Berghütten und ihre Namensgeber
Die Paten III: Hütten in den Südalpen
© BERGSTEIGER
Die Stüdlhütte am Fuße des Stüdlgrats (Großglockner) wurde nach dem Alpinismuspionier Johann Stüdl benannt.
Die Stüdlhütte am Fuße des Stüdlgrats (Großglockner) wurde nach dem Alpinismuspionier Johann Stüdl benannt.
Das Rustico heißt »Villa Elsa«, es gehörte der gleichnamigen Tante und steht im Tessin. Ein Ferienhaus, wie es zig Tausende gibt in den Schweizer Bergen, und fast alle haben ihren Namen: Edelweiß, Alpenrösli, Bergfrieden, Bergblick usw. Die meisten beschwören Urlaubsglück oder die Bergnatur, halt das Leben jenseits des Alltags. Häufig findet sich auch der Hausbesitzer darin wieder. Bei Berghütten sowieso. Die meisten Häuser des DAV sind nach ihren Sektionen, also den Eigentümern, benannt. Andere nach der Örtlichkeit, wie etwa die Büllelejochhütte in den Sextener Dolomiten oder das Rifugio Altissimo am gleichnamigen Gipfel über dem Gardasee.
Und dann gibt es noch jene Unterkünfte, die ihren Namen von bekannten Persönlichkeiten haben: die Stüdlhütte am Großglockner etwa, der Dom Valentina Staniča, die Comptonhütte oder das Refuge Albert I. Der belgische König war bei der Eröffnung des Hauses sogar persönlich anwesend und galt als derart guter Kletterer, dass sogar Tita Piaz Anerkennung zollte. Manche Namenwahl erwies sich im Nachhinein als ziemlich unglücklich; man denke nur an das Rifugio Mussolini in den Sextener Dolomiten, das nach dem Ende des faschistischen Spuks in Italien flugs umbenannt wurde (heute Zsigmondy-Comici). Deutlich länger brauchte die Sektion Austria des ÖAV, um die braunen Flecken auf ihrer (Hütten-)Weste zu erkennen, noch länger, bis die Adolf-Pichl-Hütte – benannt nach einem üblen Wiener Antisemiten der ersten Stunde – endlich einen neuen Namen bekam.
Seit 2002 steht die Wolayer Hütte am Nordfuß der Hohen Warte. Es gibt auch recht kuriose Namen. Im Ahrntaler Skigebiet steht die Speck- und Schnapsalm: ein Name als Programm? Und dass es im Ortlermassiv eine Zufallhütte gibt, ist kein Zufall, sondern leitet sich von dem nahen Wasserfall (Zu Fall) der Plima ab. Wie allerdings jene »Panoramahütte«, die neben einer monströsen Seilbahnstation steht und auf einen von der Erosion zerfurchten Hang schaut, zu ihrem Namen kam, wird sich kaum einem Gast erschließen. Als »Hütten« bezeichnen sich neuerdings auch gerne jene Wellness-Oasen, wo man wahlweise im Federbett oder im Heu schlafen kann:
Natur pur mit Komfort. Den hat das »Albergo« Bernardina hoch in der Schiara nicht zu bieten, dafür aber eine Fünf-Sterne-Kulisse. Nach wem das Zwei-mal-zwei-Meter große Biwak benannt ist? Keine Ahnung.
Dass gerade er (viel zu früh) in den Bergen verunglückte, nach einem Seilriss in der Südwand der Meije, nennt sich wohl Ironie des Schicksals. Ein ähnliches Schicksal traf Emilio Comici (1901-1940), einen Kletterpionier des VI. Grades und Erstbezwinger der Große-Zinne-Nordwand. Er stürzte (Riss einer Reepschnur) in den Felsen oberhalb von Wolkenstein zu Tode.
1930 baute er den ersten Schlepplift im Hochabtei und ging wiederholt mit Gottfried Merzbacher auf große Expedition in Tienschan in Zentralasien (Merzbacher wiederum war Erstbesteiger der Cima dell’Uomo und der Schiara in den Dolomiten). Nur mit der Hütte ging es nicht weiter; der Rohbau verfiel nach und nach. Erst 1988 sollte die Bergsteigergemeinde hier ein Refugium bekommen; der CAI Bozen errichtete über den alten Grundmauern eine gemütliche Hütte, die nach dem Tourismuspionier benannt wurde. Finanziert wurde der Bau teilweise durch die Söhne Franz Kostners.
Er war ein archaischer Querkopf, auch künstlerisch nur schwer einzuordnen, hatte weder Lehrer noch Schüler, aber zuletzt doch Erfolg – im Engadin. Segantini wurde zum Maler der Engadiner Berge, genauer: ihres Lichts. Seine Gemälde waren stets Kompositionen, keine Abbilder der Natur. Er arbeitete mit Komplementärfarben, die er unvermischt nebeneinander auftrug – sein ganz unverwechselbarer, einzigartiger Stil: »Unter dem Pinsel sollen die Farben des Spektrums in funkelnder Vielfalt dahingleiten und die Gegenstände, Figuren und Linien zum Leben erwecken, die Farbtöne sollen kräftig, aber rein sein, damit das Licht lebendig und tief wirke.« Sein bekanntestes Werk, das für die Weltausstellung 1900 in Paris geplante Alpentriptychon, blieb unvollendet.
Der Spross eines Grafengeschlechts aus Vigevan war ein absoluter Sport-Freak. Als Tennisspieler nahm er an den Olympischen Spielen teil. Er gewann zehnmal die italienische Meisterschaft im Eiskunstlaufen, gründete den Eishockeyverband des Landes, war eine Zeitlang Besitzer des Hockey Clubs Milano und engagierte sich für den Motorsport und den Alpinskilauf. 1932 erwarb er die Gazzetta dello Sport, das rosafarbene Leibblatt aller sportbegeisterten Italiener. Albertos Bruder Aldo übte nicht weniger als dreizehn Sportarten aus, tat sich aber vor allem als Bergsteiger hervor. So kletterte er mit Paul Preuß, Hans Steger und Ettore Castiglioni; er war Pionier des Skialpinismus und verfasste mehrere Kletterführer, darunter ein Standardwerk über die Bergeller Berge (Masino – Bregaglia – Disgrazia, CAI 1936).
Und dann gibt es noch jene Unterkünfte, die ihren Namen von bekannten Persönlichkeiten haben: die Stüdlhütte am Großglockner etwa, der Dom Valentina Staniča, die Comptonhütte oder das Refuge Albert I. Der belgische König war bei der Eröffnung des Hauses sogar persönlich anwesend und galt als derart guter Kletterer, dass sogar Tita Piaz Anerkennung zollte. Manche Namenwahl erwies sich im Nachhinein als ziemlich unglücklich; man denke nur an das Rifugio Mussolini in den Sextener Dolomiten, das nach dem Ende des faschistischen Spuks in Italien flugs umbenannt wurde (heute Zsigmondy-Comici). Deutlich länger brauchte die Sektion Austria des ÖAV, um die braunen Flecken auf ihrer (Hütten-)Weste zu erkennen, noch länger, bis die Adolf-Pichl-Hütte – benannt nach einem üblen Wiener Antisemiten der ersten Stunde – endlich einen neuen Namen bekam.
Seit 2002 steht die Wolayer Hütte am Nordfuß der Hohen Warte. Es gibt auch recht kuriose Namen. Im Ahrntaler Skigebiet steht die Speck- und Schnapsalm: ein Name als Programm? Und dass es im Ortlermassiv eine Zufallhütte gibt, ist kein Zufall, sondern leitet sich von dem nahen Wasserfall (Zu Fall) der Plima ab. Wie allerdings jene »Panoramahütte«, die neben einer monströsen Seilbahnstation steht und auf einen von der Erosion zerfurchten Hang schaut, zu ihrem Namen kam, wird sich kaum einem Gast erschließen. Als »Hütten« bezeichnen sich neuerdings auch gerne jene Wellness-Oasen, wo man wahlweise im Federbett oder im Heu schlafen kann:
Natur pur mit Komfort. Den hat das »Albergo« Bernardina hoch in der Schiara nicht zu bieten, dafür aber eine Fünf-Sterne-Kulisse. Nach wem das Zwei-mal-zwei-Meter große Biwak benannt ist? Keine Ahnung.
Frischaufhütte (1396 m), Steiner Alpen
Sofern es ein alpines Ende der Welt gibt, dann liegt es – zumindest für Bayern oder Schweizer – ganz im Südosten des größten europäischen Gebirges. Zuhinterst im Logarska dolina, dem Tal der Haine, steht die Frischaufhütte, slowenisch Frischaufovdom. Benannt ist das 1908 erbaute Haus nach einem Grazer, was an dem Umstand liegt, dass Slowenien einst Teil der k. u. k. Monarchie war. Dr. Johannes Frischauf (1838-1924) gilt als eigentlicher Erschließer der Steiner Alpen (Kamniške Alpe), über die er auch einen ersten Führer verfasste (1877). Frischauf, der in verschiedenen Alpinzeitschriften publizierte (und sich dabei wiederholt mit der Technik des Panoramazeichnens auseinandersetzte), pfl egte – was damals keineswegs üblich war – beste Beziehungen zur slowenischen Nachbarschaft. Er versuchte sogar, vor Ort ein Bergführerwesen zu organisieren.Zsigmondy-Comici-Hütte (2224 m), Sextener Dolomiten
Viele kennen das Haus in den Sextener Dolomiten als Zsigmondyhütte. Offi ziell heißt es Zsigmondy- Comici. Ein Vorgängerbau, bereits 1886 vom Österreichischen Alpenklub errichtet, wurde im Ersten Weltkrieg zerstört. Die Sektion Padua des CAI baute das Haus 1926 wieder auf und benannte es – dem braunen Zeitgeist folgend – nach Benito Mussolini. Im Zweiten Weltkrieg wurde die Hütte dann geplündert und stark beschädigt, nach Kriegsende aber umgehend wieder aufgebaut. Der Wiener Emil Zsigmondy (1861-1885) gehört zu den großen Pionieren des führerlosen Bergsteigens; er schrieb mit zwanzig Jahren ein Standardwerk seiner Zeit: »Gefahren in den Alpen«.Dass gerade er (viel zu früh) in den Bergen verunglückte, nach einem Seilriss in der Südwand der Meije, nennt sich wohl Ironie des Schicksals. Ein ähnliches Schicksal traf Emilio Comici (1901-1940), einen Kletterpionier des VI. Grades und Erstbezwinger der Große-Zinne-Nordwand. Er stürzte (Riss einer Reepschnur) in den Felsen oberhalb von Wolkenstein zu Tode.
Franz-Kostner-Hütte (2536 m), Dolomiten
Franz Kostner (1877-1968) war ein Tourismuspionier der ersten Stunde und ein echter Selfmademan. So arbeitete er im Sommer als Bergführer, war Hotelier (er erwarb das Hotel Posta Zirm in Corvara, heute erstes Haus am Ort), besaß ein Fuhrunternehmen und war lange Zeit Bürgermeister von Corvara. Als Obmann des Tourismusvereins setzte er sich für den Bau einer Schutzhütte auf der Ostseite des Sellamassivs ein. Der Ausbruch des Ersten Weltkriegs verhinderte die Fertigstellung; Kostner stand mit seinem aus vier Kompanien bestehenden Standschützenbataillon Enneberg an der Dolomitenfront.1930 baute er den ersten Schlepplift im Hochabtei und ging wiederholt mit Gottfried Merzbacher auf große Expedition in Tienschan in Zentralasien (Merzbacher wiederum war Erstbesteiger der Cima dell’Uomo und der Schiara in den Dolomiten). Nur mit der Hütte ging es nicht weiter; der Rohbau verfiel nach und nach. Erst 1988 sollte die Bergsteigergemeinde hier ein Refugium bekommen; der CAI Bozen errichtete über den alten Grundmauern eine gemütliche Hütte, die nach dem Tourismuspionier benannt wurde. Finanziert wurde der Bau teilweise durch die Söhne Franz Kostners.
Payerhütte (3029 m), Ortlergruppe
Sie ist in doppelter Hinsicht die Ortlerhütte schlechthin: Zum einen steht sie am Normalweg zum »Dach« der Gebirgsgruppe, zum andern erinnert ihr Name an den bedeutendsten Erschließer dieser Berge: Julius Payer (1841-1915) aus dem tschechischen Teplitz. Er war Kartograf, Expeditionsreisender und Alpinist; als Offizier der k. u. k. Monarchie bestieg er allein in der Ortlergruppe – meistens zusammen mit seinem Führer Johann Pinggera – über 50 Gipfel, 22 davon waren Erstbesteigungen. Pinggera entdeckte auch den heute üblichen Normalanstieg von Norden, und er führte Payer als erster auf diesem Weg zum Gipfel (1865). Auch außerhalb Europas war Julius Payer aktiv; 1874 erforschte er das von ihm entdeckte (und nach seinem Kaiser benannte) Franz-Josephs-Land am Nordpolarmeer. Für seine Verdienste wurde er 1976 in den erblichen Adelsstand erhoben.Rifugio Segantini (2371 m), Adamellogruppe
Nach Giovanni Segantini wurden gleich zwei Hütten benannt. Die eine steht in Graubünden, wo er lebte, wirkte und 1899 erst 41-jährig seine letzten Worte sprach: »Ich möchte meine Berge sehen.« Die zweite steht nicht weit von seinem Geburtstorte Arco entfernt im Adamello-Presanella-Massiv. Segantini führte ein unstetes Leben, das ihn immer wieder ins Abseits brachte. Er besaß lebens keinen Pass, er folgte auch nicht der Einberufung in die k. u. k. Armee, galt deshalb bald als staatenlos. Zudem hatte er zwar eine Familie, aber keinen Trauschein. Das machte ihn bei Behörden und Bürokraten in höchstem Maß suspekt.Er war ein archaischer Querkopf, auch künstlerisch nur schwer einzuordnen, hatte weder Lehrer noch Schüler, aber zuletzt doch Erfolg – im Engadin. Segantini wurde zum Maler der Engadiner Berge, genauer: ihres Lichts. Seine Gemälde waren stets Kompositionen, keine Abbilder der Natur. Er arbeitete mit Komplementärfarben, die er unvermischt nebeneinander auftrug – sein ganz unverwechselbarer, einzigartiger Stil: »Unter dem Pinsel sollen die Farben des Spektrums in funkelnder Vielfalt dahingleiten und die Gegenstände, Figuren und Linien zum Leben erwecken, die Farbtöne sollen kräftig, aber rein sein, damit das Licht lebendig und tief wirke.« Sein bekanntestes Werk, das für die Weltausstellung 1900 in Paris geplante Alpentriptychon, blieb unvollendet.
Rifugio Allievi-Bonacossa (2387m), Bergeller Alpen
Die Hütte auf der Südseite des Bergeller Hauptkamms hat gleich drei Paten, den Veltliner Alpinisten Francesco Allievi und zwei sehr sportliche, nicht gerade unvermögende Herren: Alberto und Aldo Bonacossa. Alberto war als IOC-Mitglied maßgeblich daran beteiligt, dass die Olympischen Winterspiele 1956 in Cortina d’Ampezzo ausgetragen wurden, die Eislaufwettbewerbe gleich am Fuß der Cadini, auf dem zugefrorenen Misurinasee.Der Spross eines Grafengeschlechts aus Vigevan war ein absoluter Sport-Freak. Als Tennisspieler nahm er an den Olympischen Spielen teil. Er gewann zehnmal die italienische Meisterschaft im Eiskunstlaufen, gründete den Eishockeyverband des Landes, war eine Zeitlang Besitzer des Hockey Clubs Milano und engagierte sich für den Motorsport und den Alpinskilauf. 1932 erwarb er die Gazzetta dello Sport, das rosafarbene Leibblatt aller sportbegeisterten Italiener. Albertos Bruder Aldo übte nicht weniger als dreizehn Sportarten aus, tat sich aber vor allem als Bergsteiger hervor. So kletterte er mit Paul Preuß, Hans Steger und Ettore Castiglioni; er war Pionier des Skialpinismus und verfasste mehrere Kletterführer, darunter ein Standardwerk über die Bergeller Berge (Masino – Bregaglia – Disgrazia, CAI 1936).
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Hütten in den Südalpen
Fotos:
DAV Sektion Oberland, Bernhard Wöll/Payerhütte, Eugen Hüsler, Manfred Kostner, Bernd Ritschel, Andreas Strauß, Susanne Bonaca/Segantinihütte
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