Tagsüber schlief er, nachts beobachtete er von der Brunnenkopfhütte in den Ammergauer Alpen aus Himmel und Natur. Die meisten Besucher können die Vorlieben Ludwigs II. wohl nur schwer nachvollziehen. Zu viel ist rund um die Hütte zu entdecken.
Von Franziska Baumann (Text und Fotos)
Eine Mondnacht im Ammergebirge. Im silbrigen Licht werfen knorrige Fichten und bizarr geformte Felsen gespenstische Schatten. Flackernder Kerzenschein beleuchtet eine Gestalt, die hoch über dem Graswangtal an einer Berghütte lehnt und versonnen in den Nachthimmel blickt. König Ludwig II. liebte die nächtlichen Stunden auf seinem kleinen Bergdomizil am Brunnenkopf. Oft sei er bis zum Morgengrauen wach geblieben und habe dann in den Nachmittag hinein geschlafen, erzählt Christian Misniks, Kastellan am Schloss Linderhof, der sich seit vielen Jahren mit der Biographie des Märchenkönigs beschäftigt. Sein Vater Maximilian II. ließ die Hütte am nördlichsten Kamm der Ammergauer Berge, hoch über dem Weiler Linderhof, 1856 als Jagdhaus errichten. Mit der Jagd hatte Ludwig II. nicht viel am Hut. Er zog sich stattdessen ins Gebirge zurück, um alleine und ungestört zu sein.
Wirt auf der Brunnenkopfhütte - ein Job für Idealisten
Was zur Zeit Ludwigs II. auf den Tisch kam, ist nicht überliefert. Heutzutage ist der Favorit bei den Hüttenbesuchern Kaiserschmarrn mit Rumrosinen und Apfelmus. An sonnigen Wochenenden geht es auf der Terrasse der Brunnenkopfhütte zu wie in einem Bienenstock. Der ehemalige Reitweg, auf dem Seine Hoheit in eigens für seine Bergfahrten konstruierten Kutschen unterwegs war, ist bei Wanderern und Moutainbikern gleichermaßen beliebt. Da hätte der menschenscheue König bestimmt das Weite gesucht. Hüttenwirt Norbert Misniks steht an solchen Tagen rund um die Uhr am Herd in seiner kleinen Küche und hat keinen Blick für die privilegierte Lage seines Arbeitsplatzes.
»Wenn du hier anfängst, musst du viel Liebe mitbringen«, sagt er. Liebe zu diesem kleinen Berghaus mit seiner langen Geschichte und eine Passion für das Leben am Berg, das manche Herausforderung bietet. Norbert Misniks ist in Linderhof am Fuß des Brunnenkopfs aufgewachsen. »Mein Elternhaus war Briefkasten und Umschlagplatz für die Hütte«, erinnert er sich. Vor dem Haus wurden Mulis mit den Lebensmitteln, die man am Brunnenkopf brauchte, beladen. Bereits als 19-Jähriger wollte Norbert Misniks die Hütte über Schloss Linderhof bewirtschaften. Doch es dauerte noch einige Zeit, bis er sich seinen Traum gemeinsam mit seiner Frau Irmi erfüllen konnte. Seit 2008 ist die Brunnenkopfhütte ihr Reich, das sie mit viel Liebe zum Detail, mit Blumenschmuck und dekorativen Kleinigkeiten zu einem gastfreundlichen Bergrefugium gestaltet haben – ein Platz zum Wohlfühlen.
Klein und urig
Die Brunnenkopfhäuser, seit 1922 von der Alpenvereinssektion Bergland gepachtet, haben sich seit des Königs Zeiten äußerlich nicht allzu viel verändert. Die kleine Hütte, in dem einst Seine Majestät logierte, wird von der Sektion genutzt. Dort, wo heute Wanderer nächtigen, waren Stall, Küche und Schlafräume für die Bediensteten untergebracht. Die Hütte ist klein und urig geblieben, eine richtige Berghütte eben. Geschlafen wird im Matratzenlager, ein »Waschhäusl« für die Katzenwäsche befindet sich im Freien. Zurück zur Einfachheit, »das schätzen viele Leute«, erzählt Norbert Miskniks. Abends kocht er für alle ein Nudelgericht, dazu gibt es Salat. In der winzigen Gaststube kommt man schnell ins Gespräch.
Draußen vor der Hütte ist Ruhe eingekehrt. Ein Nebelmeer brandet an die Berghänge. Fichten mit ihren weit ausladenden Ästen tauchen schemenhaft aus dem weißen Schleier auf und erinnern an eine japanische Tuschezeichnung. Wie eine Arche Noah scheint das ehemalige königliche Jagdhaus über den Nebelwogen zu schweben. »Hüttengämse« Maxl äugt neugierig herüber. Sie hält sich gerne in der Nähe des Berghauses auf. Wer später unter dem Sternenhimmel einen Spaziergang unternimmt, wird den Zauber der nächtlichen Stunde erleben, der den König an diesem Platz in seinen Bann zog.
Hütteneinmaleins Brunnenkopfhütte
Lage: Auf 1602 Metern am Klammspitzkamm hoch über Schloss Linderhof im Naturschutzgebiet Ammergauer Alpen; Hüttenberg ist der Brunnenkopf (1718 m, 20 Min., im Gipfelbereich ausgesetzt), markantester Gipfel die Klammspitze (1924 m, 1 ½ Std., Trittsicherheit und etwas Schwindelfreiheit erforderlich). Hüttenwirte: Norbert und Irmi Misniks Eigentümer: Sektion Bergland des DAV Zustiege: von Linderhof (1 ½ - 2 Std.), vom Pürschlinghaus über Maximiliansweg (2 ¼ Std.) oder über Teufelstättkopf und Hennenkopf (4 Std.) Karte: AV-Karte 1:25 000, Blatt BY 6 »Ammergebirge West« Kapazität: 36 Lager Öffnungszeiten: Mitte Mai bis zum dritten Sonntag im Oktober Kontakt: Tel. 01 75/6 54 01 55, Reservierung ausschließlich über das Online-Buchungssystem der Hütte
Ein schöner Film des Bayerischen Rundfunks über die Brunnenkopfhütte:
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