Der Morgennebel, der Watzmann steht bereits in Sonnen-Flammen. Drüben vom uralten Ahorn segelt ein vertrocknetes Blatt. Es herbstelt, und unter die Freude am Draußensein mischt sich ein wenig Wehmut, weil das Bergjahr zur Neige geht. An der Königsbergalm vorbei, hin und wieder ein Blick zurück zum Watzmann. Dann wartet ein zweiter Kaffee am Stahl- Haus.
Eine weitere Stunde später nähere ich mich der Gipfelkuppe. Gleich werde ich Hagengebirge und Steinernes Meer sehen, dazu das Tennengebirge, den Hochkönig und natürlich auch König Watzmann. Was wäre, wenn am höchsten Punkt hunderte von BERGSTEIGER-Lesern sitzen würden? Die einen würden sich beschweren, weil sie sich den dritten Abzweiger genauer beschrieben wünschen, andere, weil ich »meine« Herbsttour überhaupt veröffentlicht habe, und ein Dutzend würde mich vielleicht zu einem Gipfelschnapserl einladen.
Ich reibe mir den Alptraum aus den Augen… Ich bin allein am Gipfel und genieße den Blick in die Runde. Später über den stillen Steig zum Seeleinsee hinunter – tiefgrün und immer eiskalt. Jedes laute Wort würde von der Felswand widerhallen, doch es ist still. Dann die gelben Ahornblätter weiter drunten, die Blätter der Kirschbäume haben sich blutrot verfärbt.
Die Tour auf den Schneibstein im Überblick:
Schneibstein (2272 m) – »Kleine Reib’n«
- Schwierigkeiten: Breite, einfache Almstraßen ins Torrener Joch, dann Wanderwege, teils über Felsgelände, hier ein Mindestmaß an Trittsicherheit nötig.
- Charakter: Einfache, aber lange Bergwanderung, an einigen Stellen Trittsicherheit erforderlich
- Gehzeit: ca. 7 Std. (ohne Seilbahn ca. 9 Std.)
- Ausgangspunkt: Gipfelstation der Jenner- Bergbahn (1802 m); hierher von Königsee mit der Jennerbahn
- Karte: Topographische Karte des Bay. Landesvermessungsamtes 1:25 000, »Nationalpark Berchtesgaden«