Wandern während dem G7-Treffen in Elmau
Das war der Gipfel!
© Hans Herbig
Dieser Sicherheitszaun an der Oberreintalhütte ist nur 1,5 Meter lang. Hüttenwirt Hans reicht das voll und ganz.
Dieser Sicherheitszaun an der Oberreintalhütte ist nur 1,5 Meter lang. Hüttenwirt Hans reicht das voll und ganz.
5:00 Uhr morgens: Wir treffen uns am Parkplatz der Autobahnausfahrt Seeshaupt. 62 Straßenkilometer sind es von dort zum Schloss Elmau. Wir kommen aber nur 200 Meter weit, dann stoppt uns schon ein Polizeimotorrad am Beginn des Beschleunigungsstreifens. Ein gewaltiger Blaulicht-Tsunami donnert an uns vorüber, immer wieder schwimmen auch dunkle Limousinen vorbei. Keine 50 Minuten später parken wir unser Auto in Farchant und steigen auf unsere Fahrräder um. Völlig unerwartet durften wir nämlich mitten in den Tsunami hineinfahren, wo wir uns schön eingereiht haben zwischen all den Blaulichtern und zügig Richtung Berge gerollt sind. Tatsächlich waren außer uns praktisch keine zivilen Autos unterwegs.
»Ihr seid heute die ersten Kunden ohne Uniform«, sagt die Tankwartin, die uns Brezen verkauft. Kauend radeln wir durch ein verlassenes Partenkirchen weiter Richtung Partnach-klamm. Einmal sehen wir einen Mann im Rollstuhl, der am Straßenrand sitzt und Mannschaftsbusse zählt. Eine Frau ist mit ihrem Hund unterwegs und versucht ungeduldig, die Hauptstraße zu überqueren. Auch sie zählt Busse. In den Seitenstraßen ist gar nichts los. Ein einziges Auto parkt dort, ein Mann sitzt drin. Bei näherem Hinsehen: Ein Polizist, der irgendetwas beobachten soll. Uns zum Beispiel.
7.30 Uhr: Wir stehen am Beginn des Kälbersteiges. Die Morgensonne taucht den Wald in warmes Licht, aber es ist irgendwie unheimlich. Ist es die Vorstellung, dass nur dreieinhalb Kilometer entfernt ein Sicherheitszaun steht, der von tausenden Polizisten bewacht wird? Oder die Vorstellung, dass hier in den Wäldern supergeheime Sondereinsatzkommandos patroullieren? In diese Gedanken hinein bohrt sich der anschwellende Lärm einer ziemlich beeindruckenden Hubschrauberflotte. Sie fliegt direkt über unsere Köpfe hinweg Richtung Schloss Elmau. Später wird man uns erzählen, dass das Barack Obama gewesen sein muss.
Bis zum Schachenhaus, immerhin mehrere Stunden Fußmarsch, begegnen uns genau sieben Leute. Kurz vor dem Schachenhaus reden wir mit zwei Polizisten, die daherkommen wie Speedhiker. Ihre Hauptaufgabe bestehe darin, Gleitschirmflüge zu verhindern, sagen sie. Der Hüttenwirt vom Schachenhaus meint dazu, er habe in all den Jahren seiner Wirtstätigkeit noch keinen Gleitschirmflieger in der Gegend starten sehen. Aber gut, einen G7-Gipfel hat es in all den Jahren auch nicht gegeben. Genauso wenig gegeben hat es in den letzten Jahren einen richtigen Grenzübergang an der Meilerhütte. Samt Scheinwerferanlage, Satellitenschüssel und Computernetzwerk. Auf 2366 Metern Höhe. 15 sorgfältig ausgewählte Polizisten sind dafür verantwortlich, Gipfel-Störenfriede aus Österreich zu identifizieren und abzuweisen. Tatsächlich probiert hat es – Stand Sonntag – keiner. Was wahrlich kein Wunder ist bei dem vielen Schnee und vier Stunden Aufstieg.
15:30 Uhr: Zweieinhalb Stunden später und 850 Höhenmeter tiefer unterhalten wir uns mit Hans Bader, dem Hüttenwirt der Oberreintalhütte. Unter normalen Umständen hätte er in den vergangenen vier Tagen viele kletternde Gäste gehabt – immerhin verlängertes Wochenende und bestes Wetter. Aber so? »Nur Einheimische und ein paar von weiter her. Die Münchner Kletterer sind komplett weggeblieben.« Schulterzuckend greift er nach seinem Schwarzen Krauser und dreht sich eine Zigarette. Auf das Wegbleiben von Bergsportlern hatte auch ein Wanderer vom Niederrhein spekuliert, der uns beim Abstieg ins Reintal entgegenkommt. Er sei die letzten drei Tage von Hütte zu Hütte im gesamten Wetterstein unterwegs gewesen.
»Es war herrlich«, sagt er. »Sonnenschein und kaum was los. Und die wenigen Leute, die ich getroffen habe, waren alle irgendwie besonders.« Die Bestätigung für diese Behauptung kommt uns eine Stunde später in Form einer Sechsergruppe entgegen, angeführt von einem buddhistischen Mönch, der in Laufschritt verfällt, als wir ihn ansprechen. Die anderen erklären uns, dass er ein Schweigegelübde abgelegt habe. Wo sie hinwollen, fragen wir. Zum Schachenhaus, sagen sie. Musizieren, und damit einen spirituellen Kontrapunkt zum Elmau-Gipfel setzen.
18:00 Uhr: Kontrapunkt ja, spirituell nein: Nochmal eine halbe Stunde später sehen wir auf einer Kiesbank am oberen Ende der Partnachklamm drei dunkel gekleidete junge Männer. »Hey ihr Steinewerfer«, ruft Hans ihnen zu, »noch Energie vom Demonstrieren übrig?« Sie drehen sich zu uns um, kommen näher und drücken uns jeweils einen Kiesel in die Hand. »Auch mal werfen?« sagt einer und lacht. Mein Kiesel landet im Wasser, Hans schafft es bis ans gegenüberliegende Ufer. Als wir ihnen sagen, dass wir Journalisten sind, sind sie ein bisschen enttäuscht. »Wir dachten, ihr wärt Polizisten.«
»Ihr seid heute die ersten Kunden ohne Uniform«, sagt die Tankwartin, die uns Brezen verkauft. Kauend radeln wir durch ein verlassenes Partenkirchen weiter Richtung Partnach-klamm. Einmal sehen wir einen Mann im Rollstuhl, der am Straßenrand sitzt und Mannschaftsbusse zählt. Eine Frau ist mit ihrem Hund unterwegs und versucht ungeduldig, die Hauptstraße zu überqueren. Auch sie zählt Busse. In den Seitenstraßen ist gar nichts los. Ein einziges Auto parkt dort, ein Mann sitzt drin. Bei näherem Hinsehen: Ein Polizist, der irgendetwas beobachten soll. Uns zum Beispiel.
7.30 Uhr: Wir stehen am Beginn des Kälbersteiges. Die Morgensonne taucht den Wald in warmes Licht, aber es ist irgendwie unheimlich. Ist es die Vorstellung, dass nur dreieinhalb Kilometer entfernt ein Sicherheitszaun steht, der von tausenden Polizisten bewacht wird? Oder die Vorstellung, dass hier in den Wäldern supergeheime Sondereinsatzkommandos patroullieren? In diese Gedanken hinein bohrt sich der anschwellende Lärm einer ziemlich beeindruckenden Hubschrauberflotte. Sie fliegt direkt über unsere Köpfe hinweg Richtung Schloss Elmau. Später wird man uns erzählen, dass das Barack Obama gewesen sein muss.
Bis zum Schachenhaus, immerhin mehrere Stunden Fußmarsch, begegnen uns genau sieben Leute. Kurz vor dem Schachenhaus reden wir mit zwei Polizisten, die daherkommen wie Speedhiker. Ihre Hauptaufgabe bestehe darin, Gleitschirmflüge zu verhindern, sagen sie. Der Hüttenwirt vom Schachenhaus meint dazu, er habe in all den Jahren seiner Wirtstätigkeit noch keinen Gleitschirmflieger in der Gegend starten sehen. Aber gut, einen G7-Gipfel hat es in all den Jahren auch nicht gegeben. Genauso wenig gegeben hat es in den letzten Jahren einen richtigen Grenzübergang an der Meilerhütte. Samt Scheinwerferanlage, Satellitenschüssel und Computernetzwerk. Auf 2366 Metern Höhe. 15 sorgfältig ausgewählte Polizisten sind dafür verantwortlich, Gipfel-Störenfriede aus Österreich zu identifizieren und abzuweisen. Tatsächlich probiert hat es – Stand Sonntag – keiner. Was wahrlich kein Wunder ist bei dem vielen Schnee und vier Stunden Aufstieg.
15:30 Uhr: Zweieinhalb Stunden später und 850 Höhenmeter tiefer unterhalten wir uns mit Hans Bader, dem Hüttenwirt der Oberreintalhütte. Unter normalen Umständen hätte er in den vergangenen vier Tagen viele kletternde Gäste gehabt – immerhin verlängertes Wochenende und bestes Wetter. Aber so? »Nur Einheimische und ein paar von weiter her. Die Münchner Kletterer sind komplett weggeblieben.« Schulterzuckend greift er nach seinem Schwarzen Krauser und dreht sich eine Zigarette. Auf das Wegbleiben von Bergsportlern hatte auch ein Wanderer vom Niederrhein spekuliert, der uns beim Abstieg ins Reintal entgegenkommt. Er sei die letzten drei Tage von Hütte zu Hütte im gesamten Wetterstein unterwegs gewesen.
»Es war herrlich«, sagt er. »Sonnenschein und kaum was los. Und die wenigen Leute, die ich getroffen habe, waren alle irgendwie besonders.« Die Bestätigung für diese Behauptung kommt uns eine Stunde später in Form einer Sechsergruppe entgegen, angeführt von einem buddhistischen Mönch, der in Laufschritt verfällt, als wir ihn ansprechen. Die anderen erklären uns, dass er ein Schweigegelübde abgelegt habe. Wo sie hinwollen, fragen wir. Zum Schachenhaus, sagen sie. Musizieren, und damit einen spirituellen Kontrapunkt zum Elmau-Gipfel setzen.
18:00 Uhr: Kontrapunkt ja, spirituell nein: Nochmal eine halbe Stunde später sehen wir auf einer Kiesbank am oberen Ende der Partnachklamm drei dunkel gekleidete junge Männer. »Hey ihr Steinewerfer«, ruft Hans ihnen zu, »noch Energie vom Demonstrieren übrig?« Sie drehen sich zu uns um, kommen näher und drücken uns jeweils einen Kiesel in die Hand. »Auch mal werfen?« sagt einer und lacht. Mein Kiesel landet im Wasser, Hans schafft es bis ans gegenüberliegende Ufer. Als wir ihnen sagen, dass wir Journalisten sind, sind sie ein bisschen enttäuscht. »Wir dachten, ihr wärt Polizisten.«
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Fotos:
Hans Herbig
Artikel aus Bergsteiger Ausgabe 08/2015. Jetzt abonnieren!
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