeis die Steigeisen anlegen und voller Konzentration einen Gletscherbach nach dem anderen überspringen.Dann der Moment, auf den wir uns seit fünf Uhr am meisten freuen. Am Mittelbergjoch wärmen die ersten Sonnenstrahlen unsere unterkühlten Riechorgane und modellieren die wunderschönen, zum Firngipfel der Wildspitze heraufziehenden Gletscherstrukturen plastisch heraus. Der direkte, nordseitige Anstieg auf die Wildspitze ist eine Gletschertour, von der man nur träumen kann – wir aber heute leider die Finger lassen müssen. Die umfangreichen Neuschneefälle der vorherigen Woche zwingen uns zu einer weiten Schleife, die sich nördlich des Brochkogels dem Gipfel von Westen her nähert. Schließlich soll unser Mountain Wilderness Transparent nicht von einer Lawine begraben werden.
Wie ein Spinnaker bläht sich dieses nach fünfstündigem Anstieg am 3770 Meter hohen Hauptgipfel auf und setzt allen nachkommenden Bergsteigern ein weithin sichtbares Zeichen, dass die unbeschreiblich schöne Gletscherwelt vor weiteren Erschließungen verschont werden muss. Denn die Eisströme haben ohnehin schon genug unter der Klimaerwärmung zu leiden, wie sich beim Abstieg zum Taschachhaus zeigt. Ein Gletschersumpf wie aus dem Bilderbuch beschert uns im Mittelteil des Taschachferners nasse Füße, die wir uns aber kurze Zeit später auf dem warmen Geröll der Seitenmoräne wieder trocknen können.
Zur Belohnung folgt der vielleicht landschaftlich schönste Abstieg der Ötztaler Alpen: Immer die wild zerrissenen Eisflanken von Petersenspitze und Taschachjoch im Blick leitet uns die Moräne parallel zum Taschachferner hinab und ein letztes Mal auf diesen hinauf. Auch wenn wir die Steigeisen wieder anlegen müssen, die Querung des harten Blankeises ist uns allemal lieber als der vorhergegangene Schneematsch. Die Zacken knirschen ein letztes Mal im Eis, dann ist die gegenüberliegende Moräne erreicht. Ich schaue auf die Uhr: Das waren insgesamt sieben Stunden allein Gletscherkontakt. Wenn man sich da keine Erfrischung am Taschachhaus verdient hat!
Gemütlicher Ausklang der Tour auf die Wildspitze
Nach einem Radler lege ich ein Nickerchen auf den sonnenbeschienenen Bergwiesen der Alpenvereinshütte ein und möchte keinesfalls mit denjenigen »Wildspitzbezwingern« tauschen, die sich nach dem Hüttenstopp widerwillig ihre Bergschuhe schnüren. Auf ihre von Blasen gequälten Füße wartet der bereits schattige, vor allem aber endlos lange Hatscher durchs Taschachtal zurück nach Mittelberg. Auf uns hingegen die bekanntermaßen exzellente Gastronomie des Taschachhauses und morgen der viel gelobte Fuldaer Höhenweg. Tatsächlich erweist sich der Panoramasteig als perfekter Tourenabschluss.Nach einer ausgiebigen Nacht und einem ebensolchen Frühstück steigen wir am späten Vormittag auf der gegenüberliegenden Hangseite bergan und genießen ein letztes Mal den wirklich grandiosen Ausblick auf die Wildspitze und die von ihr herabkommenden Eisströme. Lässig schlendern wir nun immer in derselben Höhenlage und weiterhin aussichtsreich in Richtung Norden und freuen uns über eine leichte Klettersteigeinlage sowie am Wegesrand schimmernde Bergtümpel. Bereits um zwei haben wir den vorgestrigen Ausgangspunkt wieder erreicht. Was gerade an schönen Sonntagen durchaus von Vorteil ist: Man entgeht auf der Rückfahrt spätnachmittäglichen Staus und kann so am Montag voll und ganz erholt… vom letzten Bergwochenende träumen!
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Ötztaler Höhenflug (Fotos: Michael Pröttel)
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